Die Elision (lateinisch ēlīdere ‚herausschlagen‘, ‚herausstoßen‘) oder auch Tilgung bezeichnet das Weglassen eines oder mehrerer meist unbetonter Laute. In der Orthographie wird sie gelegentlich durch einen Apostroph als Auslassungszeichen gekennzeichnet (Beispiel: durch das → durch’s). Durch Elisionen kann auch aus zwei Wörtern ein Schmelzwort entstehen (Beispiel: durch das → durchs).
Phonologie
Aus sprachökonomischen Gründen werden beim Sprechen unbetonte Laute oft weggelassen. Ein Beispiel im Deutschen ist das e-Schwa, d. h. das unbetonte e der letzten Wortsilbe (z. B. „ich geb“ statt „ich gebe“). Auch ganze Silben und sogar betonte Silben können elidiert werden (z. B. „ne“ statt „eine“).
Elisionen können zu Lautwandel führen. Ein Beispiel ist Mädchen, das aus Mägdchen entstanden ist.
Der Lautwandel zeigt sich zuerst in den umgangssprachlichen Formen, z. B. umgangssprachlich nich (für standardsprachlich nicht), is (für ist) oder has (für hast).[1] Ein Satz wie „Hast du mal einen Euro?“ wird umgangssprachlich zu „Hast d’mal’n Euro?“ oder zu „Has’ma’n Euro?“.
In einigen Sprachen wie etwa Italienisch oder Französisch betrifft die Elision oft unbetonte Auslautvokale, die getilgt werden, um einen Hiatus zu vermeiden. Der weggefallene Vokal wird durch einen Apostroph markiert (z. B. italienisch l’amico für lo amico, nessun’altra für nessuna altra). In der französischen Umgangssprache gibt es Elisionen auch vor Konsonanten: je m’appelle Marc wird zu j’m’appelle Marc, je suis wird zu j’suis.
Nicht verwechselt werden sollte die Elision mit der Apokope (troncamento im Italienischen). Sie unterscheiden sich insofern, als die Apokope auch ganze Silben betreffen und vor einem Konsonanten erfolgen kann (z. B. un gran paese für un grande paese).[2]
Metrik
In der Dichtung wird die Elision als Stilmittel verwendet, um die Anzahl der Silben in einem Vers zu verringern und das Versmaß aufrechtzuerhalten.
- „Die ich rief, die Geister, / werd ich nun nicht los“ (Goethe, Der Zauberlehrling)
- „Lockt dich dein eigen Angesicht / nicht her in ew’gen Tau?“ (Goethe, Der Fischer)
In der lateinischen Dichtung wird ein Hiatus oft durch Elision vermieden. Ein Hiatus ist normalerweise das Zusammentreffen zweier Vokale über die Silben- oder Wortgrenze hinweg. Eine Hiatvermeidung kann auch eintreten, wenn das vordere Wort auf m auslautet:
- horrendum informe → horrendinforme
- quantum erat → quanterat
Die im Schriftbild nicht gekennzeichnete Elision ist nicht auf antike Texte beschränkt, so wird im heutigen Italienischen ebenfalls, für den nicht muttersprachlichen Sänger oft verwirrend, Elision durchgeführt, etwa:
- ove olezzano tepide e molli → ov'olezzano tepid'e molli (Verdi, aus Va, pensiero)
- bello, bello e impossibile con gli occhi neri e il tuo sapor mediorientale → bello, bell'e impossibile con gl'occhi neri e'l two sapor medjorjentale (Gianna Nannini)
Siehe auch
- Prokope (Lautwegfall am Wortanfang)
- Synkope (Lautwegfall im Wortinneren)
- Apokope (Lautwegfall am Wortende)
- Haplologie (Lautwegfall bei sich wiederholenden Lauten oder Lautgruppen)
- Synaloiphe (Vokalverschleifung)
- Epenthese (Lauteinschub)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Jörg Meibauer, Ulrike Demske, Jochen Geilfuß-Wolfgang, Jürgen Pafel von Metzler: Einführung in die germanistische Linguistik. 2. aktualisierte Auflage. Metzler, Stuttgart u. a. 2007, ISBN 978-3-476-02141-0, S. 98.
- ↑ Marcello Sensini: La Grammatica della Lingua Italiana. 1. edizioni, ristampe. Con la collaborazione di Federico Roncoroni. Mondadori, Mailand 2008, ISBN 978-88-04-46647-5, S. 45.