Die Frage Cui bono? /ˈkuːi ˈboːno/ (lateinisch für „Wem zum Vorteil?“) – gelegentlich auch ungenau Qui bono? zitiert – ist ein geflügeltes Wort, mit dem die Frage nach dem Nutznießer bestimmter Ereignisse oder Handlungen, beispielsweise von Verbrechen oder auch politischen Entscheidungen, gestellt wird.
Herkunft
Erstmals ist die Frage bei dem römischen Redner, Staatsmann und Philosophen Marcus Tullius Cicero nachweisbar: Er verwendet sie 80 v. Chr. in seiner Verteidigungsrede für Sextus Roscius Amerinus, um den Mordverdacht vom Angeklagten, dem mittellosen Sohn des Mordopfers, auf Lucius Cornelius Chrysogonus zu lenken, einen Günstling Sullas, der dessen ganzen Besitz unrechtmäßig an sich brachte. Der damals erst 27-jährige Cicero behauptet dabei, Urheber dieses Gedankengangs sei gar nicht er selbst, sondern der Konsul des Jahres 127 Lucius Cassius Longinus Ravilla.[1] Außerdem verwendete Cicero diese Frage noch zwei weitere Male, beide Male eingeführt als „illud Cassianum“, „jenes bekannte Wort des Cassius“: Im Jahr 52 v. Chr. bei seiner erfolglosen Verteidigung des Titus Annius Milo, der angeklagt war, Publius Clodius Pulcher erschlagen zu haben; im Jahre 44 v. Chr. in einer als Senatsrede konzipierten Flugschrift gegen Marcus Antonius, der sogenannten zweiten Philippika.[2] Der Philosoph und Dramatiker Lucius Annaeus Seneca verwendete den Ausdruck leicht abgewandelt in seiner Tragödie Medea: „Cui prodest scelus, is fecit“ – „Wem das Verbrechen nützt, der hat es begangen.“[3]
Verwendung in der Neuzeit
In der Moderne ist das Prinzip, bei der Frage nach persönlicher Verantwortung nach dem Nutzen zu fragen, aus Kriminalistik, politischer Analyse und Geschichtswissenschaft nicht mehr wegzudenken.
Die Argumentation mit dem Cui-Bono-Prinzip allein kann jedoch auch zum Fehlschluss cum hoc ergo propter hoc führen, da aus dem gleichzeitigen Vorhandensein eines Interesses und eines Ereignisses, das diesem Interesse dient, nicht auf die Kausalität des Ereignisses geschlossen werden kann, das ja auch durch ebenfalls interessierte Dritte oder bloßen Zufall eingetreten sein kann. Beispielsweise trifft dies laut dem Historiker Wolfgang Wippermann auf bestimmte Verschwörungsideologien zu. So wird häufig daraus, dass die amerikanische Regierung von den Terroranschlägen vom 11. September 2001 insofern profitierte, als sie dadurch eine Rechtfertigung für den bereits unabhängig davon geplanten, völkerrechtswidrigen Irakkrieg konstruierte, der Schluss gezogen, dass sie auch hinter den Anschlägen stecken müsse.[4] Ein weiteres Beispiel für die Frage Cui bono? findet sich in Arnd Krügers gleichnamigen Buch.[5] Er fragt darin, wer einen Nutzen aus der massiven Ausweitung der Sportberichterstattung ziehe, die dazu führe, dass wichtige politische Fragen in den Hintergrund gedrängt würden.
2021 veröffentlichten Studio Bummens, NDR, rbb und K2H die sechsteilige Podcastserie Cui bono? WTF happened to Ken Jebsen? über den Werdegang des ehemaligen Journalisten und Verschwörungsideologen Ken Jebsen.[6]
Siehe auch
Einzelbelege
- ↑ M. TVLLI CICERONIS PRO SEX. ROSCIO AMERINO ORATIO, Kapitel 84
- ↑ M. TVLLI CICERONIS PRO T. ANNIO MILONE ORATIO, Kapitel 35
- ↑ L. ANNAEI SENECAE MEDEA, Vers 500 f.
- ↑ Wolfgang Wippermann: Agenten des Bösen. Verschwörungstheorien von Luther bis heute. be.bra. Verlag, Berlin 2007, S. 136 ff.
- ↑ Arnd Krüger: Cui bono? Zur Wirkung des Sportjournalismus. In: Arnd Krüger, Swantje Scharenberg (Hrsg.): Wie die Medien den Sport aufbereiten – Ausgewählte Aspekte der Sportpublizistik. Tischler, Berlin 1993, ISBN 3-922654-35-5, S. 24–65.
- ↑ Bayerischer Runfunk: Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen? Abgerufen am 5. Juli 2021.