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Franz von Rinecker

From Wickepedia
File:Franz Rinecker.jpg
Franz von Rinecker, um 1880

Franz von Rinecker (* 3. Januar 1811 in Scheßlitz bei Bamberg; † 21. Februar 1883 in Würzburg) war ein deutscher Arzt, Hochschulorganisator und Gründer der ersten Universitäts-Kinderklinik.

Biografie

Franz von Rinecker war der Sohn des bayerischen Juristen Heinrich Gallus von Rinecker (1773–1852) und dessen Gattin Josephine von Stengel, Tochter des bayerischen Geheimrates Stephan von Stengel.[1]

Nach dem Gymnasialabschluss am (heutigen) Wilhelmsgymnasium München[2] studierte Rinecker ab 1826 Medizin in München, und ab dem Wintersemester 1830/31 in Würzburg, wo er am Juliusspital Schüler von Johann Lukas Schönlein und Carl Friedrich Marcus war. Nach Abschluss seines Studiums wurde er 1832 in München promoviert und begann dort auch seine Zeit als Assistenzarzt, die er 1833 am Würzburger Juliusspital,[3] der Universitätsklinik Würzburgs, fortsetzte, wo er unter anderem den Bericht Über die Krankheitskonstitution des Jahres 1835, beobachtet im Juliushospital in Würzburg verfasste. Im 1834 erhielt er seine Approbation. Rinecker wurde 1836 zum Privatdozenten ernannt[4] und 1837 zum Extraordinarius. Ein Jahr später ernannte ihn König Ludwig I. von Bayern zum ordentlichen Professor für Arzneimittellehre und er erhielt die Leitung der Poliklinik an der Universität Würzburg, wo er ab 1839 auch Vorlesungen in Kinderheilkunde abhielt.

Eine Studienreise führte ihn 1840/1841 nach Frankreich und England. 1844 wurde er „Professor für Pädiatrik“ am Juliusspital.[5] 1845/1846 gründete er mit Franz von Leydig das Würzburger Physiologische Institut, wodurch er die in Würzburg unter Ignaz Döllinger und Karl Heusinger eine Blüte erlebende physiologisch-anatomische Schule wiederbelebte,[6] und 1849 war er einer der Gründungsmitglieder der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg.[7] 1848 war er Mitglied des Vorparlaments.[8]

File:Virchow, Kölliker, Scherer, Kiwisch, Rinecker CIPB0940 (cropped).jpg
Rinecker im Kreise seiner Würzburger Kollegen 1850. Stehend von links: Rudolf Virchow, Albert von Koelliker; sitzend von links: Joseph von Scherer, Franz Kiwisch von Rotterau, Franz von Rinecker

1850 gründete Franz von Rinecker in Würzburg die erste eigenständige Universitäts-Kinderklinik der Welt, welche jedoch nach 17 Jahren wieder in die Medizinische Klinik eingebunden wurde.[9] Er befasste sich in den 1850er Jahren intensiv mit Fragen zum Übertragungsweg der (sekundären) Syphilis und verabreichte 1852[10] zum Beweis der Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch syphilitisches Material an zwei Kollegen sowie einen 12-jährigen Jungen, woraufhin 1854 von der Staatsanwaltschaft beim Würzburger Stadt- und Kreisgericht eine gerichtliche Untersuchung gegen Rinecker wegen Körperverletzung eingeleitet wurde. In zweiter Instanz wurde Rinecker im September 1855 vom Staatsministerium freigesprochen, vom Senat der Universität erhielt er Anfang 1856 jedoch eine Rüge, welche insbesondere die Durchführung derartiger Versuche an Minderjährigen verurteilte.[11]

Im Jahr 1863 übernahm er am Juliusspital die Psychiatrie und psychiatrische Klinik.[12]

1872 schuf er, ebenfalls am Juliusspital, eine von der Inneren Medizin und Chirurgie abgelöste eigenständige Abteilung für Dermatologie als Klinik für Syphilis und Hautkrankheiten,[13] die jedoch nach seinem Tod 1883 ebenfalls wieder der Abteilung für Innere Medizin zugeordnet wurde.[14]

Rinecker, neben Augenheilkunde, Kinderheilkunde und Medizinischer Statistik[15] auch spezialisiert auf Pharmakologie und Dermatologie, versuchte als Leiter der Berufskommission der Medizinischen Fakultät, die damals in der Medizin herrschende Naturphilosophie durch eine naturwissenschaftliche Grundlage zu ersetzen.

Franz von Rinecker galt als Verwaltungsgenie, war nicht nur Vorstand verschiedener Kliniken, sondern auch mehrmals Dekan der Medizinischen Fakultät und Rektor der Universität Würzburg.

Zu seinen Schülern gehörten Ernst Haeckel und Franz von Leydig; Albert von Kölliker und Rudolf Virchow berief er an die medizinische Fakultät, Emil Kraepelin war sein Assistent in Würzburg.

Im Jahr 1864 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[16]

Nachleben

Seit 1890 vergibt die Medizinische Fakultät der Universität Würzburg die nach ihm benannte Rinecker-Medaille[17] an Mediziner und Naturwissenschaftler mit besonderen Beziehungen zu Würzburg.

In München wurde die Franz-von-Rinecker-Straße nach ihm benannt. Sie befindet sich in München Thalkirchen, zwischen der Schäftlarnstraße und Am Isarkanal, wo auch das (nach Hans Rinecker benannte) Rinecker Proton Therapy Center (RPTC) errichtet wurde.

Seine Schwester Fridericke (1808–1877) heiratete 1836 den späteren bayerischen Innenminister Carl von Abel. Der Eichstätter Bischof Franz Leopold von Leonrod (1827–1905) zählte zu seinen Cousins (beider Mütter waren Schwestern).[18]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nekrolog eines Bruders von Franz von Rinecker, mit Erwähnung des Großvaters, Pastoralblatt für die Erzdiözese München-Freising, Nr. 3, 1864; Scan aus der Quelle.
  2. Max Leitschuh: Die Matrikeln der Oberklassen des Wilhelmsgymnasiums in München, 4 Bde., München 1970–1976; Bd. 3, S. 273.
  3. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. In: Das Juliusspital Würzburg in Vergangenheit und Gegenwart: Festschrift aus Anlaß der Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals am 16. Juli 1953. Hrsg. vom Oberpflegeamt des Juliusspitals. Würzburg 1953, S. 14–24, hier: S. 22 f.
  4. Ralf Vollmuth, Gundolf Keil: Beständigkeit und Fortschritt: Die Würzburger Medizin im Spiegel der Jahrhunderte. Ein Beitrag zur Erstgründung der Universität Würzburg vor 600 Jahren. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 22, 2003, S. 7–20, hier: S. 13 f.
  5. siehe die Kurzbiographie auf der Webpräsenz des Juliusspitals
  6. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. 1953, S. 23.
  7. Thomas Sauer, Ralf Vollmuth: Briefe von Mitgliedern der Würzburger Medizinischen Fakultät im Nachlaß Anton Rulands. Quellen zur Geschichte der Medizin im 19. Jahrhundert mit Kurzbiographien. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 9, 1991, S. 135–206; hier: S. 166.
  8. Bundesarchiv: Mitglieder des Vorparlaments und des Fünfzigerausschusses (PDF-Datei; 79 kB)
  9. Gundolf Keil: 150 Jahre Universitäts-Kinderklinik Würzburg. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 21, 2002, S. 37–42, hier: S. 38–41.
  10. Franz von Rinecker: Ueber die Ansteckungsfähigkeit der constitutionellen Syphilis. In: Verhandlungen der Würzburger physikalisch-medicinischen Gesellschaft. Band 3, 1852, S. 375–397.
  11. Barbara Elkeles: Syphilis, medizinische Forschung und Humanität. Neues zu Rineckers Prozeß (1854–1856). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 9, 1991, S. 57–71.
  12. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. 1953, S. 23.
  13. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. 1953, S. 23.
  14. Gerald Metz: Das Archiv der Würzburger Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten und seine Bestände. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 9, 1991, S. 37–55, hier: S. 37 und 39.
  15. Werner E. Gerabek: Rinecker, Franz von. 2005, S. 1252.
  16. Mitgliedseintrag von Franz von Rinecker bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 24. Juni 2016.
  17. Gundolf Keil: Rinecker and the Rinecker-Medal of the Wuerzburg Medical Faculty. Übersetzung aus dem Deutschen von Christine Boot, In: August Heidland, Ekkehard Heidbreder (Hrsg.): Festschrift anläßlich der Verleihung der Rinecker-Medaille durch die Medizinische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg an Professor Dr. h. c. mult. Shaul G. Massry, M. D. Würzburg 1987, S. 20–24.
  18. Quelle zur Abstammung des Bischofs Franz Leopold von Leonrod aus dem Geschlecht derer von Stengel