Als Imponierverhalten (engl.: overawing) wird in der Verhaltensbiologie ein angeborenes spezielles Drohverhalten und Lockverhalten bezeichnet, das bei rivalisierenden Geschlechtsgenossen eine einschüchternde, und auf das andere Geschlecht anziehende Wirkung ausüben soll.
Zweck
Imponierverhalten beruht grundsätzlich auf zur Schau gestellter Potenz, Vitalität oder Schönheit, die für die sich dabei siegreich behauptenden, meist männlichen Rivalen zumindest in den Paarungszeiten in der Kopulation mit den so 'eroberten' Weibchen gipfelt. Bei manchen Arten erfolgt anschließend die Bildung von Brutpaaren, welche der Sicherung der Vermehrung dienen; das männliche Imponierverhalten hingegen dient der Herausbildung einer hierarchischen Ordnung (Rangordnung), durch die sich das Natürliche Zuchtwahlgesetz erfüllt (Auslese der zur jeweiligen Umwelt optimal passenden Gene bzw. Lebewesen/ s. Darwin), die vitale Konstanz oder auch Evolution der Arten gewährleistend. Angriffe gegen rivalisierende Geschlechtsgenossen erfolgen niemals ohne vorheriges Imponieren, da sein Zweck die gegenseitige Abschätzung der Potenz ist. So sieht der stark unterlegene Kontrahent sein So-Sein in der Regel gefühlsmäßig/intuitiv sofort ein und wendet sich der Suche eines anderen Balzplatzes zu. Erst nahezu ebenbürtige Imponiergegner, die sich wechselseitig nicht einzuschüchtern vermögen, messen im konkreten Zusammenstoß ihre Kräfte, bis einer die Flucht ergreift.
Der aus der Biologie stammende Begriff wird teils auch im soziologischen Kontext auf den Menschen angewandt.
Imponierverhalten in der Verhaltensbiologie
Die Bezeichnung Imponierverhalten wurde von Oskar Heinroth zunächst als Imponiergehabe in die Verhaltensforschung eingeführt.[1]
Im Verlauf der Stammesgeschichte hat sich das Imponierverhalten wohl deshalb entwickelt, weil es – gewissermaßen durch Ritualisierung – einen offenen Kampf zwischen den Rivalen zu vermeiden hilft, indem der schwächere dem drohenden Konflikt ausweichen kann und so für beide Tiere das Verletzungsrisiko herabgesetzt wird. Gleichwohl werden häufig beim Imponieren die der Verteidigung gegen Artfeinde oder zur Jagd einsetzbaren Körperteile besonders zur Schau gestellt: Raubtiere, Flusspferde und Affen entblößen zum Beispiel ihr Gebiss. Häufig unterstützen Lautäußerungen die Drohwirkung beim Imponieren oder bilden in unübersichtlichem Gelände sogar das einzige Signal; ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Röhren der Hirsche, aber auch das Betrommeln der eigenen Brust bei Gorilla-Männchen ist Bestandteil ihres Imponierverhaltens. Ähnlich deuten Ornithologen die Reviergesänge der Vögel während der Paarungszeit. Imponierverhalten nutzt dabei häufig sexuell selektierte Ornamente, d. h. auffällige Körpermerkmale oder akustische Signale, die nach dem Handicap-Prinzip auf die körperliche Fitness des Trägers oder Senders schließen lässt.
Ein bekanntes Beispiel für Imponierverhalten kann bei Katzen beobachtet werden, die ihre Körper dem äußeren Anschein nach vergrößern, wenn sie sich langbeinig und mit gesträubtem Fell sowie mit Buckel vor einem Rivalen oder vor dem umworbenen Weibchen präsentieren.
Das Imponierverhalten von Hunden ist gleichfalls durch eine arttypische Körperhaltung gekennzeichnet: Die Beine werden durchgedrückt, so dass eine maximale Körperhöhe erzielt wird; so vorhanden wird möglicherweise auch das Fell gesträubt; Kopf und Schwanz sind erhoben und auch die Ohren sind aufgestellt; das Tier knurrt, starrt den Gegner aber nicht direkt an, sondern hat den Blick leicht zur Seite gewendet. Imponierverhalten eines Hundes gegenüber einem Menschen deutet darauf hin, dass das Tier die betreffende Person in der Rangordnung nicht als über ihm stehend einschätzt und kann daher – wenn die Halter nicht gegen dieses Fehlverhalten angehen – eines Tages in offene Aggressivität umschlagen.
Imponierverhalten beim Menschen
Auch beim Menschen gibt es Verhaltensweisen, die als Imponierverhalten gedeutet werden können, beispielsweise wenn sich eine Person frontal und breitbeinig einer anderen Person gegenüberstellt und beide Hände an die Hüfte stemmt, so dass die Ellenbogen maximal weit vom Körper abstehen, dabei zugleich den Kopf leicht nach hinten neigt (also maximal erhoben hält) und so – aus dem Blickwinkel des Gegners betrachtet – der eigene Körper scheinbar vergrößert wird. Diese Wirkung kann durch voluminöse Kleidung noch verstärkt werden, beispielsweise durch Schulterpolster, Epauletten oder weite bauschige Hosen.
Im Alltagssprachgebrauch werden auch ritualisierte menschliche Verhaltensweisen (insbesondere von Männern) als Imponierverhalten oder Imponiergehabe bezeichnet, die beim Gegenüber eine beeindruckende Wirkung erzielen sollen: wie beispielsweise dreistes Verhalten und das Protzen mit prestigeträchtigen Statussymbolen, mit erbrachten Leistungen aller Art (insbesondere vermeintlichen Heldentaten), oder die Zurschaustellung geeigneter athletischer Fähigkeiten sowie dominantes, offensives, aggressives oder normen-verletzendes Verhalten (z. B. Vandalismus). Nicht selten hat Imponierverhalten auch den Charakter einer Mutprobe (Beweis seines Mutes, zum Beispiel im Freibad durch Sprung vom 10-Meter-Brett). Die Ausprägungen und die gesellschaftliche Bewertung solcher Imponierrituale unterscheiden sich in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten erheblich. Während in einigen Milieus bestimmte Formen von Imponierverhalten regelrecht zelebriert werden, sind diese in anderen Milieus nahezu tabu. Gerade in Milieus mit hoher Formalbildung und hoher Wertschätzung von sozialem Engagement und Bildung gilt offensichtliches, zumeist körperbetontes und demonstratives Imponiergehabe, z. B. auch Geltungskonsum, als unkultiviert, primitiv und niveaulos.
Dennoch findet auch hier Imponierverhalten statt, allerdings subtiler und weniger physisch, z. B. durch bestechende Rhetorik im Smalltalk (gerade bei Männern: Smalltalk mit anderen Männern in Gegenwart einer Dame), durch außerordentliches Engagement, durch Namedropping, durch Zelebrieren einer ausgeprägten Kultiviertheit, durch dezente Hinweise auf Studienerfolge bzw. Forschungsprojekte im Gespräch (in Kreisen, in denen Bildung als Statussymbol gilt) sowie scheinbar zufälliges, aber doch auffälliges Drapieren der Pkw-Schlüssel einer Nobelmarke (sofern in dem entsprechenden gesellschaftlichen Umfeld protzige Autos nicht als materialistisch oder „neureich“ gelten und somit als niveaulos verachtet werden). Auch hier ist Imponierverhalten abhängig vom jeweiligen Wertesystem, das letztendlich darüber entscheidet, welche Handlungen oder Gegenstände zum Prestigeobjekt avancieren. Der so gezeigte Status oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht erfüllt den gleichen Zweck wie das körpersprachliche Verhalten weniger gebildeter Schichten. Im Extremfall wendet sich das ganze ins Gegenteil: Demonstrativ zur Schau gestellte Askese, demonstrativ zur Schau gestellter Konsumverzicht oder demonstrativ zur Schau gestellte Armut („ostentative Armut“) können an die Stelle von ostentativem Reichtum bzw. Konsum treten.
In einem Experiment stellten Forscher fest, dass die Toleranz von Männern für Schmerzen immer dann massiv zunahm, wenn eine attraktive junge Technikerin die Verkabelung vornahm und anschließend die Schmerz-Versuche durchführte. Übersetzt lautet die gewollte Botschaft: Ich bin jung, stark und als Erzeuger wie Beschützer außerordentlich fähig.[2]
Literatur
- Peter M. Kappeler: Verhaltensbiologie. Springer, Berlin 2012, 3. Auflage, ISBN 978-3-642-20652-8.
Einzelnachweise
- ↑ Oskar Heinroth: Über bestimmte Bewegungsweisen bei Wirbeltieren. In: Sitzungsberichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde. Berlin 1930, S. 333–343.
- ↑ Siefers Hirnwelten: Warum Frauen schwach sind. Auf: focus.de vom 29. Juli 2008.