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Chronologische Entwicklung des humanitären Völkerrechts

From Wickepedia

Die folgende Zeitleiste stellt einen Überblick über die chronologische Entwicklung des humanitären Völkerrechts dar. Enthalten sind mit Stand vom November 2015 Daten zu wichtigen Abkommen und anderen Dokumenten des humanitären Völkerrechts sowie zu deren Inkrafttreten und zur Zahl der Vertragsstaaten, ebenso wie Angaben zur Gründung von Organisationen und Institutionen, die bei der Entstehung und Durchsetzung des humanitären Völkerrechts von Bedeutung sind oder waren.

Definition und Einteilung

Das humanitäre Völkerrecht umfasst alle Bestimmungen des Völkerrechts, deren Ziel der Schutz von Menschen, baulichen Einrichtungen sowie der natürlichen Umwelt vor den Auswirkungen der Kampfhandlungen während eines Krieges oder eines bewaffneten Konflikts ist. Es ist ein Teil des Kriegsvölkerrechts und vor allem durch zwischenstaatliche Abkommen festgelegt. Darüber hinaus zählen zum humanitären Völkerrecht aber auch gewohnheitsrechtliche Prinzipien, die durch langjährigen Gebrauch oder als etablierte Normen eines ehrenhaften soldatischen Verhaltens allgemeine Gültigkeit und Akzeptanz erlangt haben.

Das humanitäre Völkerrecht kann aufgrund seiner historischen, inhaltlichen und institutionellen Entwicklung in vier grundlegende Rechtsbereiche eingeteilt werden, die in der Zeitleiste bei den jeweiligen Abkommen durch verschiedene Symbole gekennzeichnet sind:

Historischer Überblick

Die vier genannten Bereiche lassen sich unterschiedlichen historischen Ereignissen und Epochen zuordnen. So steht die Festlegung von Grundsätzen zur Behandlung von Nichtkombattanten am Anfang der Entstehung des humanitären Völkerrechts und geht zurück auf die Gründung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) im Jahr 1863 sowie den Abschluss der ersten Genfer Konvention ein Jahr später. Die Festlegungen zu zulässigen Mitteln und Methoden der Kriegsführung haben ihren Ausgangspunkt in der Petersburger Erklärung von 1868 sowie in wesentlich größerem Umfang in den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907. Diese beiden Bereiche des humanitären Völkerrechts werden aus historischer Sicht, den Orten der Vertragsunterzeichnung entsprechend, zum Teil als „Genfer Recht“ beziehungsweise „Haager Recht“ bezeichnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und unter Federführung der 1945 gegründeten Vereinten Nationen (UN) entwickelte sich dann der Bereich des Kulturgutschutzes bei bewaffneten Konflikten zu einem eigenständigen Aspekt des humanitären Völkerrechts. Darüber hinaus übernahm die UN auch in den bereits bestehenden Bereichen eine zunehmend stärkere Rolle bei der Weiterentwicklung. Den jüngsten Bereich stellt die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen dar. Auch wenn die ersten Abkommen in diesem Bereich ebenfalls bereits nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossen wurden, begann ein wirkungsvoller Ausbau in Form von eigenständigen völkerrechtlichen Organen erst nach 1990 und damit dem Ende des Kalten Krieges.

Zeitleiste

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Das Emblem des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz

9. Februar 1863 – Genf

22. August 1864 – Genf (Diplomatische Konferenz vom 8. August bis 22. August 1864)

  • Abschluss der ersten Genfer Konvention (10 Artikel)
    „betreffend die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“
    In Kraft vom 22. Juni 1865 bis 1966; 57 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg

20. Oktober 1868 – Genf (Diplomatische Konferenz vom 20. Oktober 1868)

  • Annahme der Zusatzartikel zur ersten Genfer Konvention (15 Artikel)
    „betreffend die Linderung des Loses der Verwundeten im Kriege“
    Mangels Ratifizierung nie in Kraft getreten; eine Vertragspartei (USA 1882)
    Von weiteren Staaten teilweise auf freiwilliger Basis respektiert
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg

11. Dezember 1868 – Sankt Petersburg (Internationale Militärkommission)

27. August 1874 – Brüssel (Konferenz vom 27. Juli bis zum 27. August 1874)

9. September 1880 – Oxford (Sechste Sitzung des Institut de Droit international)

File:International Court of Justice.jpg
Der Friedenspalast in Den Haag

29. Juli 1899 – Den Haag (Erste Internationale Friedenskonferenz vom 18. Mai bis 29. Juli 1899)

6. Juli 1906 – Genf (Konferenz zur Revision der Genfer Konvention von 1864 vom 11. Juni bis 6. Juli 1906)

  • Überarbeitung der ersten Genfer Konvention (33 Artikel)
    „zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde“
    In Kraft vom 9. August 1907 bis 1970; 52 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg

18. Oktober 1907 – Den Haag (Zweite Internationale Friedenskonferenz vom 15. Juni bis 18. Oktober 1907)

9. August 1913 – Oxford (27. Sitzung des Institut de Droit international)

17. Juni 1925 – Genf (Konferenz zur Überwachung des Internationalen Waffenhandels vom 4. Mai bis 17. Juni 1925)

  • Annahme des Genfer Protokolls
    „über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege“
    In Kraft seit dem 8. Februar 1928; 137 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:White flag icon.svg

27. Juli 1929 – Genf (Diplomatische Konferenz vom 1. Juli bis 27. Juli 1929)

15. April 1935 – Washington

File:Flag of the United Nations.svg
Die Flagge der Vereinten Nationen

26. Juni 1945 – San Francisco

8. August 1945 – London (Londoner Konferenz vom 26. Juni bis zum 8. August 1945)

9. Dezember 1948 – New York (Vollversammlung der Vereinten Nationen)

12. August 1949 – Genf (Diplomatische Konferenz vom 21. April bis 12. August 1949)

  • Neufassung der ersten Genfer Konvention als Genfer Abkommen I (64 Artikel und 13 Zusatzartikel)
    „zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde“
    In Kraft seit dem 21. Oktober 1950; 196 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg
  • Abschluss des Genfer Abkommens II (63 Artikel)
    „zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See“
    In Kraft seit dem 21. Oktober 1950; 196 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg
  • Neufassung der zweiten Genfer Konvention als Genfer Abkommen III (143 Artikel und 23 Zusatzartikel)
    „über die Behandlung der Kriegsgefangenen“
    In Kraft seit dem 21. Oktober 1950; 196 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg
  • Abschluss des Genfer Abkommens IV (159 Artikel und 21 Zusatzartikel)
    „über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten“
    In Kraft seit dem 21. Oktober 1950; 196 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg
File:Distinctive emblem special protection.svg
Das Schutzzeichen der Haager Konvention von 1954 für Kulturgut unter Sonderschutz

14. Mai 1954 – Den Haag (Haager Konferenz vom 21. April bis 14. Mai 1954)

26. November 1968 – New York (Vollversammlung der Vereinten Nationen)

  • Abschluss der Konvention (11 Artikel)
    „über die Nichtanwendbarkeit der Verjährungsfrist auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“
    In Kraft seit dem 11. November 1970; 55 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Section sign.svg

16. Dezember 1971 – New York (Vollversammlung der Vereinten Nationen)

  • Abschluss der Biowaffenkonvention (15 Artikel)
    „über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen“
    In Kraft seit dem 26. März 1975; 173 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:White flag icon.svg

10. Dezember 1976 – New York (Vollversammlung der Vereinten Nationen)

  • Abschluss der ENMOD-Konvention (10 Artikel)
    „über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindseligen Nutzung umweltverändernder Techniken“
    In Kraft seit dem 5. Oktober 1978; 77 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:White flag icon.svg

8. Juni 1977 – Genf (Diplomatische Konferenz vom 20. Februar 1974 bis 10. Juni 1977)

10. Oktober 1980 – Genf (Konferenz der Vereinten Nationen 1979/1980)

8. Juli 1992 (Sitzung der Internationalen humanitären Ermittlungskommission)

  • Annahme von Regeln zur Arbeit der Kommission und damit Etablierung der Internationalen humanitären Ermittlungskommission als ständiges Organ entsprechend Artikel 90 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949
    Bisher Anerkennung der Kommission durch 76 Staaten

13. Januar 1993 – Paris (Abrüstungskonferenz und Vollversammlung der Vereinten Nationen)

  • Abschluss der Chemiewaffenkonvention (24 Artikel)
    „über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen“
    In Kraft seit dem 29. April 1997; 192 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:White flag icon.svg

18. September 1997 – Oslo (Diplomatische Konferenz vom 1. bis 18. September 1997)

  • Abschluss der Ottawa-Konvention (22 Artikel)
    „über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung“
    In Kraft seit dem 1. März 1999; 162 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:White flag icon.svg
File:International Criminal Court logo.svg
Das Emblem des Internationalen Strafgerichtshofes

17. Juli 1998 – Rom (Diplomatische Konferenz vom 15. Juli bis 17. Juli 1998)

  • Annahme des Rom-Statutes (128 Artikel) „für den Internationalen Strafgerichtshof“
    In Kraft seit dem 1. Juli 2002; 123 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Section sign.svg

26. März 1999 – Den Haag (Diplomatische Konferenz vom 15. März bis 26. März 1999)

11. März 2003 – Den Haag

8. Dezember 2005 – Genf (Diplomatische Konferenz vom 5. bis 7. Dezember 2005)

  • Annahme des Zusatzprotokolls III zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 (17 Artikel und 2 Zusatzartikel)
    „über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens“
    In Kraft seit dem 14. Januar 2007; 72 Vertragsparteien
    Rechtsbereiche: File:Flag of the Red Cross.svg

30. Mai 2008 – Dublin (Diplomatische Konferenz vom 18. bis 30. Mai 2008)

Literatur

  • Dietrich Schindler, Jiří Toman (Eds.): The Laws of Armed Conflicts: A Collection of Conventions, Resolutions, and Other Documents. Dritte revidierte Ausgabe. Sijthoff & Noordhoff International Publishers, Alphen aan den Rijn 1988, ISBN 9-02-473306-5

Weblinks