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Justizpalast (Bayreuth)

From Wickepedia
File:Bayreuth-Justizpalast1-Bubo.JPG
Justizpalast Bayreuth, links die Fassade Wilhelminenstraße

Der Justizpalast Bayreuth ist Sitz des Landgerichts Bayreuth, die Staatsanwaltschaft und Teile des Amtsgerichts Bayreuth sind dort ebenfalls untergebracht.

Lage

File:BASA-3K-7-359-55-Courthouse.jpg
Justizpalast nach der Fertigstellung

Das Gebäude steht als Eckbauwerk an der ehemaligen Leonrodstraße und der Wilhelminenstraße, zwischen der historischen Innenstadt und dem Kasernenviertel am Südhang des Sendelbachtals. Seit dem Bau des Stadtkernrings im Jahr 1973 lautet die Anschrift Wittelsbacherring 22.

Geschichte und Beschreibung

File:Bayreuth-Justizpalast2-Bubo.JPG
Haupteingang des Justizpalasts, neben der rechten Tür das Emblem der Haager Konvention
File:Bayreuth - Justizpalast, Maskaron über dem rechten Portal.jpg
Maskaron über dem rechten Portal
File:Bayreuth - Justizpalast Bayreuth (Außenansicht).jpg
Südflügel an der Wilhelminenstraße

Die Anregung zum Gerichtsneubau ging 1898 von der Stadt Bayreuth aus. Damals war das Königliche Landgericht mit dem Schwurgericht und der Staatsanwaltschaft im Südflügel des Alten Schlosses (Ecke Maximilianstraße/Schloßberglein) untergebracht. Das Amtsgericht befand sich am Mühltürlein gegenüber der Spitalkirche. Beide Gerichte litten unter Raumnot, das Justizministerium glaubte jedoch, dem durch einen Erweiterungsbau und Mängelbehebungen begegnen zu können. Erst bei einer zweiten Inspizierung konnte der Justizminister vom notwendigen Neubau eines „Zentraljustizgebäudes“ überzeugt werden, wobei sich die Stadt zur kostenlosen Überlassung des Grundstücks verpflichtete. Zur Auswahl standen Bauplätze hinter dem Bahnhof am Stuckberg, an der Herrenwiese (östlich des Luitpoldplatzes) und an der Wolfsgasse (spätere Leonrodstraße, heutiger Wittelsbacherring). Die Wahl fiel auf die Wolfsgasse, wo die Stadt aus der sogenannten Martinspeunt 0,6 ha für 47.020 Mark erwarb. Nach der Genehmigung der Baupläne des Architekten Adolf Fröhlich durch die Königlich Oberste Baubehörde in München und die Festsetzung eines verbindlichen Kostenvoranschlags von 690.000 Mark beauftragte das Justizministerium die Regierung von Oberfranken mit der Bauausführung.[1]

Der Justizpalast wurde am 15. Dezember 1904 eingeweiht. Er wurde ab 1901 im historisierenden Jugendstil mit barocken Elementen errichtet, die Außenfassade wurde am 12. Dezember 1984 in das Verzeichnis der geschützten Kulturgüter der Haager Konvention aufgenommen. Im Wappen über dem Hauptportal befindet sich – schlecht lesbar – der Spruch „Suum cuique“. Das Treppengeländer des Haupttreppenhauses besteht aus Marmor. Als bauliches Glanzstück des Gebäudes stellt der Schwurgerichtssaal im zweiten Stock ein überragendes Zeugnis des Jugendstils dar.[2] Er ist mit Textilverspannungen und Holzvertäfelungen verziert; die Decke ist mit Stuck sowie einem Glasmosaikfeld aus Opal und Opaleszentglas versehen, dessen symbolisiertes Spinnennetz bedeuten soll: „Hier fängt sich der Verbrecher“.[2]

Die Nutzfläche des Bauwerks beträgt 5558 Quadratmeter. In der Fassade wurden ca. 9500 Sandsteinquader verbaut, ursprünglich gab es 462 Fenster. Die vom bayerischen Staat getragenen Baukosten beliefen sich auf 786.332 Mark.[3] Am 13. Dezember 1904 fand im alten Amtsgericht die letzte Verhandlung statt, tags darauf erfolgte der Umzug in das neue Gebäude.[2]

In seiner wechselvollen Geschichte beherbergte der Justizpalast mehrere Gerichte. Bis 1924 stand vor allem die Tätigkeit des Oberfränkischen Schwurgerichtshofs, der vierteljährlich im Saal 115 tagte, im Blickpunkt der Öffentlichkeit.[1] In der Zeit des Nationalsozialismus wurde am 20. Juni 1942, insbesondere zur „raschen Erledigung“ bestimmter politischer Straftaten, ein „Sondergericht“ eingerichtet, dessen Urteile – bei starker Einschränkung der Beschuldigtenrechte – in der Regel nicht anfechtbar waren. Im Saal 100 des Justizpalasts der damaligen „Gauhauptstadt“ des Gaus Bayreuth wurden Verfahren gegen 255 Angeklagte durchgeführt, die in 14 Fällen mit der Verhängung der Todesstrafe endeten. Bis zum 7. Februar 1943 war Hans Willy Schmitt vorsitzender Richter, ihm folgte auf eigenen Wunsch der Landgerichtspräsident Rudolf Brehm. Letzterer verurteilte noch am 9. April 1945 zwei junge holländische Zwangsarbeiter zum Tode, weil sie aus einem von Fliegerbomben zerstörten Haus mehrere Stück Seife mitgenommen hatten. Willem Dumortier und Cornelius Müller wurden tags darauf, vier Tage vor den Einmarsch der Amerikaner, erschossen. Brehm, seit 1922 Mitglied der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, wurde 1949 in einem Spruchkammerverfahren als Mitläufer eingestuft; 1950 erteilte ihm das Justizministerium die Zulassung als Rechtsanwalt.[4]

Im Herbst 1944 tagte der Volksgerichtshof mehrfach im Sitzungssaal 100. Am 5. Februar 1945 ordnete Hitler an, dessen für Hoch- und Landesverrat zuständigen Senate von Berlin nach Bayreuth auszulagern. 221 politische Häftlinge, darunter 28 Frauen, trafen daher am 17. Februar im örtlichen Zuchthaus ein.[5] Die sich überschlagenden Kriegsereignisse verhinderten jedoch die Realisierung dieses Vorhabens. Am 8. April wurde der Justizpalast von mehreren Brandbomben getroffen, die aber rechtzeitig gelöscht werden konnten.[1]

Am 14. April 1945 nahmen die US-Truppen die Stadt ein; bis zum 11. Juni 1947 diente ihnen der Justizpalast als Hauptquartier. Am 1. Juli 1946 durfte die Justiz zunächst einen Teil des Gebäudes im zweiten Obergeschoss wieder beziehen. Von Juni 1947 bis Februar 1949 wurden im Rahmen der Entnazifizierungsverfahren die Spruchkammern I bis III untergebracht. Am 13. Juli 1948 wurde wegen Raubmords das letzte Todesurteil in Bayreuth ausgesprochen, aber nicht mehr vollstreckt.

1950 kehrten im Justizpalast „wieder normale Geschäftsverhältnisse“ ein. Wegen Raummangels wurden in jüngerer Zeit Geschäftsbereiche auf drei weitere Gebäude in der nahen Umgebung ausgelagert.[1]

Im Jahr 2015 arbeiteten an den verschiedenen Gerichten im Gebäude mehr als 130 Personen, davon waren 23 Richter. 2014 wurden bei der Eingangskontrolle nahezu 1200 Gegenstände konfisziert, darunter 708 Messer und eine Schusswaffe.[3]

Einzelnachweise

  1. 1.0 1.1 1.2 1.3 Kurt Herterich: Durchs südwestliche Bayreuth. 1. Auflage. Ellwanger, Bayreuth 2001, ISBN 3-925361-39-1, S. 19 ff.
  2. 2.0 2.1 2.2 Bernd Mayer: Ein monumentales Dreigestirn in: Heimatkurier 4/2004 (Beilage des Nordbayerischen Kuriers), S. 13.
  3. 3.0 3.1 Der Justizpalast in: Nordbayerischer Kurier vom 16. September 2015, S. 16
  4. Justiz arbeitet NS-Vergangenheit auf in: Nordbayerischer Kurier vom 26. August 2021, S 10.
  5. Helmut Paulus: Die schauerlichen Pläne der NS-Justiz. In: Heimatkurier – das historische Magazin des Nordbayerischen Kuriers, Heft 2/2005, S. 8 und 9

Weblinks

Commons: Justizpalast Bayreuth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 56′ 24,2″ N, 11° 34′ 18,9″ O

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