Die Anordnung von Erzwingungshaft ist in Deutschland in den §§ 96 ff. des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geregelt. Die Vollstreckung richtet sich nach den §§ 451 ff. der Strafprozessordnung (StPO). Die Haft ist keine Strafe für die begangene Ordnungswidrigkeit, sondern stellt ein Beugemittel dar. Es gibt drei Gründe für die Verhängung von Erzwingungshaft.
Das Gericht kann erstens Erzwingungshaft anordnen, wenn die Geldbuße nicht gezahlt wird und der Betroffene nicht erklärt, warum er nicht zahlen kann. In diesem Falle wird die Haft auch als Ordnungshaft bezeichnet. Im Bußgeldbescheid muss er auf die Möglichkeit der Erzwingungshaft hingewiesen worden sein. Die Dauer der Haft wegen einer Geldbuße darf sechs Wochen, wegen mehrerer in einer Bußgeldentscheidung zusammengefasster Geldbußen drei Monate nicht übersteigen. Sie wird unter Berücksichtigung des zu zahlenden Geldbetrages nach Tagen bemessen und kann nachträglich nicht verlängert, sondern nur abgekürzt werden.
Zweitens kann Erzwingungshaft zur Erzwingung einer Zeugenaussage – im Rahmen eines Verfahrens – angeordnet werden. In diesem Falle wird sie auch als Beugehaft bezeichnet. Im Strafprozess endet sie gemäß § 70 Abs. 2 StPO entweder mit dem Abschluss des zugrunde liegenden Verfahrens oder aber spätestens nach sechs Monaten nach ihrem Beginn. Auch im Zivil- (§ 390 Abs. 2 ZPO), Arbeitsgerichts- (§ 46 Abs. 2 ArbGG), im Verwaltungsgerichts- (§ 98 VwGO) und Sozialgerichtsprozess (§ 118 Abs. 1 SGG) ermöglichen die Verfahrensordnungen Erzwingungshaft.
Erzwingungshaft kommt ferner bei der Nichtabgabe einer Vermögensauskunft gemäß § 802g ZPO in Betracht.
Die Erzwingungshaft ist nicht zu verwechseln mit der Ersatzzwangshaft.
Der Betroffene kann die Vollstreckung der Erzwingungshaft jederzeit abwenden oder beenden, indem er den geforderten Geldbetrag bezahlt oder seiner Aussagepflicht nachkommt. Der Vollzug der Haft befreit jedoch nicht von der Zahlungs- bzw. Aussagepflicht. Die Erzwingungshaft ist ein Zwangsmittel, das dazu dienen soll, den Willen des betroffenen Menschen zu brechen. Erweist sich die Weigerung zur Aussage nachträglich als berechtigt oder entsteht später ein Weigerungsrecht, so ist die Haft aufzuheben.
Gegen die Anordnung ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft (§ 311 StPO, § 390 Abs. 3 ZPO).
Für den Vollzug der Erzwingungshaft gelten gemäß § 171 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) die Vorschriften über den Vollzug einer Freiheitsstrafe entsprechend. Eine gemeinsame Unterbringung mit „kriminellen“ Gefangenen ist nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig. Ebenfalls muss der Betroffene keine Anstaltskleidung tragen, darf eigene Bettwäsche benutzen und ist zur Arbeit in der Anstalt im Gegensatz zum „kriminellen“ Gefangenen nicht verpflichtet.
In das Bundeszentralregister werden weder die Anordnung der Haft noch die Festsetzung der Geldbuße eingetragen.
Historisch siehe auch: Schuldturm