Mindestkapital ist im Gesellschaftsrecht die gesetzlich vorgeschriebene Mindesthöhe der von den Gesellschaftern zu leistenden Einlagen bei einer Kapitalgesellschaft.
Allgemeines
Bei Kapitalgesellschaften ist im Regelfall die Haftung für deren Verbindlichkeiten auf ihr Eigenkapital (Reinvermögen) beschränkt. Bei Personengesellschaften dagegen gibt es natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter, die auch mit ihrem Privatvermögen haften. Deshalb hat sich der Gesetzgeber entschieden, im Rahmen des ex ante-Gläubigerschutzes bei Kapitalgesellschaften ein Mindestkapital gesetzlich vorzuschreiben. Durch das gesetzliche Mindestkapital verschafft die Rechtsordnung den Kapitalgesellschaften erst die Lebensfähigkeit.[1] Das Mindestkapital verringert die hohen Finanzrisiken, die mit einer Unternehmensgründung verbunden sind und ist ein konstituierendes Element einer erfolgreichen Unternehmensgründung.[2]
Rechtsfragen
In Deutschland ist für die Aktiengesellschaft (AG) ein Mindestkapital (Grundkapital) von 50.000 Euro (§ 7 AktG), bei der GmbH (Stammkapital) von 25.000 Euro (§ 5 Abs. 1 GmbHG), bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (UG) 1 Euro (§ 5a Abs. 1 GmbHG) und bei der Europäischen Gesellschaft (SE) 120.000 Euro (Art. 4 Abs. 2 und 3 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001) vorgeschrieben. Die Höhe des Mindestkapitals ist somit rechtsformabhängig. Sondervorschriften bestehen für Kreditinstitute (siehe Eigenmittel (Kreditinstitut)) und Versicherer (siehe Eigenmittel (Versicherung), Mindestkapitalanforderung).
Besteht bei der AG ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals, so hat der Vorstand unverzüglich eine Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen (§ 92 AktG). Das zur Erhaltung des Mindestkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden (§ 57 Abs. 1 AktG, § 30 Abs. 1 GmbHG).
Das Mindestkapital muss nicht sofort vollständig eingezahlt werden. Das Bilanzrecht sieht als Bilanzposition ausstehendes Kapital vor (§ 272 Abs. 1 HGB), die sämtliche nicht eingezahlten Kapitaleinlagen erfasst. Die Anmeldung zum Handelsregister darf gemäß § 36 AktG bei Bareinlagen erst erfolgen, wenn auf jede Aktie der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt worden ist. Der eingeforderte Betrag muss mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrags umfassen (§ 36a Abs. 1 AktG).
Internationaler Vergleich
Deutschland, Österreich, Schweiz
Staat | Rechtsform | Mindestkapital |
---|---|---|
Deutschland | AG | € 50000 |
GmbH | € 25000 | |
UG | € 1 | |
SE | € 120000 | |
Österreich | AG | € 70000 |
GmbH | € 35000 | |
Schweiz | AG | CHF 50000 |
GmbH | CHF 20000 |
Andere Rechtsordnungen (Auswahl)
Staat | Rechtsform | Mindestkapital |
---|---|---|
Europa | SE | € 120000 |
File:Flag of Belgium (civil).svg Belgien | S.A. | € 62500 |
BVBA | € 18550 | |
File:Flag of Denmark.svg Dänemark | A/S | DKK 500000 |
File:Flag of Finland icon.svg Finnland | private AG | € 2500 |
öffentliche AG | € 80000 | |
Frankreich | S.A. | € 37000 |
SARL | € 1 | |
File:Flag of Greece.svg Griechenland | AE | € 24000 |
EPE | € 18000 | |
Italien | S.p.A. | € 50000 |
File:Flag of Ireland.svg Irland | public ltd. | € 38092 |
File:Flag of Lithuania.svg Litauen | AB | Litas 150000 |
File:Flag of Luxembourg.svg Luxemburg | S.A.R.L | € 12000 |
File:Flag of the Netherlands.svg Niederlande | NV | € 45000 |
B.V. | € 18000 | |
File:Flag of Norway.svg Norwegen | AS | NOK 30000 |
ASA | NOK 1000000 | |
File:Flag of Poland.svg Polen | S.A. | Złoty 100000 |
File:Flag of Portugal.svg Portugal | S.A. | € 50000 |
LDA | € 5000 | |
File:Flag of Sweden.svg Schweden | AB | SEK 50000 |
File:Flag of Spain.svg Spanien | S.A. | € 60000 |
S.L. | € 3000 | |
File:Flag of the United Kingdom.svg Vereinigtes Königreich | plc | £ 50000 |
Ltd. | £ 0 bis £ 50.000 | |
Vereinigte Staaten | Inc. | USD 1 |
LLC | USD 1 |
Wirtschaftliche Aspekte
Das Mindestkapital kann als Markteintrittsbarriere bei Unternehmensgründungen wirken, beweist die Übernahme des Unternehmerrisikos durch den Unternehmer, dient dem Gläubigerschutz für eine juristische Sekunde, sorgt für eine gewisse Kreditwürdigkeit und für Rechtssicherheit bei Aktionären und Management.[3] Zudem stellt es einen gewissen Kapitalpuffer für erste Verluste dar. Die Höhe des Mindestkapitals ist jedoch nicht ökonomisch begründbar, zumal sie weder die Betriebsgröße noch den Betriebszweck berücksichtigt.
Literatur
- Ulrich Wackerbarth, Ulrich Eisenhardt: Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Mit Bezügen zum Bilanz-, Insolvenz- und Kapitalmarktrecht. C.F. Müller, 2013, ISBN 3-8114-7167-8, S. 57 ff.
Weblinks
- Literatur über Mindestkapital im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Alexander Bruns: Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung. Mohr Siebeck, 2003, ISBN 3-16-147908-4, S. 203 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Rüdiger Wilhelmi: Das Mindestkapital als Mindestschutz — eine Apologie im Hinblick auf die Diskussion um eine Reform der GmbH angesichts der englischen Limited. In: GmbHR. 2006, S. 13.
- ↑ Jana Krapf, Jochen Schürmann: Solvenztest. Ausschüttungsbemessung und Gläubigerschutz. 2008, S. 192, Tabelle (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).