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Matthias Kreck

From Wickepedia
File:Matthias Kreck.jpeg
Matthias Kreck in Oberwolfach (2000)

Matthias Kreck (* 22. Juli 1947 in Dillenburg) ist ein deutscher Mathematiker, der sich mit algebraischer Topologie und Differentialtopologie beschäftigt. Er war von Oktober 2006 bis September 2011 Direktor des Hausdorff-Research-Instituts für Mathematik an der Universität Bonn, seitdem ist er Professor am dortigen Mathematischen Institut.

Leben und Werk

Kreck wuchs als Sohn des Theologen Walter Kreck in Herborn auf und studierte 1966 bis 1970 Mathematik und Physik sowie Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Bonn, Berlin und Regensburg. 1970 legte er in Bonn sein Diplom in Mathematik ab und 1972 promovierte er dort bei Friedrich Hirzebruch zum Thema Eine Invariante für stabil parallelisierte Mannigfaltigkeiten. 1972 bis 1976 studierte er evangelische Theologie in Bonn, während er gleichzeitig von 1970 bis 1976 Assistent von Hirzebruch war. 1977 wurde er in Bonn in Mathematik zum Thema der Bordismengruppen von Diffeomorphismen habilitiert.

1976 wurde er Professor an der Universität Wuppertal und 1978 an der Universität Mainz. 1994 bis 2002 war er Direktor des Mathematischen Forschungsinstituts in Oberwolfach. 1999 wurde er Professor an der Universität Heidelberg und von 2007 bis 2011 war er Direktor des Hausdorff-Research-Instituts für Mathematik an der Universität Bonn, das er aufbaute. Er war 1981/82 und 1989 bis 1992 Gastprofessor am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn und Gastwissenschaftler unter anderem in Paris, Princeton, Berkeley, Chicago, Aarhus, Sankt Petersburg, Moskau und Peking.

Kreck arbeitete über die Klassifikation von Mannigfaltigkeiten in der Differentialtopologie (z. B. mit Bordismengruppen)[1], 4-Mannigfaltigkeiten mit exotischen (Differenzierbarkeits)strukturen und der Wechselwirkung von Differentialgeometrie und Topologie.

In seiner Habilitation 1977[2] gelang ihm die vollständige Klassifikation geschlossener glatter orientierbarer Mannigfaltigkeiten mit Diffeomorphismen im Rahmen der Bordismentheorie, ein Problem, an dem schon René Thom, William Browder und Dennis Sullivan gearbeitet hatten. Er entwickelte eine eigene Chirurgietheorie, die unter schwächeren Voraussetzungen als klassische Chirurgietheorien anwendbar ist und die er auf Fragen der Differentialgeometrie anwandte. In den 2000er Jahren beschäftigt er sich mit Beispielen asymmetrischer topologischer Mannigfaltigkeiten.

1990 bis 1998 war er Mitherausgeber der Mathematischen Annalen und 1998 bis 2002 des Archivs für Mathematik. Seit 2000 ist er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften[3].

2003 wurde er Ehrendoktor der Universität Siegen.[4]

2010 wurde ihm die Georg-Cantor-Medaille verliehen,

2012 hielt er die Gauß-Vorlesung.

Zu seinen Doktoranden zählt Peter Teichner,[5] Direktor am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn, und Stephan Stolz.

Im Zuge der „Plagiatsaffäre“ initiierte er Ende Februar 2011 eine „Erklärung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern zu den Standards akademischer Prüfungen“[6] und die zugehörige Unterschriftenaktion. Erstunterzeichner waren u. a. Martin Carrier, Eckhard Freise, Gerhard Huisken und Werner Nahm.

In der COVID-19-Pandemie meint er eine „systematische Verzerrung in den Pandemieprognosen“ entdeckt zu haben. Mit Erhard Scholz, entwickelte er seit dem Frühjahr 2020 ein neues epidemiologisches Modell, das die Mängel des dominanten SIR-Modells vermeidet. Dieses an COVID-19 adaptierte diskrete Kermack-McKendrick Modell[7] berücksichtigt die biologische feststellbare Viruslast und andere real erhebbare Daten wie die tägliche Zahl der Neuinfektionen, die Zeit zwischen Symptombeginn und Quarantäne und die veränderlichen Kontaktraten direkt. Kreck kritisierte in diesem Zusammenhang das Fehlen von Mathematikern im Expertenkreis der Regierung. Die RKI-Prognosen von Ende März vor der „Bundesnotbremse“ (einschneidende Lockdown-Maßnahmen) sind für ihn das Ergebnis falscher Modellierung.[8]

In seiner Freizeit spielt er Cello.

Publikationen

  • Differential algebraic topology- from stratifolds to exotic spheres, American Mathematical Society 2010
  • Bordism of diffeomorphisms and related topics, Springer Lecture Notes in Mathematics, Bd. 1069. 1984 (Anhang Neal Stoltzfus)
  • Exotische Strukturen auf 4-Mannigfaltigkeiten, Jahresbericht DMV, Bd. 88, 1986, S. 124–145
  • Herausgeber mit Wolfgang Lück: The Novikov Conjecture – geometry and algebra, Birkhäuser 2005 (Oberwolfach Seminar)
  • Positive Krümmung und Topologie, NRW Akademie der Wissenschaften, Opladen, Westdeutscher Verlag 1994
  • Kreck, Hambleton: On the classification of topological 4-manifolds with finite fundamental group Mathematische Annalen, Bd. 280, 1988, S. 85
  • Kreck, Lück, Teichner: Counterexamples of the Kneser conjecture in dimension 4 Comm.Math.Helveticae Bd. 70, 1995, S. 423
  • Kreck: Surgery and duality. Ann. of Math. (2) 149 (1999), no. 3, 707–754.

Sonstige Veröffentlichungen

  • Mein Mietnomade und ich. Ingelheim : Leinpfad 2012.

Einzelnachweise

  1. auch mit Anwendungen auf in der Elementarteilchenphysik (Kaluza-Klein-Theorien) diskutierte 7-dimensionaler Mannigfaltigkeiten. Kreck „Ist das Universum exotisch?“, Universitas 1988
  2. Kreck Bordism of diffeomorphisms, Bulletin AMS, Band 82, 1976, S. 759–761
  3. Gabriele Dörflinger: Mathematik in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 2014, S. 43
  4. Uni-Protokolle zur Ehrendoktorwürde in Siegen
  5. Matthias Kreck im Mathematics Genealogy Project (englisch) Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/name verwendet
  6. Erklärung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern zu den Standards akademischer Prüfungen (Memento vom 4. März 2011 im Internet Archive) (PDF; 876 kB)
  7. Matthias Kreck, Erhard Scholz: Back to the roots: A discrete Kermack-McKendrick model adapted to Covid-19. 1. April 2021 (cornell.edu [abgerufen am 10. Juli 2021]).
  8. Tobias Haberkorn: Der große Modelliererstreit: Wurden die Kontaktbeschränkungen überschätzt? In: Berliner Zeitung. 27. Juni 2021, abgerufen am 10. Juli 2021.

Weblinks