Als Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) wird in Deutschland eine Organisationseinheit des Bundeskartellamts bezeichnet, die an Tankstellen weitestgehend Markttransparenz herstellen soll, indem sie die Marktpreise für fossile Kraftstoffe (Benzin und Diesel), Elektrizität und Gas erfasst und Spritpreis-Apps zur Verfügung stellt. Die Institution nahm Ende 2013 den Regelbetrieb auf.[1]
Hintergrund
Bereits im Mai 2012 forderte die Monopolkommission der deutschen Bundesregierung mit Unterstützung des ADAC völlige Offenheit durch Übertragung der jeweils aktuellen Spritpreise an Mobiltelefone und Navigationsgeräte in Echtzeit.[2] Das für eine derartige Regelung notwendige Gesetz wurde am 8. November 2012 vom Deutschen Bundestag beschlossen und eine Realisierung ab Januar 2013 angekündigt.[3] Tatsächlich wurde Ende März 2013 bekannt, dass sich die Inbetriebnahme aufgrund der hohen Komplexität des IT-Projekts bis zum Jahresende 2013 verzögern könnte[4], was dann auch so eingetreten ist. Es wurde ein Gesetz zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas geschaffen. Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wurde ein § 47k geschaffen. Des Weiteren wurde eine Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K-VO)[5] geschaffen, die am 29. März 2013 in Kraft getreten ist.[6] Ferner wurde eine Allgemeinverfügung am 29. Juli 2013[7] sowie eine Ergänzungsverfügung am 2. Oktober 2013[8] erlassen. (→ Kapitel Rechtsgrundlage). Ende 2013 nahm die Markttransparenzstelle den Regelbetrieb auf.
Umsetzung
Die Daten können direkt oder über Verbraucherportale sowie Apps (auch von Drittanbietern) abgerufen werden. Bis zur Inbetriebnahme der Markttransparenzstelle existierende Angebote basierten auf von Verbrauchern hochgeladenen Informationen, sodass vor allem eine Verbesserung der Verlässlichkeit sowie die Schaffung einer Vertrauensbasis angestrebt wurde.[3] Mit dem Start des Probebetriebs am 12. September 2013 waren bereits mehr als 13.000 von rund 14.500 Tankstellen in Deutschland an das System angeschlossen und lieferten in kurzen Zeitabständen ihre Preisdaten an den Mobilitäts-Daten-Marktplatz der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)[9], die sie unverändert an zunächst vier Verbraucherportale weitergab.[10]
Ende Januar 2013 legte das BMWi den Entwurf einer Rechtsverordnung vor, in der nähere Einzelheiten geregelt werden.[11] So enthielt der Entwurf konkrete Vorgaben zur Meldepflicht der Mineralölunternehmen bzw. Betreiber von öffentlichen Tankstellen, die „innerhalb von fünf Minuten jede Änderung der Preisdaten […] elektronisch an die Markttransparenzstelle übermitteln“ sollen. Die Daten sollen dann kostenlos den „so genannten Verbraucher-Informationsdiensten (z. B. ADAC, clever-tanken, Herstellern von Navigationsgeräten, Anbietern von Smartphone-Apps, Betreibern von Internet-Seiten)“ zur Verfügung gestellt werden. Auch die Rechte der Verbraucher wurden gestärkt, indem ihnen eine Beschwerdemöglichkeit eingeräumt wird, sollten „die vom Verbraucher-Informationsdienst angegebenen Preise nicht mit den tatsächlichen Preisen an der Tankstelle“ übereinstimmen. Zuständig für die Entgegennahme der Beschwerden sind ebenfalls die bereits genannten Verbraucher-Informationsdienste, die die Beschwerden sammeln und monatlich an die Markttransparenzstelle weiterleiten. Diese kann im Extremfall auch Bußgelder gegen Tankstellen verhängen.[12]
Regelbetrieb
Der Regelbetrieb wurde am 1. Dezember 2013 aufgenommen.[13] Grundlage ist die gesetzliche Verpflichtung zur regelmäßigen Bekanntgabe der Preise an die Markttransparenzstelle, die diese Angaben dann konsolidiert und über entsprechende Kommunikationswege – hier vor allem über das Internet – strukturiert veröffentlicht. Durch die auf diese Weise verfügbar gemachten Preisinformationen sollen vor allem kurzfristige Preissprünge sowie größere Preisunterschiede zwischen einzelnen Anbietern verhindert, aber auch ggf. vorhandene Preisstrategien der Anbieter identifiziert werden.[3] Bereits seit längerem existiert eine ähnliche Regelung auch in Österreich, wobei dort eine Erhöhung der Preise nur einmal am Tag um 12 Uhr zulässig ist.[14]
Unterstützte Verbraucherportale im Internet
Mit Beginn des Probebetriebs am 12. September 2013 hat das Bundeskartellamt zunächst vier Verbraucher-Informationsdienste zugelassen, die entsprechende Daten über den Server der Transparenzstelle erhielten.[15] Ende September 2013 kamen ein fünfter sowie ein sechster Anbieter hinzu. Obwohl bis Ende September 2013 weit mehr als hundert Anträge auf Zulassung als Verbraucherinformationsdienst bei der Markttransparenzstelle eingingen,[16] wurden bis Mitte Februar 2014 nur 13 Dienste von der Markttransparenzstelle zugelassen.[17] Mitte Mai 2016 war die Anzahl allerdings schon auf 53 angewachsen.[18] Das Bundeskartellamt bietet eine stets aktuelle Übersicht der zugelassenen Verbraucher-Informationsdienste auf seiner Internetseite.[19]
Open Data
Seit 2014 stehen die Daten als Open Data unter einer Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung.[20]
Rechtsgrundlage
Die rechtliche Basis der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe bildet der § 47k GWB mit dem Titel Marktbeobachtung im Bereich Kraftstoffe. Danach sind „Betreiber von öffentlichen Tankstellen, die Letztverbrauchern Kraftstoffe zu selbst festgesetzten Preisen anbieten, […] verpflichtet, […] bei jeder Änderung ihrer Kraftstoffpreise diese in Echtzeit und differenziert nach der jeweiligen Sorte an die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe zu übermitteln“. Dies gilt gemäß Absatz 3 ausschließlich für Ottokraftstoffe (Sorte E5 und E10) und Dieselkraftstoffe. Für die Erfüllung ihrer Aufgaben wurden der Markttransparenzstelle darüber hinaus in § 47k Abs. 7 GWB Befugnisse gemäß § 59 GWB eingeräumt, d. h. angefragte Unternehmen sind ihr grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet.
Die auf Grund von § 47k Abs. 8 GWB am 22. März 2013 erlassene Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-Kraftstoff-Verordnung)[21] stellt nähere Vorgaben zur Meldepflicht der Tankstellenbetreiber und der Weitergabe der Preisdaten durch die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe an Verbraucherinformationsdienste auf.
Kritik an der Transparenzstelle
Die Untersuchung „Benzinpreismeldestelle und Tankstellen-Marketing 2013“, die zu Beginn des Jahres 2013 im Auftrag der Universität St. Gallen durchgeführt wurde, lieferte auf der Basis von 9.000 befragten Tankstellenbetreibern die Erkenntnis, dass ein günstiger Preis für Kraftstoffe allein nicht den Ausschlag für oder gegen die Nutzung einer bestimmten Tankstelle gebe. Vielmehr sei eine Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren (Bonuspunkte, Tankkarten, eine angeschlossene Waschstraße, Produkte im Shop etc.) für die letztliche Wahl der Tankstelle entscheidend. Befürchtet wurde darüber hinaus, dass durch die Tätigkeit der Transparenzstelle – anders als politisch beabsichtigt – kein harter Preiswettbewerb entsteht, sondern es im Gegenteil dazu führen könnte, „dass sich ein sehr auskömmliches Preisniveau einpegelt“ und dass es einfacher für die Tankstellen sein könnte, „gute Margen“ durchzusetzen. Daher sei zu befürchten, dass die Transparenzstelle das hohe Preisniveau lediglich dokumentieren, aber nicht beeinflussen könne.[22] Noch kritischer argumentiert eine Studie der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners: Die Regulierung nütze den Konzernen, Verlierer seien die freien Tankstellen.[23]
Die Verbraucherzentrale NRW kritisierte, dass Autogas (LPG) und Erdgas (CNG) nicht erfasst würden. Zudem hätten kleinere Tankstellen die Möglichkeit, sich von der Meldepflicht an die Transparenzstelle befreien zu lassen. Wegen der Fünf-Minuten-Frist für Preismeldungen könne der Nutzer nicht immer davon ausgehen, dass der vermeintlich günstigste Preis auch noch bei Ankunft an der Tankstelle gelte.
Weblinks
- offizielle Website
- Gesamtkonzept für Aufbau und Betrieb der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (Entwurf). (PDF; 200 kB) Bundeskartellamt, 15. März 2013, abgerufen am 12. Dezember 2013.
- Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas. (PDF; 657 kB) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss). Deutscher Bundestag, 7. November 2012, abgerufen am 8. November 2012 (elektronische Vorabfassung).
- Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas. (PDF; 757 kB) Gesetzentwurf der Bundesregierung. Deutscher Bundestag, 21. Juni 2012, abgerufen am 8. November 2012.
- Videoaufzeichnung der Abstimmung aus der 204. Sitzung des Deutschen Bundestages am 8. November 2012 – Spieldauer 1:43 Minuten
- Entwurf MTS Datenausgang (API). (PDF; 661 kB) Entwurf der Bundesregierung. Bundeskartellamt, 18. April 2013, abgerufen am 23. Dezember 2013.
Einzelnachweise
- ↑ https://www.bundeskartellamt.de/DE/Wirtschaftsbereiche/Mineral%C3%B6l/MTS-Kraftstoffe/mtskraftstoffe_node.html;jsessionid=9C91200BC8ED101A4E38926B1E69F1F4.1_cid362
- ↑ Jens Tartler: Spritpreise live aufs Smartphone. In: Financial Times Deutschland. 15. Mai 2012, archiviert vom am 16. Mai 2012; abgerufen am 8. November 2012.
- ↑ 3.0 3.1 3.2 Was die neue Markttransparenzstelle Autofahrern bringt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. AFP/Reuters/dpa, 8. November 2012, abgerufen am 8. November 2012.
- ↑ Markttransparenzstelle erst zum Jahresende? RP Online, 28. März 2013, abgerufen am 20. April 2013.
- ↑ Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe
- ↑ Rechtsgrundlagen des Bundeskartellamtes
- ↑ Allgemeinverfügung des Bundeskartellamtes
- ↑ Ergänzungsverfügung des Bundeskartellamtes
- ↑ Markttransparenzstelle für Kraftstoffe öffnet Probebetrieb für Verbraucher. Bundeskartellamt, 12. September 2013, archiviert vom am 20130916; abgerufen am 12. September 2013.
- ↑ So können Autofahrer die Spritpreise vergleichen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. FAZ.net mit dpa-AFX, AFP, ancs, 12. September 2013, abgerufen am 12. September 2013.
- ↑ Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. (PDF; 79 kB) Rechtsverordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe – MTS-Kraftstoff-Verordnung). Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 21. Januar 2013, archiviert vom am 2. April 2015; abgerufen am 22. Januar 2013.
- ↑ BMWi legt Verordnung zur Markttransparenzstelle vor. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 21. Januar 2013, abgerufen am 22. Januar 2013.
- ↑ Markttransparenzstelle für Kraftstoffe öffnet Probebetrieb für Verbraucher. Bundeskartellamt, 29. November 2013, archiviert vom am 2. April 2015; abgerufen am 28. Januar 2015.
- ↑ Nicolai Birger: Falsches Vorbild : Auch an Österreichs Tankstellen gibt es Preiskämpfe. Die Welt, 5. Juni 2011, abgerufen am 12. September 2013.
- ↑ Markttransparenzstelle für Kraftstoffe. Bundeskartellamt, abgerufen am 13. September 2013.
- ↑ TANKSTOP Ausgabe 06/2013. (PDF; 9,2 MB) TANKSTOP, Das eft-Fachmagazin für Tankstelle und Mittelstand, S. 6, archiviert vom am 23. Februar 2014 .
- ↑ Markttransparenzstelle für Kraftstoffe, abgerufen am 21. Februar 2014
- ↑ Zugelassene Verbraucher-Informationsdienste. Bundeskartellamt, abgerufen am 24. Mai 2015.
- ↑ Zugelassene Verbraucher-Informationsdienste. Bundeskartellamt, abgerufen am 13. Mai 2016.
- ↑ Tankerkönig API. Abgerufen am 29. November 2016.
- ↑ Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-Kraftstoff-Verordnung) v. 22. März 2013 (BGBl. I S. 595, S. 3245, S. 3304)
- ↑ Gernot Kramper: Der zweifelhafte Nutzen der Benzinpreis-App. In: Stern. 7. Mai 2013, abgerufen am 9. Mai 2013.
- ↑ Studie. Abgerufen am 3. Oktober 2013.