Das Kaiserliche Hofgericht Rottweil oder Hofgericht Rottweil war ein Kaiserliches Hofgericht in Rottweil des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit in Schwaben.
Geschichte
Sein Name leitet sich von dem in Rottweil gelegenen Königshof ab, erlaubt aber keine Rückschlüsse auf seine gerichtsverfassungsrechtliche Stellung. Das Gericht war für Zivilverfahren, Acht und Anleite,[1] sowie Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig. Wenn ein vorangegangenes Gerichtsurteil (eines untergebenen Gerichts, etwa ein Stadtgericht oder ein Landgericht) angefochten wurde, war es, zumindest theoretisch, die letztanrufbare Instanz für jedermann. Vorsitz am Gericht hatte der Hofrichter. Das Hofrichteramt war erblich und über viele Jahrhunderte im Besitz der Grafen von Sulz oder deren Vertreter und kam nach deren Erlöschen als Erbhofrichteramt Rottweil an die Grafen zu Schwarzenberg.
1510 war Wilhelm Werner von Zimmern Hofrichter in Rottweil. Christoph von Nellenburg-Tengen wurde auf ein Jahr befristet Hofrichter als Dank für das Erscheinen auf dem Reichstag zu Augsburg im Jahr 1530.
Das Hofgericht übte in Schwaben und weit darüber hinaus die kaiserliche Gerichtsbarkeit aus und stand damit in Konkurrenz zu der sich entwickelnden territorialen Gerichtsbarkeit der Landesherren. Insbesondere seit der Gründung des Reichskammergerichts war das Hofgericht massiven Angriffen der Reichsstände ausgesetzt, die die Möglichkeit zur Appellation an das neue Gericht nutzten, um Prozesse am Hofgericht zu unterbrechen und die Vorteile des Rottweiler Prozesses (geringere Kosten, schnellere Verfahren) zu untergraben. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts war seine Autorität nachhaltig beschädigt, auch wenn es bis zum Ende des Alten Reiches 1806 nie formell aufgehoben wurde.
Siehe auch
Literatur
- Ordnung des Hofgerichts zu Rottweil, Handschrift um 1435, Württembergische Landesbibliothek, HB VI 110 (Digitalisat)
- Ordenung und sundere gesatz des heiligen römischen reichs hofgericht zu rotweil. Straßburg 1523 (Digitalisat)
- Paul Matthias Wehner: Alte vnd Ernewerte Ordnung vnd Reformation der Römischen Keyserlichen Majestät Keyserlichen Hoffgerichts zu Rotweil. Franckfurt 1610 (Digitalisat)
- Peter Findeisen: Zur Stätte des Hofgerichts in Rottweil. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 19. Jg. 1990, Heft 3, S. 141–147; denkmalpflege-bw.de (PDF).
- Georg Grube: Die Verfassung des Rottweiler Hofgerichts. Stuttgart 1962.
- Winfried Hecht: Des hailigen richs oberstes Gericht. In: Beiträge zur Landeskunde, Beilage zum Staatsanzeiger, 1. Februar 1983, S. 9–15 (dort weitere Lit.).
- Michael Jack: Die Ehafte des Hofgerichts Rottweil vor dem Reichskammergericht. Aachen 2012.
- Ulrike Schillinger: Die Neuordnung des Prozesses am Hofgericht Rottweil 1572: Entstehungsgeschichte und Inhalt der Neuen Hofgerichtsordnung. Köln 2016.
- Hof-Gerichte zu Rothweil. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 13, Leipzig 1735, Sp. 434–436.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Anleit. In: Mittelalter-Lexikon. Anleit (mhd. anleite = Anleitung, Einsetzung; lateinisch immissio) hieß die Einführung eines Erwerbers, Pächters oder Grundholden in eine erworbene oder zu Lehen genommene Liegenschaft (z. B. ein Bauerngut, ein Grundstück, ein städt. Anwesen). Auch die gerichtliche Einweisung eines Klägers in den Besitz seines Schuldners oder eines um Schadenersatz klagenden in die Güter des Beklagten.