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Georg Diederichs

From Wickepedia
File:Bundesarchiv B 145 Bild-F030208-0026, Bonn, Landesvertretung Niedersachsen, Diederichs.jpg
Georg Diederichs, 1969

Georg Diederichs (* 2. September 1900 in Northeim; † 19. Juni 1983 in Laatzen) war ein deutscher SPD-Politiker, niedersächsischer Landtagsabgeordneter, Sozialminister und Ministerpräsident sowie einer der Väter des Grundgesetzes. Zur Zeit des Nationalsozialismus hat er als Widerstandskämpfer über ein Jahr im Gefängnis und im Konzentrationslager (KZ Esterwegen) zugebracht.

Leben

Schule und Studium

File:Georg Diederichs TH.jpg
Diederichs in Couleur als Student in Göttingen (1922)

Georg Diederichs wurde am 2. September 1900 als Sohn einer konservativen Apothekerfamilie geboren. Sein älterer Bruder war der spätere Bundesrichter Rudolf Diederichs. 1918 legte Diederichs sein Abitur in Goslar ab und absolvierte eine zweijährige Apothekerlehre in der väterlichen Apotheke. Danach studierte er ab 1922 in Göttingen Staats- und Wirtschaftswissenschaften sowie Pharmazie. Während seiner Studienzeit schloss er sich dem Corps Hercynia (heute Corps Teutonia-Hercynia Göttingen) an, einer Studentenverbindung im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). Aus dieser Zeit trug er drei Schmisse aus 19 Mensuren deutlich sichtbar im Gesicht. Sein pharmazeutisches Staatsexamen legte er 1924 ab, im Jahr 1926 wurde er Diplom-Volkswirt.

Erstes politisches Engagement und Leben im „Dritten Reich“

Im selben Jahr begann er seine politische Tätigkeit als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und wurde Mitglied der republikanischen Schutzorganisation Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold[1], wechselte aber 1930 zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Während der Zeit des Dritten Reichs unterstützte er Gesinnungsgenossen und Corpsstudenten materiell und organisatorisch und wurde von der Staatsmacht der „unerlaubten Parteiweiterführung“ beschuldigt. Er verbrachte ein Jahr im Gefängnis Fuhlsbüttel; anschließend war er mehrere Monate im Konzentrationslager Esterwegen interniert. Dem Einsatz seines damaligen Arbeitgebers war es zu verdanken, dass Diederichs wieder aus dem KZ entlassen wurde. Danach zog er nach Berlin. Von 1939 bis 1945 war er Soldat bei der Wehrmacht, davon drei Jahre an der Ostfront eingesetzt. Er diente als Soldat im Sanitätswesen. Sein höchster Dienstgrad war der eines Unteroffiziers.

Politische Anfänge in der Nachkriegszeit

Nach dem Krieg wurde er von der britischen Besatzungsmacht im Oktober 1945 als Bürgermeister seiner Geburtsstadt Northeim eingesetzt. Damals war die Position noch mit dem Amt des Verwaltungsleiters verbunden. Als die Funktionen Bürgermeister und Stadtdirektor im Januar 1946 getrennt wurden, entschied sich Diederichs für die ehrenamtliche Funktion des Bürgermeisters. Bald wandte er sich jedoch der Landespolitik zu und wurde 1947 als Abgeordneter in den niedersächsischen Landtag gewählt.

Wirken im Parlamentarischen Rat

File:Diederichs Grab in Northeim.jpg
Grab in Northeim

1948–1949 war er als Mitglied des verfassunggebenden Organs, des Parlamentarischen Rates, an der Gestaltung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beteiligt. Er wurde vom Niedersächsischen Landtag in dieses Gremium gewählt. Diederichs fungierte als stellvertretender Vorsitzender der Ausschüsse für Wahlrechtsfragen und Besatzungsstatut. Er wirkte am ersten Wahlgesetz für die Bundestagswahl mit und trug in der umstrittenen Wahlrechtsfrage wesentlich zum Kompromissvorschlag eines personalisierten Verhältniswahlsystems bei.[2]

In der niedersächsischen Landespolitik

Diederichs (Mitte) bei einer Plenartagung des Bundesrates in Bonn, 1962
Diederichs (Mitte) bei einer Plenartagung des Bundesrates in Bonn, 1962

Ein Landtagsmandat war damals noch kein Vollzeitjob, deshalb pachtete er 1950 die Ratsapotheke in Hannover und ging seinem gelernten Beruf Apotheker nach. Als mit der Zeit seine politischen Ämter immer bedeutender und zahlreicher wurden, gab er die Apotheke auf.

Von 1947 bis 1955 fungierte er als stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag. Von 1952 bis 1955 war Diederichs Vorsitzender des Ausschusses für innere Verwaltung und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Neugestaltung der niedersächsischen Gemeindeverfassung. Ab 1955 war er einer der Vizepräsidenten des Landtages. 1957 wurde er niedersächsischer Sozialminister und vom 29. Dezember 1961 bis zum 8. Juli 1970 war er Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. Während der 1950er Jahre zählte er zu den klaren Gegnern der Atomenergie in der SPD.

Es wurde Diederichs Wirken zugeschrieben, dass am 26. Februar 1965 das Konkordat zwischen der Katholischen Kirche und dem Land Niedersachsen zustande kam, das vor allem in der SPD Niedersachsen sehr umstritten war.

Seine herausragenden Verdienste finden sich im Ausbau des Bildungswesens und bei den Strukturverbesserungen in ländlichen Gemeinden. Er war noch im hohen Alter Präsident des Roten Kreuzes in Niedersachsen. Georg Diederichs starb 1983 in Laatzen.[3] Sein Grab befindet sich auf dem Stadtfriedhof von Northeim.

Auszeichnungen und Ehrungen

Literatur

  • Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 95.
  • Sigmar Gabriel: Georg Diederichs – Ein Mann der ersten Stunde beim Aufbau der Demokratie nach 1945. In: Northeimer Jahrbuch 2000. S. 124–131.
  • Gisela Notz/ Christl Wickert: Die geglückte Verfassung. Berlin 2009, S. 66.
  • Barbara Simon: Abgeordnete in Niedersachsen 1946–1994. Biographisches Handbuch. Hrsg. vom Präsidenten des Niedersächsischen Landtages. Niedersächsischer Landtag, Hannover 1996, S. 72.
  • Frauke Schulz: Georg Diederichs: Der Landesstiefvater. In: Teresa Nentwig, Frauke Schulz, Franz Walter und Christian Werwarth (Hrsg.): Die Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen: Landesväter und Landesmanager. Politische Führung von Hinrich Wilhelm Kopf bis Christian Wulf, Hahnsche Buchhandlung Hannover, Hannover 2012, S. 94 bis 119, ISBN 978-3-7752-6165-4

Siehe auch

Sonstiges

Nach Georg Diederichs war bis zum Schuljahresbeginn 2009/2010 eine Hauptschule in Clausthal-Zellerfeld benannt. Anlässlich seines 21. Todestages erfolgte am 22. Juni 2004 die Enthüllung einer Göttinger Gedenktafel[5] für ihn[6] am Haus des Corps Teutonia-Hercynia durch seine Witwe Karin-Rut Diederichs.

Gerne zitiert wird sein Ausspruch „Soll der große Wurf gelingen, müssen beide Flügel schwingen“, der auf den linken und den rechten Parteiflügel anspielt.

Im Volksmund wurde Georg Diederichs oftmals „Schorse“[7][8] genannt.

Diederichs begeisterte sich für den Physiker Georg Christoph Lichtenberg, dessen Aphorismen er sehr mochte.

Weblinks

Commons: Georg Diederichs – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Manfred Blänkner/Axel Bernd Kunze [Hrsg.]: Rote Fahnen, bunte Bänder. 2016 S. 117.
  2. Notz/Wickert: Die geglückte Verfassung. 2009 S. 66.
  3. Eva-Maria Stoya: Politik Berufung, Apotheke eher Hobby. Sozialdemokrat, Widerstandskämpfer, KZ-Häftling, niedersächsischer Landtagsabgeordneter, Ministerpräsident und einer der Väter des Grundgesetzes: der Apotheker Georg Diederichs (1900–1983). In: diepta.de. 1. November 2017, abgerufen am 23. Februar 2020.
  4. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB).
  5. Stadtarchiv Göttingen: Gedenktafeln.
  6. http://www.stadtarchiv.goettingen.de/personen/diederichs.htm.
  7. SPD-Niedersachsen: My fair Daddy. In: Der Spiegel. Nr. 47, 1969, S. 128 (online17. November 1969). Zitat: „… seit Ende 1961 amtierenden Ministerpräsidenten Dr. Georg (‚Schorse‘) Diederichs …“
  8. Puppen tanzen. In: Der Spiegel. Nr. 24, 1970, S. 33 (online8. Juni 1970). Zitat: „… eine Große Koalition unter Führung des früheren Apothekers Georg (‚Schorse‘) Diederichs.“