Das Düsseldorfer Verfahren ist ein spezielles, vereinfachtes Verfahren zur Besteuerung der Prostitution. Es wurde erstmals 1966 in einem Erlass der damaligen Oberfinanzdirektion Düsseldorf geregelt. Das Verfahren ist gesetzlich nicht geregelt.
Hintergrund
Für die Besteuerung ist es gemäß § 40 Abgabenordnung unerheblich, ob ein Verhalten gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt. Weil die Prostitution bis zur Jahrtausendwende in Deutschland als sittenwidrig angesehen wurde, ergab sich für die Finanzverwaltung das Problem, die auf diese Tätigkeiten entfallende Umsatz- und Ertragsteuer festzusetzen und einzutreiben. Die theoretisch vorgeschriebenen steuerlichen Verpflichtungen wurden in der Praxis – aufgrund der besonderen Umstände im Milieu, z. T. aus Gründen der Verschleierung von Einnahmen oder schlicht aus Scham vor dem Bekanntwerden der beruflichen Tätigkeit – nur selten erfüllt. Die Oberfinanzdirektion Düsseldorf begegnete diesen Problemen bereits 1966 mit der Erhebung einer pauschalen Vorauszahlung, die von den Bordellbetreibern pro Tag von der jeweiligen Zimmermieterin einbehalten wird.
Auch nach Einführung des Prostitutionsgesetzes, das die rechtliche und soziale Situation der Prostituierten verbessern soll, gestaltet sich für die Finanzbehörden durch die Unstetigkeit des Gewerbes die Steuererhebung schwierig. Durch häufige Wohnungswechsel und die besonderen Verhältnisse des Rotlichtmilieus ist eine ordnungsmäßige Besteuerung erheblich erschwert.
Anwendung
Bei der Besteuerung von Prostituierten sind zwei Grundfälle zu unterscheiden:
Zum einen die Ausübung der Prostitution als nichtselbstständige Tätigkeit in einem Bordellbetrieb. Anzeichen hierfür wären eine Verpflichtung zur Einhaltung fester Arbeitszeiten, eine feste Grundvergütung unabhängig von der Kundenzahl, eine Eingliederung in einen festen betrieblichen Arbeitsablauf und Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber. Konsequenz daraus wäre Lohnsteuerabzug durch den Bordellbetreiber und Sozialversicherungspflicht.
In der Regel wird Prostitution als selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Obwohl die Ausübung der Prostitution kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung (Deutschland) ist (§ 6 Absatz Satz 1) und damit keine Verpflichtung zur Abgabe einer Gewerbeanmeldung (§ 14 Gewerbeordnung) besteht, sondern eine Pflicht zur Anmeldung gemäß Prostituiertenschutzgesetz, gilt eine Prostituierte steuerlich als Gewerbetreibender im Sinne des § 15 Einkommensteuergesetz und als Unternehmer im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz mit den entsprechenden Pflichten:
- Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen,
- Leistung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen
- Abgabe von Einkommen-, Umsatz- und evtl. Gewerbesteuer-Jahreserklärungen
- Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen
Im Rahmen einer freiwilligen Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren kann der Bordellbetreiber von den selbständigen Prostituierten eine Pauschale einbehalten und an die Finanzverwaltung abführen, meist monats- oder quartalsweise zusammengefasst. Die Höhe dieser Pauschale variiert je nach Bundesland bzw. Stadt und liegt in einem Rahmen zwischen 7,50 und 30 Euro pro Anwesenheitstag jeder Prostituierten, welche sich dazu im Bordell in monatliche Sammellisten eintragen. Die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren wird mit der Steuerfahndung vereinbart und soll zu einer Verschonung vor regelmäßigen Kontrollen der Finanzbehörden führen.
Die Pauschalzahlung befreit die Prostituierten nicht von der Abgabe einer Steuererklärung oder der Einhaltung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten. Auf der anderen Seite kann die Pauschale als Vorauszahlung auf die individuelle Steuerschuld angerechnet werden. Aus Vereinfachungsgründen wird von der Finanzverwaltung bei Teilnahme am Verfahren jedoch häufig unterstellt, dass die geleisteten Vorauszahlungen der endgültigen Steuerschuld entsprechen. Weil die Prostituierten in den seltensten Fällen eine Steuererklärung abgeben, hat die Pauschalabgabe nach dem Düsseldorfer Verfahren in den überwiegenden Fällen faktisch abgeltende Wirkung.
Mit den steuerlichen Pflichten der Bordellbetreiber hat das Verfahren nichts zu tun. Für sie bleibt es bei den geltenden gesetzlichen Regelungen. Da der jeweilige Betreiber in der Regel ortsansässig und bekannt ist, besteht kein Bedarf für ein vereinfachtes Verfahren.
Das Düsseldorfer Verfahren wird derzeit in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen angewendet.