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Hellmuth Langenbucher

From Wickepedia

Hellmuth Langenbucher (* 29. Juli 1905 in Loffenau; † 18. Mai 1980 in Warmbronn bei Stuttgart) war ein deutscher Literaturwissenschaftler. Nach 1933 kam ihm die Rolle eines „Literaturpapstes“ zu. Er gilt als einer der führenden NS-Literaturgeschichtler und zählte zu den einflussreichen Journalisten und Publizisten der NSDAP.[1] Er schrieb auch unter den Pseudonymen Walther Erich Dietmann (1932–1934, für Zeitungsartikel und Rezensionen), Rudolf Öttinger (ab 1942, ohne Veröffentlichung unter diesem Namen), Hermann Engelhard (ab 1951) und Rudolf Walter Lang (ab 1968).

Leben

Langenbucher wurde in bescheidene Verhältnisse geboren. Er kam am 29. Juli 1905 in Loffenau (Oberamt Neuenbürg), einer kleinen Gemeinde bei Gernsbach im Schwarzwald, als Sohn des Lehrers Melchior Langenbucher und dessen Frau Rosalie zur Welt. Hellmuth war das sechste von insgesamt elf Kindern der Familie, von denen zwei im Kleinkindalter an Diphtherie starben. Ein Bruder fiel im Ersten Weltkrieg. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Langenbucher ab 1919 ein Lehrerseminar in Backnang. 1925 legte er die erste Volksschuldienstprüfung ab, zum Teil durch Selbststudium und nachgeholtes Abitur. In Reutlingen bereitete er sich auf ein Universitätsstudium vor. Langenbucher studierte an den Universitäten Tübingen, Heidelberg und Berlin. 1930 schloss er in Heidelberg bei Friedrich Panzer mit der Promotion ab. Von Oktober bis November 1929 war er Lehrer an der Knabenmittelschule in Heilbronn, anschließend bis Mai 1930 Hilfslehrer an der Stöckachrealschule in Stuttgart. Von Februar bis März des Jahres 1932 fungierte er als Redakteur bei der Hanseatischen Verlagsanstalt, von 1932 bis 1933 war er im Verlag Langen-Müller in München als Leiter der Presseabteilung tätig.

Seit 1929 war er Mitglied der NSDAP, Anfang der 1930er Jahre trat er dem Kampfbund für deutsche Kultur bei. Am 19. Juni 1933 war er Mitbegründer der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums. Von 1933 bis 1934 war er Leiter des Gesamtlektorats der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums und stellvertretender Vorsitzender der Abteilung Schrifttumspflege. 1934 war er bis Ende des Jahres Leiter des schöngeistigen Hauptlektorats und stellvertretender Leiter der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums. Von 1935 bis 1936 diente er als Beauftragter für das gesamte Pressewesen des Bundes reichsdeutscher Buchhändler. Von 1935 bis 1938 war der bekennende Nationalsozialist[2] Beisitzer der Filmprüfstelle in Berlin.[3] Schon 1939 galt er als der „in der nationalsozialistischen Schrifttumspolitik maßgebende Literaturwissenschaftler“.[4] Neben anderen Ämtern bekleidete Langenbucher in der Zeit von 1933 bis 1945 zudem das Amt des Hauptschriftleiters des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel, ab 1939 auch das des Hauptschriftleiters der Zeitschrift Schwaben. Monatshefte für Volkstum und Kultur, die – unter anderen Namen – zuvor zehn Jahre lang von August Lämmle geleitet worden war.[5]

Für Langenbucher fußte das Bekenntnis einer „nationalsozialistischen Kulturkritik“ nach eigener Aussage einzig auf dem Instinkt: „Instinkt ist die Stimme des Blutes. Es bedarf für ihn keiner verstandesmäßigen Regeln und Gesetze.“ Langenbucher sah die intellektuellen Feinde des neuen Deutschland in der Literaturkritik, in die sie sich zurückgezogen hätten und diese müsse gesäubert werden von allem, „was nicht nationalsozialistischen Geistes sei“.[6] Auch vor gezielter, denunziatorischer Ausgrenzung ihm missliebiger zeitgenössischer Schriftsteller schreckte Langenbucher nicht zurück; so schrieb er 1936 über Walter von Molo: „Wir erinnern uns wenigstens nicht, in der Kampfzeit politische oder kulturpolitische Aufsätze von Walter von Molo im ‚Völkischen Beobachter‘ und anderen nationalsozialistischen Zeitungen gelesen zu haben, erinnern uns dagegen sehr gut einer eifrigen Mitarbeitertätigkeit von Molos am ‚Berliner Tageblatt‘ zum Beispiel. Wenn man nun eine Schrift in die Hand nimmt wie die von Gustav Christian Rassy, die den Titel ‚Walter von Molo, ein Dichter des deutschen Menschen‘ trägt, dann dreht sich in einem Alten-Kämpfer-Herzen einiges um.“[7]

Im November 1946 wurde er durch die amerikanischen Besatzer festgenommen und für neun Monate im 7th Internee Prison No. 2 in Schwäbisch Hall interniert. Sämtliche Schriften Langenbuchers waren bereits im April des genannten Jahres in der Liste der auszusondernden Literatur zur Aussonderung bestimmt worden, mit Ausnahme der Dissertation von 1930 über den Minnesang.[8] Das Spruchkammerurteil vom 10. April 1948 in Crailsheim stufte ihn im Rahmen der Entnazifizierung als Mitläufer ein. In der Zeitschrift Schwäbische Heimat konnte Langenbucher nach 1950 noch Geburtstagsadressen und Nachrufe für Angehörige des nationalsozialistischen Schwäbischen Dichterkreises wie Hans Heinrich Ehrler, Ludwig Finckh, August Lämmle und Auguste Supper publizieren.[9] Von dem früheren NS-Kulturfunktionär und -Schriftsteller Gerhard Schumann geholt war er von 1951 an bis 1970 bei dem von diesem 1949 gegründeten „Europäischen Buchklub“ in Stuttgart tätig, welcher in dieser Zeit einer Auffangorganisation für Ehemalige aus der nationalsozialistischen Kulturpolitik geglichen habe,[10] und zwar zunächst als Außenlektor, dann als Programmleiter.

Veröffentlichungen

  • Das Gesicht des deutschen Minnesangs und seine Wandlungen, Heidelberg 1930 (Diss.).
  • Der Deutsche Ruf. Wort und Werk Georg Stammlers. Flarchheim 1932.
  • Volkhafte Dichtung der Zeit. Berlin 1933.
  • Friedrich Lienhard und sein Anteil am Kampf um die deutsche Erneuerung., 1935.
  • Dichtung der jungen Mannschaft. Betrachtungen zur deutschen Dichtung der Gegenwart. Hamburg 1935.
  • Nationalsozialistische Dichtung. Einführung und Übersicht. Berlin 1935.[11]
  • als Hrsg.: Die Welt des Buches. Eine Kunde vom Buch. Ebenhausen 1938.
  • Literaturwissenschaft und Gegenwartsdichtung. In: Württemberg. Schwäbische Monatshefte im Dienste von Volk und Heimat. 10, 1938, S. 486–491.
  • Die deutsche Gegenwartsdichtung. Berlin 1939.

Literatur

  • Ralf Bähre: Hellmuth Langenbucher (1905–1980). Beschreibung einer literaturpolitischen Karriere. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 47 (1997) S. 249–308.
  • Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5.
  • Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 40. Frankfurt am Main : Buchhändler-Vereinigung, 1993, ISBN 3-7657-1760-6, S. 392
  • Christian Adam: Der Traum vom Jahre Null : Autoren, Bestseller, Leser: die Neuordnung der Bücherwelt in Ost und West nach 1945. Berlin : Galiani Berlin, 2016, S. 322–326

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ralf Bähre: Hellmuth Langenbucher (1905–1980). In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 47 (1997) S. 249–308, S. 251.
  2. Wir Nationalsozialisten … In: Literaturwissenschaft und Gegenwartsdichtung (s. Werke), S. 486.
  3. Christoph König (Hrsg.), unter Mitarbeit von Birgit Wägenbaur u. a.: Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Band 2: H–Q. De Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-015485-4, S. 1056–1057.
  4. Wilhelm Gall: »Schwaben«. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der national(-)sozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Wiener Ausgabe / Wiener Beobachter. Tägliches Beiblatt zum „Völkischen Beobachter“, 9. Juli 1939, S. 9 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/vob
  5. Hellmuth Langenbucher: Im Dienst des Volkes.In: Schwaben. Monatshefte für Volkstum und Kultur 11 (1939), S. 1–4.
  6. zitiert nach Caspar, Nachwort in: Hans Fallada: Ausgewählte Werke in Einzelausgaben, hrsg. von Günter Caspar; Band 5: Wolf unter Wölfen, Berlin [u. a.]: Aufbau-Verl. 1979, S. 624
  7. Hellmuth Langenbucher: Eine Schrift über Walter von Molo. In: Nationalsozialistische Monatshefte 79 (1936), S. 924–927, S. 924 (online bei Google Books).
  8. Liste der auszusondernden Literatur. Vorläufige Ausgabe vom 1. April 1946. Hrsg. von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone. Zentralverlag, Berlin 1946, Nr. 6877 (als Transkript online bei Datenbank Schrift und Bild. 1900–1960).
  9. Registerheft der Jahrgänge 1–20 (1950–1969). In: Schwäbische Heimat 1970, Heft 4, S. 205–257, S. 233, online als PDF.
  10. Ralf Bähre: Hellmuth Langenbucher (1905–1980). Beschreibung einer literaturpolitischen Karriere. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 47 (1997) S. 249–308, S. 281 (als Vorschau online bei Google Books).
  11. 1937 in Österreich als Druckwerk, das „eine Förderung verbotener Parteien“ beinhaltet, verboten: Oesterreichische Buchhändler-Correspondenz. Nr. 10 vom 24. April 1937, S. 64 (online)