Hanna Gerig geb. Degenhardt (* 31. Mai 1900 in Potsdam; † 15. Dezember 1991 in Köln) (eigentlich Johanna Gerig) war eine deutsche Politikerin der Deutschen Zentrumspartei und der CDU.
Leben
Hanna Gerig wurde als Tochter von Anton Degenhardt in Potsdam geboren, wuchs dort katholisch auf und besuchte das Lyzeum. Durch den gehobeneren Lebensstil der Eltern hatte sie auch Kontakte zu Mitgliedern der Kaiserfamilie. Der Vater war Ortsvorsitzender des Zentrums und bezog seine Tochter mit ein in seiner Arbeit, was seine Tochter prägte. Während ihrer Schulzeit arbeitete sie in der katholischen Jugend mit und ab 1918 leitete sie die Katholische Frauenbundjugend. Am 10. Mai 1924 heiratete sie Otto Gerig und zog mit ihm nach Köln, wurde Hausfrau und Mutter von fünf Kindern. 1929/30 war sie im Geschäftsführenden Ausschuss des Frauenbeirats der Kölner Zentrumspartei.
1933–1945
Nach der Machtübernahme verlor der Ehemann alle seine Ämter und Stellungen. Die Nazis durchsuchten mehrfach das Haus der Familie und Hanna Gerig und ihr Mann wurden wiederholt verhört. Sie konnte für eine Bremer Firma als Vertreterin im Verkauf für Kaffee arbeiten, schrieb vereinzelt kleine honorierte Beiträge für die Kirchenzeitung und gab nebenbei noch Klavierunterricht um den finanziellen Notstand zu überbrücken. Der Versuch, in Deutz mit einem Feinkostladen wieder finanziell Fuß zu fassen, wurde durch einen von der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei organisierten Boykott vereitelt. Heimlich hielten beide weiterhin Kontakt zu politischen Bekannten, so auch zum Kölner Kreis. Nach dem Attentat auf Hitler wurde ihr Mann bei der Aktion „Gitter“ mit anderen ehemaligen Reichstagsabgeordneten und Politikern demokratischer Parteien (u. a. Konrad Adenauer, Josef Baumhoff, Peter Schlack, Joseph Roth und Hubert Peffeköver) verhaftet und in das Arbeitserziehungslager in den Messehallen in Köln-Deutz überführt. Hanna Gerig kämpfte mit allen Mitteln um ihren Mann und um seine Mitgefangenen, doch am 16. September 1944 wurde Otto Gerig zusammen mit Baumhoff, Schlack, Roth und Peffeköver ins KZ Buchenwald überführt. Dennoch engagierte sie sich weiterhin so sehr für die Gefangenen in Deutz, dass die Lagerleitung ihr damit drohte, sie und ihre Kinder ebenfalls zu inhaftieren. Das brachte ihr unter den Gefangenen den Namen "Engel der Messehallen"[1] ein. Nachdem sie nach längerer Zeit erfahren hatte, dass ihr Mann im KZ umgekommen war, und ihr erneut mit KZ-Haft gedroht wurde, versteckte sie sich mit ihren Kindern außerhalb von Köln bei Johann Peffeköver[2], dessen Bruder Hubert ein Mitgefangener aus dem Lager Deutz und dem KZ-Buchenwald war[3].
Nach 1945
Um nach dem Krieg finanziell als Witwe über die Runden zu kommen, war sie bis 1949 als Sozialreferentin der Rhenag tätig. Von 1949 bis 1965 arbeitete sie dann als Redakteurin für die Kölnische Rundschau. Als bekannte Gegnerin gegen das NS-System wurde sie 1946 von der britischen Besatzungsmacht zum Mitglied der Stadtverordnetenversammlung ernannt und gehörte der Versammlung, ohne Unterbrechung, bis 1964 an. Sie war 1945 an der Abfassung der Kölner Leitsätze und an der Gründung der CDU beteiligt und ihre Mitgliedsnummer war 32 und damit niedriger als die von Adenauer. In dieser Zeit arbeitete Frau Gerig mit Sibille Hartmann, Hanna Adenauer, Leni Encke und Rosemarie Ellscheidt eng zusammen. Nach der Rückkehr der Männer aus Gefangenschaft und Flucht wurde auch Frau Gerig fast wieder aus dem politischen Geschehen verdrängt und verlor ihren sicheren Wahlkreis in Deutz (dort erhielt sie auch den Beinamen "Löwin von Deutz"), konnte jedoch in Köln-Ehrenfeld erfolgreich eine neue politische Position aufbauen. Sie wurde vom Bundesministerium in den Ausschuss berufen, der die gesetzlichen Grundlagen schaffen sollte NS-Opfer so weit wie möglich zu entschädigen. 1950 gründete sie als Stimme für die "Opfer den Bund der Verfolgten des Naziregimes", Kreis Köln und war jahrelang deren Vorsitzende. Sie wurde Vizepräsidentin der "Union international de la résistance et de la déportation". Im selben Jahr wurde sie Mitglied des Gewerkschaftsrates und der Bundesfrauengruppe der DAG. 1952 wurde sie als erste Frau stimmberechtigtes Mitglied im Bundesvorstand für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. 1965 schied sie aus dem beruflichen und politischen Leben aus.
Ehrungen
- 1965 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse
- 1988 Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes
Literatur
- AKDFB Frauenbeirat; HAStK 1111/3711; Greven´s Adressbuch für Köln und Umgebung; NL Lauer
- G. Buchstab/ B. Kaff/ H.-O. Kleinmann: "Christliche Demokraten gegen Hitler". Herausgegeben im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Verlag Herder Freiburg im Breisgau, 2004, ISBN 3-451-20805-9, S. 205–216.
- "Hanna Gerig", in: Gegen den braunen Strom. Kölner Widerstandskämpferinnen in Portraits der Arbeiterfotografie Köln (Ausstellungskatalog des NS-Dokumentationszentrums Köln). 2000; S. 48–57.
- "Widerstand und Verfolgung in Köln 1933-1945" (Ausstellungskatalog). Köln 1974; S. 389f
- ACDP (Konrad-Adenauer-Stiftung, Sankt Augustin): Nachlaß Otto Gerig und Hanna Gerig
Weblinks
- http://www.cologne-info.de/prominente/hanna-gerig/hanna-gerig.html
- http://www.kas.de/wf/de/33.4849
- http://www.nikolaus-gross.com/lebenslauf/bundverdkreuz-ueberreichung.html
- http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=2&tektId=2641&id=0118&klassId=1
- http://www.kas.de/upload/ACDP/HPM/HPM_16_09/HPM_16_09_15.pdf
- http://www.kas.de/upload/ACDP/FU_Ausstellung.pdf
- http://www.kas.de/upload/ACDP/HPM/HPM_16_09/HPM_16_09_5.pdf
Einzelnachweise
- ↑ ACDP: Nachlass Otto Gerig und Hanna Gerig
- ↑ Für mich ist er ein Held gewesen Bergische Landeszeitung vom 26. August 2005
- ↑ Internationales Rotes Kreuz Bad Arolsen, Archiv: Auszug aus den Blockverlegungen des Konzentrationslagers Buchenwald, Verlegungen am 29. September 1944 aus dem Zeltlager, Blatt 659
Personendaten | |
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NAME | Gerig, Hanna |
ALTERNATIVNAMEN | Degenhardt, Hanna (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (Zentrum, CDU) |
GEBURTSDATUM | 31. Mai 1900 |
GEBURTSORT | Potsdam |
STERBEDATUM | 15. Dezember 1991 |
STERBEORT | Köln |