Ein Kassiber (Rotwelsch kassiwe, aus dem Hebräischen entlehnt, letztlich auf die auf Schrift bezogene hebräische/semitische Wurzel כ־ת־ב k-t-b zurückgehend) ist eine geheimgehaltene schriftliche Mitteilung eines Gefangenen an andere Gefangene oder aus dem Gefängnis heraus an die Außenwelt. Die Nachricht kann auch in Zeichensprache statt in Schriftform gehalten sein. In Deutschland ist die Übermittlung solcher Nachrichten gemäß § 115 OWiG eine Ordnungswidrigkeit.
Beispiele
Wegen ihres Widerstandes gegen das NS-Regime inhaftierte Kommunisten organisierten mittels Kassiber widerspruchsfreie Aussagen.[1] Des Weiteren gelang es dem NS-Kriegsverbrecher Albert Speer in seinen 20 Jahren Haft, Kassiber von etwa 20.000 Blatt[2] aus dem Kriegsverbrechergefängnis Spandau herausschmuggeln zu lassen. In der deutschen Rechtsgeschichte ist vor allem das Herausschmuggeln von Nachrichten der RAF-Gefangenen (bspw. durch deren Anwälte) in Stammheim unter dem Begriff Kassiber bekannt geworden.
Literatur
- Werner von Koppenfels (Hrsg.): Aus den Kerkern Europas. Poetische Kassiber von Villon bis Pound. C.H. Beck, München 2014. ISBN 978-3-406-66800-5.
Fußnoten
- ↑ Elke Pudszuhn: Widerstand und Verfolgung in Zella-Mehlis 1933–1945. Ein Beitrag zum 100. Jubiläum der Stadt Zella-Mehlis am 01. April 2019. In: Förderverein Stadtarchiv Zella-Mehlis e.V. (Hrsg.): 100 Jahre Zella-Mehlis. Beiträge zur Geschichte. Zella-Mehlis 2019, S. 152.
- ↑ Vgl. Heinrich Breloer (Reg.): Speer und Er · Nachspiel: Die Täuschung. Dokumentarfilm, 88 Min., Bavaria Film GmbH, München 2005, Min. 0:45 sowie Min. 1:25 und passim
Weblinks
- Lena Bopp: Kassiber-Ausstellung in Marbach: Nicht für das Tageslicht, doch für die Ewigkeit, FAZ.NET, 30. September 2012.