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Arbeitsanweisung Off-Label-Use
Was ist Off-Label-Use?
Wird ein Arzneimittel für eine andere Erkrankung eingesetzt als es vom Hersteller zugelassen wurde, dann spricht man von einer) Off-Labei-Use (OLU). Wann ein Arzneimittel, das im OLU eingesetzt wird von den Krankenkassen übernommen werden muss, dazu gab es bereits diverse Rechtsprechungen.
In den folgenden Artikeln finden Sie Informationen zu den bestehenden Rechtsgrundlagen und deren
Voraussetzungen:
- OLU bei tödlichen Erkrankungen
- OLU bei schwerwiegenden Erkrankungen
- OLU bei seltenen Erkrankungen
OLU bei tödlichen Erkrankungen
Bei Leistungsanträgen für ein Arzneimittel im Off-Label-Use. das bei ein tödlich verlaufenden Erkrankung zum Einsatz kommen soll, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es liegt eine lebensbedrohliche/regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor, oder es droht eine irreversible Behinderung.
und
- Eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende ßehandlung steht nicht zur Verfügung.
und
- Es besteht eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die Anwendung des Arzneimittels.
Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit dem sog. "Nikolausurteil" entschieden, das inzwischen in § 2 Abs. la SGB V eingefügt wurde.
Bei Leistungsanträgen prüfen Sie daher bitte das Vorliegen dieser Voraussetzungen mit einer Einzelfallprüfung. [ 2 ]
OLU bei schwerwiegenden Erkrankungen
Bei Leistungsanträgen für ein Arzneimittel im Off-Label-Use, das bei einer schwerwiegenden Erkrankung zum Einsatz kämmen soll, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Erkrankung muss schwerwiegend, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigend sein.
und
- Es steht keine andere Therapie zur Verfügung
und
Es müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann.
das ist der Fall wenn:
Die vorliegenden Forschungsergebnisse erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann.
Davon kann ausgegangen werden, wenn:
entweder | die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung in der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlich sind
und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen |
oder | ausserhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlich sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen
und auf Grund deren in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht |
Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 19 03.2002 bestätigt.
Bei Leistungsanträgen prüfen Sie daher bitte das Vorliegen dieser Voraussetzungen mit einer Einzellfallprüfung [ 3 ]
OLU bei seltenen Erkrankungen
Ein Arzneimittel kann bei einer seltenen nicht erforschbaren Erkrankung auch im Off-Label-Use zum Einsatz kommen.
Eine Leistungspflicht der Krankenkasse besteht jedoch nur dann, wenn der MD im Rahmen eines Gutachtens bestätigt, dass
- es keine Alternativen mehr gibt.
- zuverlässige Daten und aussagekräftige Studien die Unbedenklichkeit und therapeutische Wirksamkeit des Mittels zumindest für andere Krankheiten belegen.
Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 19.10.2004 bestätigt.
Bei Leistungsanträgen prüfen Sie daher bitte das Vorliegen dieser Voraussetzungen mit einer Einzelfallprüfung. [ 4 ]
Hintergrundinformationen zu Off-Label-use
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat eine Expertengruppen Off-Label-Use eingesetzt. Diese soll feststellen, in welchen Fällen für die Behandlung von schweren Krankheiten auch bereits zugelassene Arzneimittel eingesetzt werden kämen, die für diese Erkrankung keine Zulassung haben.
Wichtig: Die Expertengruppen ’Off-Labef-Use’ befassen sich ausschließlich mit der Anwendung von Arzneimitteln, die in Deutschland zugelassenen sind!
Derzeit sind vom BMG vier Expertengruppen eingesetzt:
- Onkologie.
- Neurologie/ Psychiatrie
- Innere Medizin und
- Infektiologie mit Schwerpunkt HV/AIDS
Für den Bereich der Kinderheikunde hat das BMG ein eigenes Expertengremium eingesetzt.
Beschlussfassung durch den G-BA
Die Empfehlungen der vom BMG berufenen Expertengruppen "Off-Label-Use" bekommt der G-BA. Er soll festlegen, welche zugelassenen Arzneimittel in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten verordnungsfähig sind.
Arzneimittel-Richtlinien & Verordnungsfähigkeit
In Anlage VI der AMR ist aufgelistet, welche Arzneimittel im Off-Label-Use verordnungsfähig sind und welche nicht. Geregelt ist des in § 30 AMR.
Anlage VI Teil A der AMR | Anlage VI Teil B der AMR |
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Die aufgelisteten Arzneimittel sind unter Beachtung der Hinweise im Off-Label-Use verordungsfähig.
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Diese Wirkstoffe sind in den aufgelisteten Anwendungen (Off-Label-Use) nicht verordnungsfähig
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Voraussetzungen für einen Beschluss durch den G-BA
Voraussetzung für einen Beschluss des G-BA sind eine Empfehlung durch die Expertengruppe "Off-Label-Use" und die Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmers. Die Hersteller und deren Arzneimittel werden in der Anlage VI Teil A Buchstabe J der AMR aufgeführt
Anwendung des Arzneimittel Wirkstoffes
Nach Auswertung der Empfehlungen der Expertengruppe "Off-Label-Use" prüft und entscheidet der G-BA, ob die Anwendung des Arzneimittelwirkstoffes in der Off-Labei-Indikation medizinisch notwendig und/ oder wirtschaftlich ist.
Die Beschlüsse des G-BA und die daraus resultierenden Anpassungen der AMR beinhalten:
- das nicht zugelassene Anwendungsgebiet
- das Behandlungsziel [ 5 ]
- Behandlungsdauer
- unerwünschte Wirkungen
- mögliche Gründe für einen Behandlungsabbruch
Meldungen von Ärzten über unerwünschte Nebenwirkungen müssen um den Hinweis ergänzt werden, dass es sich um einen Off-Label-Use gehandelt hat.
Wirksamwerden der Beschlüsse des G-BA
Die Beschlüsse des G-BA werden dem BMG zur Prüfung vor gelegt und treten einen Tag nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. [ 6 ]===Durchführung der Einzelfallprüfung===
Für ein qualifiziertes medizinisches Gutachten benötigt der MD aussagekräftige ärztliche Unterlagen und Befundberichte.
Bitte stellen Sie sicher, dass zum Leistungsantrag ausreichend Informationsmaterial über das zu beurteilende Arzneimittel vorgelegt bzw. eingereicht wurde. Für die Anforderung ärztlicher Unterlagen (über den Versicherten) beim Arzt verwenden Sie bitte folgende Briefe:
- Prüfung Cannabis Versichertenanschreiben KA608032
- Prüfung Off-Label-Use Versichertenanschreiben KA608019
- Prüfung Import-Arzneimittel Versichertenanschreiben KA608020
- Prüfung Mehrkosten/Festbetrag Versichertenanschreiben KA608004
Bitte lokal drucken
Achtung: Sämtliche o. g. Briefe inklusive Anlagen müssen ab dem 01.01.2017 lokal gedruckt werden. Bitte legen Sie in dem jeweiligen Brief vor den Arztfragebogen den Weiterleitungsbogen KSS2DDOO bei (nach der Erstellung des MiMa-Datensatzes). Außerdem ist dem Versicherten-Anschreiben ein Freiumschlag für den Arzt (zum Versand der medzinischen Unterlagen an den MD) beizufügen. Freiumschläge können über das Bestellwesen unter der Artikelnummer 772753 angefordert werden.
Nachforderung Unterlagen bei den Versicherten
Gehen die Arzt-Unterlagen nicht rechtzeitig beim MD ein, muss der Versicherte erneut angeschrieben werden (s.u.).
Aufgrund aktueller BSG-Urteie müssen in den Schreiben an de Versicherten exakte Kalendertage als Frist angegeben werden. Eine Angabe von Zeiträumen ist nicht ausreichend.
Daher ist die Kopiervorlage angepasst worden: es ist nun das Datum zzgl. 14 Tagen einzutragen. Sollte der Termin auf ein Wochenende oder Feiertag fallen, bitte den folgenden Werktag angeben.
Fristangabe erfolgt wie im Beispiel dargestelt:
Versanddatum Schreiben | Frist |
---|---|
28.7.2017 (Freitag) | 11.8.2017 (Freitag) |
29.7.2017 (Samstag) | 14.8.2017 (Montag) |
Bitte beachten Sie:
Sollte nach 14 Tagen keine MuMa-Meldung des MD über den Eingang der Unterlagen erfolgt sein, muss das
Anschreiben jedes Mai erneut versendet werden.
Treffen die Unterlagen auch nach mehrmaiger Aufforderung nicht beim MD ein, wird die Leistung in Zukunft versagt.
Bis dahin muss das Anschreiben an den Versicherten mit der Bitte lmti die Unterlagen weiter versendet werden.
Anschreiben MD [ 7 ]
- zur Prüfung Cannabis mit KA606040
- zur Prüfung Off-Label-Usem Import-Arzneimittel oder Mehrkosten/Festbetrag KA6D8O21
zusammen mit den bereits vorliegenden und für die Begutachtung erforderlichen Unterlagen. Im Begutachtungsauftrag ist unter dem Parameter: Unterlagen angefordert?: "Ja" anzugeben.
Wichtiger Hinweis: Achten Sie bitte auf die Einhaltung der Fristen nach dem Patientenrechtegesetz für den Rücklauf der PKM des MD, dass er die Unterlagen des Arztes erhalten hat.
Situation | Vorgehensweise |
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Sie erhalten den Begutachtungsauftrag von MD zurück mit dem Hinweis, daß keine bzw. noch nicht alle medizinischen Unterlagen vorliegen. Oder Sie erhalten keine entsprechende PKM. | Informieren Sie den Versicherten schriftlich mit folgender mit dem KA608024 und fordern Sie die fehlenden Unterlagen an. |
Umschlag mit den Informationen des Arztes gehen versehentlich in AL ein. | Senden Sie den Umschlag ungeöffnet an den MD. Weisen
Sie in Ihrem Anschreiben auf den bereits versandten Begutachtungsauftrag hin. |
Auswertung des MD-Gutachtens
Achten Sie nach Erhalt der MD-Gutachten darauf, dass
- die in den Gutachten enthaltenen Aussagen qualifiziert
- tatsächlich auf den Einzelfall bezogen sind und
- der MD die Fragen vollständig beantwortet hat.
Pauschalaussagen des MD
Der MD muss eine einzelfallbezogene Begutachtung unter Berücksichtigung des individuellen Sachverhaltes durchführen. Anhand von Pauschalaussagen (z. B. "keine Kassenleistung", "keine wissenschaftlich anerkannte Verabreichung des Arzneimittel") kann deutlich werden, dass dies nicht erfolgt ist. Das kann nicht akzeptiert werden. Legen Sie in diesen Fällen den gesamten Vorgang erneut dem MO vor und bitten um nochmalige einzelfallbezogene Beurteilung unter Berücksichtigung des individuellen Sachverhaltes.
MD fordert weitere Unterlagen an
Fordert der MD weitere ärztliche Unterlagen bei der TK an. bitten Sie den Versicherten seinen behandelnden Arzt zu veranlassen, diese direkt an den MD zu senden. Drucken Sie dazu erneut den ursprünglichen Weiterleitungsbogen aus, damit der Arzt den zuständigen MD adressiert. Der MD kann so über das bereits bestehende Aktenzeichen MiMa die Unterlagen korrekt zuordnen.