Friedrich Wolff (links) 1963 als Verteidiger beim Globke-Prozess
Friedrich Wolff (* 30. Juli 1922 in Berlin-Neukölln) ist ein deutscher Rechtsanwalt und war über 20 Jahre Vorsitzender des Berliner Anwaltskollegiums in der DDR.
Leben
Der Sohn eines jüdischen Arztes wollte ursprünglich Medizin studieren. Das blieb ihm als „Halbjude“ unter den Nazis verwehrt. Er wurde 1941–1943 zum Kaufmann ausgebildet und schlug sich dann bis 1945 als Munitionsarbeiter durch.[1][2] 1945 trat er der KPD bei[3] und wurde damit nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD Mitglied der SED und später der PDS.[2] Er studierte zuerst Medizin an der Humboldt-Universität Berlin, gab das Studium jedoch auf. Dann studierte er von 1946 bis 1949 Rechtswissenschaften an der gleichen Universität.[2]
Beim Magistrat von Groß-Berlin hatte Wolff die Gründung von Rechtsanwaltskollegien mit vorbereitet, nun gehörte er zu den Mitbegründern des Berliner Kollegiums und wurde 1954 sein Vorsitzender, was er bis 1970 blieb. Auf einer Tagung des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft Anfang Dezember 1956 setzte er sich zusammen mit dem Dozenten Rudolf Herrmann von der Juristischen Fakultät der Universität Halle in einer Diskussion dafür ein, dass die Beweisführungspflicht des Staatsanwalts umfassend erhalten bleiben müsse und das Gericht nicht "vor den Wagen der Anklage gespannt wird." Überdies sprachen sich Wolff und Dr. R. Herrmann grundsätzlich "gegen die Verschmelzung der Funktion des Gerichts und der des Staatsanwalts aus".[4]
In den Jahren von 1984 bis 1988 und 1990[5] erhielt er die Position des Vorsitzenden des Berliner Kollegiums der Rechtsanwälte erneut.
1983 wurde Friedrich Wolff an der Humboldt-Universität mit einer Dissertation zur Stellung des Rechtsanwalts promoviert.
Wolff wurde vor allem durch seine Sendereihe Alles was Recht ist in den 1980er Jahren im Fernsehen der DDR prominent[3] (Nachfolgesendung der Reihe Fragen Sie Professor Kaul).[6]
Er war Strafverteidiger in großen DDR-Strafprozessen, wie den Prozessen gegen Beteiligte des Aufstandes vom 17. Juni 1953, gegen den Kulturfunktionär Walter Janka und gegen westdeutsche Politiker wie Hans Globke oder Theodor Oberländer wegen angeblicher Kriegsverbrechen (Ostberliner Schauprozesse in Abwesenheit).
Er war an der Verteidigung Günter Guillaumes beteiligt.[3]
Im vereinigten Deutschland verteidigte er viele ehemalige SED-Größen wie Hermann Axen, Hans Modrow und Erich Honecker.[3]
Wolff ist Mitglied der Vereinigung demokratischer Juristen.
In der DDR wurde er 1982 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet.[7] 2002 erhielt er den Menschenrechtspreis der geschichtsrevisionistischen Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e. V., die sich für die Interessen von Stasi- und SED-Kadern einsetzt.
1995 brachte das Nachrichtenmagazin Focus die Meldung, dass Wolff unter Stasi-Verdacht stehe. Ihm wurde vorgeworfen, Inoffizieller Mitarbeiter (bzw. "Geheimer Informant") des Ministeriums für Staatssicherheit im Bereich Hauptverwaltung Aufklärung unter dem Decknamen „Jura“ gewesen zu sein. Er habe bei einem Treffen mit MfS-Mitarbeitern diesen Einblick in Unterlagen seiner Mandanten gewährt.[8] 1996 hatte er einen Herzinfarkt und entschloss sich dazu, seinen Arbeitsumfang einzuschränken. Ab 2003 führte eine seiner drei Töchter zusammen mit vier weiteren Anwältinnen seine Kanzlei weiter.[3]
Wolff lebt in Stolzenhagen, wo er seit 1973 ein Wochenendhaus besitzt.[9]
Schriften (Auswahl)
- 2000: Woher kommen wir, wo sind wir angekommen, wohin gelangen wir? In: Nachdenken über Sozialismus. Herausgegeben von Klaus Höpcke, Hans-Joachim Krusch, Hans Modrow, Harald Neubert, Wolfgang Richter und Robert Steigerwald; GNN Verlag Schkeuditz.
- 2005: Einigkeit und Recht - Die DDR und die deutsche Justiz, in der 2. Auflage im Verlag edition ost, Berlin, ISBN 978-3-360-01062-9.
- 2009: Verlorene Prozesse. Meine Verteidigungen in politischen Verfahren, edition ost, Berlin, ISBN 978-3-360-01800-7.
- 2013: Ein Leben – vier Mal Deutschland, Autobiografie, PapyRossa-Verlag, Köln, ISBN 978-3-89438-520-0.
- 2015: Das Politbüro der DDR vor Gericht, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin, ISBN 978-3-8305-3570-6.
- 2021: Komm mir nicht mit Rechtsstaat: Friedrich Wolff und Egon Krenz im Gespräch, edition ost, Berlin ISBN 978-3-360-01895-3.
Literatur
- Helmut Müller-Enbergs: Wolff, Friedrich. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Friedrich Wolff, Heidekraut Journal
- ↑ 2.0 2.1 2.2 Friedrich Wolff, klangkontext.de
- ↑ 3.0 3.1 3.2 3.3 3.4 Was macht eigentlich ... Friedrich Wolff?, welt.de, 3. Februar 2003
- ↑ Fragen des Beweisrechts im Strafverfahren. [Bericht über eine Tagung des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft am 7./8. Dezember 1956 in Potsdam-Babelsberg]. In Zeitschrift Staat und Recht, Heft 2/1957, S. (202–212) 210
- ↑ Berliner Zeitung, 14. Dezember 1989, S. 2 Spalte 1
- ↑ fernsehserien.de: Alles, was Recht ist (1981–1990, einmal monatlich)
- ↑ Berliner Zeitung, 5. Oktober 1982, S. 4
- ↑ STASI: Honecker-Anwalt war IM. Focus, 30. Januar 1995
- ↑ Horst Schumann: Geschichte & Geschichten aus Wandlitz, Horst Schumann Barnimer Bürgerverlag, 2017, S. 193ff, ISBN 978-3-00-054760-7.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Wolff, Friedrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtsanwalt, Vorsitzender des Berliner Anwaltskollegiums in der DDR |
GEBURTSDATUM | 30. Juli 1922 |
GEBURTSORT | Berlin-Neukölln |