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Erich Buchholz (Jurist)

From Wickepedia

Erich Buchholz (* 8. Februar 1927 in Berlin; † 11. Dezember 2020) war ein deutscher Jurist und Autor. 1991 wurde der DDR-Strafrechtler von der Humboldt-Universität zu Berlin entlassen und vertrat anschließend als Verteidiger Angeklagte in den Mauerschützenprozessen.

Leben

Erich Buchholz besuchte ab 1933 das Luisengymnasium in Berlin und legte dort das Abitur ab.[1] Seit 1946 war er Mitglied der SED.[2] Von 1948 bis 1952 studierte Buchholz Jura an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er als wissenschaftlicher Assistent tätig war. 1956 wurde Buchholz an der Humboldt-Universität mit der Arbeit Die gerichtliche Strafzumessung in der Deutschen Demokratischen Republik zum Dr. jur. promoviert. 1963 habilitierte er sich mit der Schrift Der Diebstahl und seine Bekämpfung in der Deutschen Demokratischen Republik. Seit 1957 arbeitete der Jurist als Dozent, seit 1965 als Professor mit Lehrauftrag, später Ordinarius und Leiter des Instituts für Strafrecht. 1966 wurde er zum Dekan der juristischen Fakultät ernannt, 1976 zum Direktor der Sektion Rechtswissenschaft. Zudem war Buchholz Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats für Rechtswissenschaft beim Minister für das Hoch- und Fachschulwesen. Seit 1952 veröffentlichte Buchholz Zeitschriften- und Buchbeiträge sowie Monographien. Seit dem 8. Juli 1975 war er als IM Richter beim Ministerium für Staatssicherheit registriert.[3] 1991 wurde er als Professor von der Universität entlassen.

Nach 1990 war Buchholz als Rechtsanwalt zugelassen und trat als Verteidiger in mehreren Mauerschützenprozessen auf.[2] Dort vertrat er die Position, die getöteten Flüchtlinge hätten „ihren Tod selbst verschuldet“, indem sie sich in Minenfelder begeben oder Schüssen ausgesetzt hätten.[2] Zu dieser zynischen Haltung sah er sich berechtigt „als sehr entschlossener und konsequenter Verteidiger [...], dem es vor allem darum ging, den nunmehr »zuständigen« bundesdeutschen Richtern den Inhalt und das Verständnis für das Strafrecht der DDR zu vermitteln, um so zu gerechten Entscheidungen beizutragen.“[4]

Sein „Zukunftswunsch“ war: „Überall auf der Welt ist soziale Gerechtigkeit zu erkämpfen, die letztlich ermöglicht, das Strafrecht durch andere Formen gesellschaftlicher Reaktion auf Rechtsverstöße zu ersetzen.“[4]

Erich Buchholz war 1989 Gründungsmitglied des Freidenkerverbandes der DDR und gehörte dem Beirat des seit 1991 vereinigten Deutschen Freidenker-Verbandes bis zu seinem Lebensende an.[5]

Publikationen

  • Anklagepolitik und Strafverfahren in Westdeutschland, zusammen mit R. Hartmann und R. Herrmann, Berlin 1956; DNB 450667413
  • Strafe, wozu? Staatsverlag der DDR, 1968
  • Wirtschaftliche Fehlentscheidung oder Straftat? Staatsverlag der DDR, 1971
  • Probleme einer Rechtsbildungstheorie. Akademie-Verlag, 1982
  • mit Karl-Heinz Röder: Bemerkenswerte Erkenntnisse eines kritischen Kriminologen aus den USA. Neue Justiz, 3/82, Seite 114 ff.
  • mit Irmgard Buchholz: Zum Persönlichkeitskonzept im sozialistischen Strafrecht. Staat und Recht, 10/82, Seite 932 ff.
  • mit Ulrich Dähn: Weitere Stärkung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Entwicklung von Triebkräften der sozialistischen Gesellschaft. Staat und Recht, 5/85, Seite 421 ff.
  • Was ist kriminell? Staat und Recht 7/86, Seite 558 ff.
  • mit Karl A. Mollnau: Rechtssicherheit gehört zur Lebensqualität in unserer Gesellschaft. Neues Deutschland, 18./19.06.1988, S. 11 ff.
  • DDR-Strafrecht Passé – Überlegungen zu einem Strafrecht der Zukunft, in: Uwe Ewald, Kersten Woweries (Hrsg.) Entwicklungsperspektiven von Kriminalität und Strafrecht, Festschrift für John Lekschas, Bonn 1992, S. 253–264.
  • Siegerjustiz? Politische Strafverfolgung infolge der Deutschen Einheit. Kai Homilius Verlag, Berlin 2003.
  • Unrechtsstaat DDR? – Rechtsstaat BRD? Edition Ost, Berlin 2006, ISBN 978-3-360-01077-3.
  • Dem Unrecht wehren. Kai Homilius Verlag, Berlin 2006.
  • Rechtsbetrachtungen von LINKS. Kai Homilius Verlag, Berlin 2007.
  • Strafrecht im Osten. Kai Homilius Verlag, Berlin 2008.
  • Überwachungsstaat. Die Bundesrepublik und der „Krieg gegen den Terror“. Kai Homilius Verlag, Berlin 2009.
  • Totalliquidierung in zwei Akten. Juristische Annexion der DDR. Kai Homilius Verlag, Berlin 2009.
  • 1949 – hier eine Verfassung, dort ein Grundgesetz. Kai Homilius Verlag, Berlin 2009.
  • Die sozialistische Verfassung der DDR von 1968. In: Unter Feuer. Die Konterrevolution in der DDR. Verlag Offensiv, Hannover 2009, ISBN 978-3-00-026316-3.
  • DDR-Recht unter dem Bundesadler. Kai Homilius Verlag, Berlin 2010.
  • Rechtsgewinne? – Welche Rechte gewannen die DDR-Bürger durch den Beitritt? Haben sie Rechte verloren? Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2010, ISBN 978-3-939828-54-9.
  • Anspruch und Wirklichkeit. Wie der Bundesbürger den Rechtsstaat erlebt. Edition Ost, Berlin 2010, ISBN 978-3-360-01817-5.
  • Gerechtigkeit sieht natürlich anders aus. Das Neue Berlin, Berlin 2012, ISBN 978-3-360-02074-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Autorenprofil beim Kai Homilius Verlag (Memento vom 23. April 2014 im Internet Archive), abgerufen am 17. Juli 2011.
  2. 2.0 2.1 2.2 Roman Grafe: Honeckers Menschenjäger. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. April 2005, abgerufen am 29. Dezember 2015.
  3. BStU, MfS AOPK 12530/76, Blatt 10 in: Matthias Voigt: Rechtsgeschichtliche Studien, Band 64: Staats- und rechtswissenschaftliche Forschungsplanung zwischen II. und III: Sozialistischer Hochschulreform, Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Dr. Kovac, Hamburg 2013, Seite 112, Rdnr. 524
  4. 4.0 4.1 Ralph Dobrawa: Die Menschlichmachung der Welt. In: junge Welt vom 30. Dezember 2020, S. 10 (jungewelt.de), abgerufen am 1. Januar 2021
  5. Nachruf des Freidenkerverbands