Die Liste der Klassischen Philologen an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg zählt namhafte Hochschullehrer des Faches Klassische Philologie auf, die an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg wirkten und wirken.
Geschichte
Die Klassische Philologie wurde in Heidelberg durch den Philologen und Archäologen Friedrich Creuzer (1771–1858) begründet, der seit 1804 den Lehrstuhl für Philologie und alte Geschichte innehatte. Er gründete 1807 nach dem Vorbild der Universitäten Göttingen und Halle das Philologische Seminar, das von 1809 bis 1818 mit einem Pädagogischen Seminar verbunden war. Das Philologische Seminar diente vorrangig der Lehrerausbildung, stellte aber auch eine akademische Ausbildungsstätte dar. Nach seiner ursprünglichen Ordnung bestand es aus zehn studentischen Mitgliedern, von denen sieben aus Baden kommen mussten; die übrigen drei Plätze wurden an auswärtige Studenten vergeben. Die Seminarmitglieder erhielten ein jährliches Stipendium von 50 Gulden. Neben Creuzer wirkten an der Universität von 1806 bis 1822 Heinrich Voß, von 1807 bis 1811 August Boeckh und von 1821 bis 1872 Johann Christian Felix Bähr als Professoren. Nach Creuzers Eintritt in den Ruhestand (1845) ging die Seminarleitung an seinen Kollegen Bähr über. Creuzers Nachfolger Karl Zell war ebenfalls Professor für Philologie und Archäologie.
Mit der Etablierung der neuen Philologien (Germanistik, Anglistik) um 1852 wurde das Philologische Seminar zum Klassisch-Philologischen Seminar umbenannt. 1865 wurde das Seminar auf Hermann Köchlys Initiative neu organisiert: Die Beschränkung der Mitgliederzahl wurde aufgehoben und alle Studenten der Klassischen Philologie durften an den Übungen des Seminars teilnehmen. Das Seminar verfügte über einen eigenen Etat, eigene Räume und eine eigene Bibliothek.
Die Archäologie war zu dieser Zeit noch am Philologischen Seminar angesiedelt, aber 1866 wurde ein eigenständiges Archäologisches Institut eingerichtet, in dem auch Alte Geschichte und Kunstgeschichte gelehrt wurden (siehe Liste der Klassischen Archäologen an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und Liste der Althistoriker an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg). Die Alte Geschichte erhielt erst 1891 ein eigenes Institut. Im Zuge der Reform der Philosophischen Fakultät wurde 1877 die Zahl der Lehrstühle für Klassische Philologie auf zwei festgelegt. Am Seminar wurde 1878 eine Assistentenstelle eingerichtet, die erste Assistentenstelle an der Universität, deren erster Inhaber Samuel Brandt bis 1919 an der Universität wirkte.
Nach Köchlys Tod (1876) war sein Nachfolger Fritz Schöll über 40 Jahre lang Professor in Heidelberg. Neben ihm wirkte ebenso lange der Direktor des Lyceums, Köchlys Freund Gustav Uhlig, als Honorarprofessor für Philologie an der Universität. Uhlig war der erste Vertreter der wissenschaftlichen Pädagogik und Didaktik an der Universität Heidelberg. Der bedeutendste Fachvertreter im späten 19. Jahrhundert war Erwin Rohde, ein ausgewiesener Kenner der griechischen Literatur und Kultur, der auf dem Gebiet der Literaturwissenschaft und der Religionswissenschaft neue Bahnen einschlug und mit seinen Schülern großen Einfluss auf die Klassische Philologie ausübte. Rohde blieb in Heidelberg bis zu seinem Tod 1898.
Um die Jahrhundertwende wurde auch eine Nachbardisziplin der Altertumswissenschaften in Heidelberg zusehends wichtig: die Papyrologie. Durch den Ankauf von Papyri und Ostraka baute die Universität ab 1897 kontinuierlich eine Papyrussammlung auf, die vor allem auf die Initiative des Oberbibliothekars und Honorarprofessors Karl Zangemeister zurückging. Im 20. Jahrhundert machten sich Otto Gradenwitz, Friedrich Preisigke, Gustav Adolf Gerhard, Friedrich Bilabel und Karl Preisendanz um den Aufbau und die wissenschaftliche Erschließung der Papyrussammlung verdient.
Die Lehrstuhlinhaber der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzten verschiedene Forschungsschwerpunkte. Otto Crusius vertrat eine breit angelegte Altertumswissenschaft, Albrecht Dieterich, Otto Weinreich und Karl Meister betrieben Sprachforschung und Religionswissenschaft, Franz Boll erforschte außerdem die antike Astrologie und Astronomie. Ab 1925 war mit Otto Regenbogen ein Wilamowitz-Schüler an der Universität tätig, der sich für ein neues Verständnis der Antike im Sinne von Werner Jaegers Drittem Humanismus stark machte. Regenbogen wurde in der Zeit des Nationalsozialismus wegen seiner jüdischen Ehefrau 1935 seines Amtes enthoben und durch Hildebrecht Hommel ersetzt. Im selben Jahr wurde auch dem Honorarprofessor Samuel Brandt wegen seiner jüdischen Herkunft die Lehrbefugnis entzogen, obwohl er bereits seit 1919 keine Vorlesungen mehr hielt.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg differenzierte sich das Heidelberger Seminar für Klassische Philologie weiter aus. 1957 gründete Walther Bulst das Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters, das seitdem als eigenständiges Institut existiert. Die langjährigen Lehrstuhlinhaber für Klassische Philologie Otto Regenbogen, Viktor Pöschl, Uvo Hölscher, Franz Dirlmeier, Albrecht Dihle und Michael von Albrecht gehörten zu den angesehensten Fachvertretern ihrer Generation. Das Seminar hatte zeitweise vier Lehrstühle für Klassische Philologie. 1981 wurde für das Heidelberger Institut für Papyrologie ein eigener Lehrstuhl geschaffen, den zuerst Dieter Hagedorn innehatte.
1981 wurde auch ein Lehrstuhl für Lateinische und Griechische Sprachwissenschaft umgewidmet und ist damit in Deutschland der einzige Lehrstuhl mit dieser Lehrumschreibung. Der erste Lehrstuhlinhaber nach der Umwidmung war Hubert Petersmann. Der (zweite) Lehrstuhl für Griechische Philologie wurde zur griechischen Literaturwissenschaft bestimmt. Daneben existiert noch ein Lehrstuhl für lateinische Literaturwissenschaft.
Liste der Klassischen Philologen
Angegeben ist in der ersten Spalte der Name der Person und ihre Lebensdaten, in der zweiten Spalte wird der Eintritt in die Universität angegeben, in der dritten Spalte das Ausscheiden. Spalte vier nennt die höchste an der Universität Heidelberg erreichte Position. An anderen Universitäten kann der entsprechende Dozent eine noch weitergehende wissenschaftliche Karriere gemacht haben. Die nächste Spalte nennt Besonderheiten, den Werdegang oder andere Angaben in Bezug auf die Universität oder das Institut. In der letzten Spalte stehen Bilder der Dozenten.
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Literatur
- Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932. Berlin/Heidelberg 1986, ISBN 978-3-540-15856-1
- Eike Wolgast: Die Universität Heidelberg 1386–1986. Berlin 1986, S. ?.
- Angelos Chaniotis, Ulrich Thaler: Die Altertumswissenschaften an der Universität Heidelberg 1933–1945. In: W. U. Eckart, V. Sellin, H. Wolgast (Hrsg.): Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus. Berlin 2006, S. 391–435 (Digitalisat).
- Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1933–1986. Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-88834-5