Der Behaltensgrund ist ein Begriff aus dem Bereich des Bereicherungsrechts. Er bezeichnet einen solchen Rechtsgrund für den Erwerb einer Vermögensposition, der beinhaltet, dass die Zuordnung des Gegenstands zum Vermögen des Bereicherten endgültig sein soll, also nicht aufgrund von Schutzrechten des vormaligen Inhabers des Gegenstands rückgängig zu machen ist.
Insbesondere die von Karl Larenz und Claus-Wilhelm Canaris vertretene Ansicht zum Verhältnis von Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion stellt auf den Behaltensgrund als das wesentliche Merkmal der Kondiktionenlehre ab: erwirbt jemand eine Sache oder ein Recht aufgrund einer Rechtsvorschrift, die einen Behaltensgrund darstellt (bspw. aufgrund eines gutgläubigen Erwerbs nach § 932 BGB), so will ihm die Rechtsordnung diesen Gegenstand auf Kosten des vormaligen Eigentümers zuordnen. Er soll die Vermögensmehrung also behalten können. Da der Rechtsgrund, der zum Eigentumserwerb führt, demnach ein Behaltensgrund ist, ist eine Nichtleistungskondiktion des vormaligen Eigentümers gegen den neuen Eigentümer ausgeschlossen; eine Abwicklung ist nur im Rahmen der bestehenden Leistungsbeziehungen möglich.
Stellt eine Vorschrift jedoch keinen Behaltensgrund dar, sondern soll lediglich die Eigentumsverhältnisse klarstellen, ohne die Vermögenslage ändern zu wollen, so kommt eine Abwicklung im Nichtleistungsverhältnis infrage. Ein Beispiel dafür ist der Erwerb des Eigentums an einer Sache durch Verarbeitung nach § 950 BGB: der Verarbeitende erwirbt zwar das Eigentum und darf dieses auch behalten, muss aber den Vermögenszuwachs, den er dadurch erlangt hat, nach § 951 BGB an den vormaligen Eigentümer herausgeben. Er soll also den Vermögenszuwachs nicht behalten dürfen, so dass die Vorschrift des § 950 BGB keinen Behaltensgrund darstellt.