Die Gerichte in der Freien Stadt Danzig orientierten sich an der Tradition des deutschen Reichsgerichtsverfassungsgesetzes, wiesen aber durch die Kleinteiligkeit der Freien Stadt Danzig Besonderheiten auf.
Danzig war im Deutschen Kaiserreich Sitz des Landgerichtes Danzig. Diesem war das Oberlandesgericht Marienwerder übergeordnet. Darunter waren neun Amtsgerichte angesiedelt.
Als Folge des Friedensvertrag von Versailles wurde Danzig als "freie Stadt" aus dem Reichsverband ausgegliedert. Der größte Teil des Umlandes wurde Polen zugeschlagen. Diese Neuordnung nahm weder Rücksicht auf bestehende Kreisgrenzen noch auf die jeweiligen Gerichtsbezirke. Aus den Restkreisen des Danziger Umlandes wurden zwei Stadt- und drei Landkreise gebildet. Aus den Teilen des Landgerichtsbezirks, der zur Freien Stadt Danzig gehörte wurde in vier Amtsgerichtsbezirke gegliedert. Da alle Amtsgerichtssitze (außer Danzig selbst) polnisch geworden waren, wurden neue Amtsgerichtssitze ausgewählt.
- Amtsgericht Danzig in Danzig
- Amtsgericht Zoppot in Zoppot
- Amtsgericht Tiegenhof in Tiegenhof
- Amtsgericht Neuteich in Neuteich
Das Landgericht Danzig selbst bestand weiter, wurde in seinem Gerichtsbezirk jedoch auf das Gebiet der Freien Stadt Danzig begrenzt.
Als höchstes Gericht wurde das Danziger Obergericht ins Leben gerufen. Es hatte sowohl die Funktion des Reichsgericht als höchstes Gericht als auch die eines Oberlandesgerichtes. Es bestand daher in Landgerichtsangelegenheiten nur ein zweistufiger Instanzenzug.
Die Richter wurden gemäß Artikel 64 der Verfassung der Freien Stadt Danzig von einem Richterwahlausschuss des Volkstags gewählt.[1]
Am 9. April 1920 wurde ein „vorläufiges Oberverwaltungsgericht“ für die Freie Stadt Danzig eingerichtet. Dieses arbeitete nach den bisherigen Bestimmungen der preußischen Verwaltungsgerichtsbarkeit und war sowohl Beschlussbehörde als auch obere Instanz in Verwaltungsverfahren. Mit Rechtsverordnung vom 7. Januar 1927 wurde ein Verwaltungsgericht Danzig geschaffen. Dessen hauptamtliche Mitglieder wurden durch den Senat bestellt, die ehrenamtlichen Mitglieder durch die Stadtbürgerschaft in Danzig, die Stadtverordnetenversammlung und den Kreisausschuss gewählt. Am 9. August 1935 wurde die selbstständige Verwaltungsgerichtsbarkeit eingestellt und die Verwaltungssachen dem Landgericht Danzig übertragen, wo eine Kammer für Verwaltungsangelegenheiten gebildet wurde. Die Aufgaben des Oberverwaltungsgerichtes übernahm das Obergericht wo ein Senat für Verwaltungsangelegenheiten gebildet wurde. Mit Rechtsverordnung vom 8. Juni 1939 wurde zum 15. Juli 1939 erneut ein Landesverwaltungsgericht gebildet. Aufgrund des Anschlusses der Freien Stadt Danzig an das Reich hatte diese Maßnahme keine Bedeutung mehr[2]
Weitere Institutionen mit Gerichtscharakter waren das Disziplinargericht für Richter, das Disziplinargericht für nichtrichterliche Beamte, das Seeamt, das Oberseeamt und das Wuchergericht.[3]
Nach dem Überfall auf Polen endete 1939 die Staatlichkeit der Freien Stadt Danzig. Das Danziger Obergericht wurde in das Oberlandesgericht Danzig umgewandelt, der Bezirk des Landgerichtes Danzig auf elf Amtsgerichte erweitert.[4]
Einzelnachweise
- ↑ Verfassung der Freien Stadt Danzig
- ↑ Gerd Heinrich (Hrsg.): Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands 1815 – 1945, 1993, ISBN 3170113380, S. 357–358
- ↑ Statistisches Landesamt der Freien Stadt: Staatshandbuch der Freien Stadt Danzig. Ausgabe 1926, Danzig 1926, S. 51–61.
- ↑ Handbuch der Justizverwaltung, 1942, S. 75, online