Auf Antrag der Fraktionen CDU/Christlich-Soziale Union in Bayern, SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 1. Juli 2014 wurde am 27. November 2014 eine unabhängige Expertenkommission zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) eingerichtet. Unter dem Vorsitz von Wolfgang Böhmer sollte sie bis 2016 Vorschläge erarbeiten, wie die Stasi-Unterlagenbehörde ab 2019 weitergeführt werden solle. Laut Stasi-Unterlagen-Gesetz läuft derzeit 2019 die Möglichkeit aus, Überprüfungen auf eine frühere Stasi-Mitarbeit vornehmen zu können. Die Mitglieder der Kommission waren keine Mitglieder des Deutschen Bundestags, wurden jedoch von den vier Fraktionen CDU/CSU (7), SPD (5) Bündnis 90/Die Grünen (1) und Die Linke (1) vorgeschlagen. Zudem gehörte ihr der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse an. Die Beratungstermine wurden intern verabredet. Auf der ersten Arbeitssitzung am 15. Januar 2015 ließ sich die Expertenkommission von Roland Jahn durch das Hauptarchiv des BStU führen.[1]
In einer nicht-öffentlichen Sitzung des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien gab die Kommission Eckpunkte ihrer Empfehlungen bekannt, die im April 2016 Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben wurden. Die Kommission schlug vor, die Behörde des BStU bis zum Ende der 19. Legislaturperiode aufzulösen und die Akten des Ministeriums für Staatssicherheit in eine neue Stiftung unter dem Dach des Bundesarchivs zu überführen.[2] Aus den Resten der Behörde sollte eine weitere Stiftung mit dem Namen "Stiftung Diktatur und Widerstand – Forum für Demokratie und Menschenrechte" gebildet werden. In diese sollte auch die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen überführt werden. Die neue Stiftung sollte zukünftig das Gelände der früheren Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg betreuen, wo allerdings ein privater Verein bereits das Stasi-Museum betreibt (siehe Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstrasse). Anstelle des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen war die Wahl eines Ombudsmannes für SED-Opfer vorgesehen.[3]
Die Vorschläge stießen auf massive Kritik, besonders bei Opferverbänden.[4] Das Kommissionsmitglied Hildigund Neubert distanzierte sich von den Empfehlungen und legte ein Minderheitsvotum vor. Der Konflikt gewann an Schärfe, als die SPD sich weigerte, Roland Jahn, dessen Amtszeit im März 2016 abgelaufen war, wiederzuwählen, bevor kein Beschluss über die Abwicklung der Behörde gefasst worden sei. Die Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition, Volker Kauder und Thomas Oppermann, einigten sich schließlich darauf, die Entscheidung über die Zukunft der Behörde auf die nächste Legislaturperiode zu verschieben. Roland Jahn wurde am 9. Juni 2016 wiedergewählt.[5] Bundesarchiv und BStU sollen jetzt gemeinsam ein Konzept für die Verwaltung der Stasi-Akten vorlegen.[6]
Mitglieder
Quellen
- Antrag als Drucksache 18/1957. Abgerufen am 28. November 2014.
- Beitrag von Deutschlandfunk. Abgerufen am 28. November 2014.
- Beitrag der Berliner Zeitung und Mitgliederübersicht. Abgerufen am 28. November 2014.
- Pressemitteilung des Deutschen Bundestages. Abgerufen am 29. November 2014.
- Bericht der Expertenkommission. Abgerufen am 4. April 2017.
- Minderheitsvotum von Hilidung Neubert. Abgerufen am 4. April 2017.
Einzelnachweise
- ↑ Expertenkommission in der früheren Stasizentrale. In: Deutscher Bundestag. 15. Januar 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 31. Oktober 2015.
- ↑ Stasi-Akten sollen ins Bundesarchiv. In: tagesschau.de. 16. März 2016, abgerufen am 18. März 2016.
- ↑ - Was aus der Stasi-Unterlagen-Behörde werden soll ( vom 26. August 2016 im Internet Archive)
- ↑ Stasi-Akten: Aufarbeitung der DDR-Geschichte ist in Gefahr - WELT. Abgerufen am 20. Juni 2017.
- ↑ Wiederwahl von Roland Jahn - Chef der Stasi-Unterlagenbehörde will deren Horizont erweitern. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 20. Juni 2017]).
- ↑ Alexander Weinlein: Alexander Weinlein: Auf der Suche. Roland Jahn fordert zukunftsfähige Strukturen. In: Das Parlament. 27. März 2017, abgerufen am 4. April 2017.
- ↑ Markus Decker: Rainer Wagner: Chef der DDR-Opferverbände muss gehen. In: Frankfurter Rundschau. 18. Mai 2015, abgerufen am 18. Mai 2015.