Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben (KBS) ist in der Wirtschaft die schriftliche Bestätigung eines mündlichen Vertragsabschlusses unter Kaufleuten. Das Rechtsinstitut des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist inzwischen gewohnheitsrechtlich anerkannt.
Allgemeines
Der Inhalt des von dem einen Vertragspartei zugesandten Bestätigungsschreibens gilt als vom anderen angenommen, wenn dieser nicht unverzüglich widerspricht, auch wenn die Bestätigung den mündlichen Vertrag falsch wiedergibt. Es kommt nicht darauf an, ob die Bestätigung als Brief, Fax oder E-Mail verschickt wird.[1] Der römisch-rechtliche Grundsatz „wer schweigt, scheint zuzustimmen“ (lateinisch qui tacet consentire videtur) gilt im deutschen Recht nur ausnahmsweise beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben.
Im Privatrecht gilt ansonsten der Grundsatz, dass bloßes Schweigen keine Willenserklärung darstellt. Einige Ausnahmen (sog. „normiertes“ oder „beredtes“ Schweigen) sieht das Handelsrecht vor.[2] Im Rahmen von Handelsgeschäften zwischen Kaufleuten kommt dem Schweigen hier eine stärkere Bedeutung zu. Dem im Handelsgesetzbuch (HGB) nicht ausdrücklich geregelten kaufmännischen Bestätigungsschreiben muss ein Kaufmann unter bestimmten Voraussetzungen unverzüglich widersprechen, wenn er den Inhalt dieses Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Reagiert er nicht auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben und schweigt, so darf dies als Annahme gewertet werden.
Formelle Voraussetzungen
Das Wort „Bestätigungsschreiben“ bringt zum Ausdruck, dass es sich um eine Bestätigung in schriftlicher Form handelt, worin der Absender mitteilt, dass er mit dem Empfänger mündlich/telefonisch einen Vertrag geschlossen habe.[3] Der Zusatz „kaufmännisch“ weist darauf hin, dass derartige Bestätigungsschreiben nur im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten die zugeschriebenen Rechtsfolgen entfalten können. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern treten seine Rechtsfolgen nicht ein. Damit ist das KBS eine als Handelsbrauch (§ 346 HGB) anerkannte Sonderform des rechtsgeschäftlichen Schweigens.
Auch wenn ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im Rechtssinne nicht zwingend als solches bezeichnet werden muss,[4] macht die Verwendung der im kaufmännischen Rechtsverkehr geläufigen Terminologie den Empfänger doch auf die Rechtserheblichkeit des Schreibens aufmerksam. Vermeidet der Absender demgegenüber die im Geschäftsverkehr übliche Wortwahl, so hat das Schweigen seines Geschäftspartners nur dann die Rechtsqualität einer Zustimmung, wenn sich die Funktion als Bestätigungsschreiben aus seinem Inhalt unmissverständlich ergibt.
Die Wirkungen des KBS treten nur unter den folgenden Bedingungen ein:[5]
- Der Empfänger muss Kaufmann sein oder zumindest in größerem Umfang am Geschäftsleben teilnehmen. Der Absender muss dagegen zwar nicht zwingend Kaufmann sein, wohl aber einem solchen vergleichbar am Verkehr teilnehmen.[6]
- Es müssen tatsächlich Vertragsverhandlungen dem Bestätigungsschreiben vorangegangen sein.
- Das kaufmännische Bestätigungsschreiben muss alsbald nach den Vertragsverhandlungen versandt werden, so dass der Empfänger auf das Eintreffen vorbereitet ist.
- Das Schreiben muss den früheren Vertragsschluss unter Wiedergabe des Vertragsinhaltes bestätigen.
- Selbstverständlich muss das Schreiben dem Empfänger auch zugehen (vgl. § 130 BGB).
- Der Absender muss der Meinung sein, dass der Inhalt des Schreibens der Vereinbarung entspricht oder nur solche Abweichungen enthält, die der Empfänger billigt (Redlichkeit des Absenders ist also erforderlich).
- Der Empfänger darf nicht unverzüglich widersprochen haben.
Ein KBS setzt also regelmäßig voraus, dass Vertragsverhandlungen vorangegangen waren,[7] und deshalb jedenfalls ein geschäftliches Gespräch über den schriftlich „bestätigten“ Vorgang stattgefunden haben muss. Der Empfänger eines KBS braucht allerdings dann nicht zu widersprechen, wenn sich der Inhalt des Schreibens so erheblich von dem Verhandlungsergebnis entfernt, dass der Absender mit dem Einverständnis des Empfängers redlicherweise nicht rechnen konnte.[8]
Schweigen des Kaufmanns auf ein Angebot
Die Regelung des § 362 HGB gilt nicht nur zwischen Kaufleuten.[9] Hiernach gilt Schweigen auf das Angebot als Annahme, auch im Rahmen von Handelsbräuchen ist Schweigen als Annahme zu deuten. Innerhalb einer kaufmännischen Geschäftsbeziehung oder bei einer Aufforderung des Kaufmanns zur Abgabe eines Angebots werden dem Kaufmann besondere Pflichten auferlegt. Er muss auf das Angebot reagieren, sonst gilt sein Schweigen als Annahme. Die Vorschrift kennt zwei Varianten:
- § 362 Abs. 1 Satz 1 HGB (Angebot innerhalb ständiger Geschäftsbeziehung):
Das vom Kaufmann betriebene Handelsgewerbe muss die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringen. Erfasst hiervon werden die Handelsgeschäfte Kommissionsgeschäft, Speditionsgeschäft, Lager- und Frachtgeschäft, Makler- und Treuhandverträge sowie insbesondere Bank- und Börsengeschäfte.[10] Zudem muss der dem Kaufmann gemachte Antrag eine solche Geschäftsbesorgung zum Inhalt haben. Ferner ist eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen dem Kaufmann und dem Antragenden erforderlich. Diese liegt vor, wenn unter Kaufleuten eine Reihe von rechtsgeschäftlichen Kontakten erfolgt ist und eine Übereinstimmung besteht, fortgesetzt Geschäfte miteinander abzuschließen.[11]
- § 362 Abs. 1 Satz 2 HGB (Aufforderung zur Abgabe eines Angebots; „invitatio ad offerendum“):
Der erforderliche Antrag auf Besorgung eines Geschäftes entspricht dem des § 362 Absatz 1 Satz 1 HGB. Statt des besonderen Gegenstands des Handelsgewerbes und der ständigen Geschäftsbeziehung ist ein Anbieten der Geschäftsbesorgung gegenüber dem Antragenden erforderlich. Darunter ist eine invitatio ad offerendum zu verstehen, die allerdings individuell und nicht an einen unbestimmten Personenkreis (lateinisch Offerta ad incertas personas) gerichtet sein muss. Ansonsten wäre nämlich jedes Angebot auf eine Werbung ein Fall des § 362 HGB. Ein derart weiter Anwendungsbereich ist indes gesetzlich nicht gewollt, weil dies eine zu weitgehende Einschränkung der Privatautonomie darstellen würde; jede Werbung hätte demnach zur Folge, dass Angebote unverzüglich abgelehnt werden müssten.
Wirkungen
Gibt das kaufmännische Bestätigungsschreiben den Inhalt eines tatsächlich bei den vorangegangenen Verhandlungen geschlossenen Vertrages wieder, hat es lediglich deklaratorische Wirkung. Lag entgegen der Sicht des Verfassers des KBS noch kein Vertrag vor, wirkt das Bestätigungsschreiben konstitutiv, d. h. der Vertrag entsteht erst durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben.
Abzugrenzen ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben von der Auftragsbestätigung, bei der durch den Zugang erst ein Vertrag zustande kommt, währenddessen bei dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben der Absender bereits von einem Vertragsschluss ausgeht.
Schweiz
Auch in der Schweiz kann das kaufmännische Bestätigungsschreiben konstitutive Rechtskraft entfalten, wenn ihm nicht rechtzeitig widersprochen wird und es nicht derart vom Verhandlungsergebnis abweicht, dass nach Treu und Glauben kein Einverständnis des Empfängers erwartet werden darf.[12]
Einzelnachweise
- ↑ Otto Palandt/Jürgen Ellenberger: Kommentar BGB. Hrsg.: Otto Palandt. 79. Auflage. 2020, S. 447, § 147, Rdnr. 11.
- ↑ Martina K. Deckert, Das kaufmännische und berufliche Bestätigungsschreiben, Juristische Schulung 1998, 121 ff.; Tobias Lettl, Das kaufmännische Bestätigungsschreiben, JuS 2008, 849 ff.
- ↑ Peter Gauch: Von der konstitutiven Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens. (PDF; 220 kB) In: Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht. 1991, S. 177 ff, archiviert vom am 12. Oktober 2013 .
- ↑ BGHZ 54, 236, 239
- ↑ Hans Brox/Wolf-Dietrich Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 33. Auflage 2009, Rdnr. 197
- ↑ BGHZ 40, 42 ff.
- ↑ BGHZ 54, 236, 239 f.
- ↑ BGH NJW-RR 2001, 680, 681
- ↑ Hans-Werner Eckert: Handelsgesetzbuch Kommentar. Hrsg.: Detlev Joost/Lutz Strohn. 3. Auflage. EBJS/Eckert HGB § 362 Rn. 7-10, beck-online. München 2015, ISBN 3-8006-5682-5.
- ↑ Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 19 II 2 d)
- ↑ Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 20 I 3 d)
- ↑ BGE 114 II 250. Schweizerisches Bundesgericht, 27. Oktober 1988 .