Klientelismus ist ein System personeller, ungleicher Abhängigkeitsbeziehungen in politischen Apparaten, zwischen einflussreichen Personen und ihren Klienten auf der Grundlage von Leistung und Gegenleistung. Betrachtet man diese Form asymmetrischer Beziehung von Seiten der einflussreichen Person aus, spricht man auch von Patronage.
Der Klientelismus ist ein Organisationsschema mit zugleich feudalistischen und familiaristischen Strukturelementen. Er ist eine Sonderform parochial – partizipatorischer (politischer) Kultur, die von der anthropologischen Analyse aus gesehen einzig eine Tauschbeziehung zwischen zwei Personen mit ungleich verteilten Machtchancen darstellt. Diese Tauschbeziehung beruht auf der Basis gegenseitiger Interessen und wechselseitiger Hilfe.
Geschichte
Die Klientel (lateinisch clientela, ursprünglich juristische Institution des Schutzverhältnisses[1]) ist eine Gruppe von Klienten, im Alten Rom wie heute noch als die Person, die einen Anwalt befragt oder für sich sprechen lässt (cluere: hören, gehorchen). Im Mittelalter wurde bei der Weiterverwendung römischen Rechts auch die Bezeichnung „cliens“ und „advokatus“ beibehalten. In politischer Hinsicht ist der Klientelismus ein Vorläufer der indirekten Demokratie, da der Patron Verantwortung für das Wohl und die Sicherheit seiner Klientel gewährleistet und im Tausch Nahrung und Arbeit erhält (d. h. Steuern, Ernten, Frondienste und Truppen zur Verteidigung).
Politischer Klientelismus
Politischer Klientelismus bezeichnet den Tausch von Gefälligkeiten, Gütern und Dienstleistungen von Seiten parteipolitischer Führungspersönlichkeiten gegen politische Unterstützung oder Loyalität, etwa in Form von Wahlstimmen, von Seiten der Klienten. Sehr verbreitet ist diese Praxis bis heute in Lateinamerika, bekannt für modernen politischen Klientelismus ist z. B. die Peronistische Partei in Argentinien. Gerade in armen Stadtvierteln werden Abhängigkeiten geschaffen, indem etwa Sozialleistungen von der Gemeindeverwaltung über Mittler (englisch: Broker) an die Bedürftigen verteilt werden und sich so die politische Unterstützung für den bevorzugten Kandidaten gesichert wird, indem z. B. der Erhalt von Lebensmitteln oder Medikamenten an den Besuch von Parteiveranstaltungen gekoppelt wird.
Der Historiker Heinz A. Richter hält den Klientelismus für das wesentliche konstitutive Element aller Balkanstaaten, die unter dem Muhtar-System des Osmanischen Reiches gestanden haben, inklusive Griechenlands.[2][3]
Der politische Klientelismus ist eine Form der Korruption.[4][5]
Verwandte Begriffe
Weblinks
- Andres Jouannet Valderrama: Politische Parteien in Lateinamerika. Strukturen und Innenleben im Kontext der marktwirtschaftlichen Reformen Heidelberg, Univ.-Diss., 2004 (S. 41–44)
Einzelnachweise
- ↑ Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 179 f.
- ↑ Rainer Hermann: Fessel Klientelismus. Finanzhilfen allein retten Griechenland nicht. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. August 2012, S. 10
- ↑ Information und Musik, Deutschlandfunk, 22. Februar 2015
- ↑ Manfred G. Schmidt: Wörterbuch zur Politik (= Kröners Taschenausgabe. Band 404). Kröner, Stuttgart 1995, ISBN 3-520-40401-X.
- ↑ Eva Kreisky: Korruption ( des vom 31. Januar 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Glossar, 2005