Native Title ist eine Rechtsauslegung in Australien, die anerkennt, dass Aborigines in manchen Fällen ein andauerndes legales Anrecht an Land haben, das die Kolonisation des Landes durch die britische Krone überdauerte.
Der Native Title kann gleichzeitig mit anderen nicht indigenen Eigentumsrechten existieren und in einigen Fällen können mehrere Stämme der Aborigines den Native Title über dasselbe Land ausüben. Es ist ein Beispiel, wie die Eigentumsinteressen geteilt werden können, insbesondere wie zwei verschiedene Rechtssysteme auf demselben geographischen, nationalen und juristischen Gebiet operieren können: Common Law und Gewohnheitsrecht der Aborigines.
Das National Native Title Tribunal (NNTT) ist die Organisation, die Forderungen von Aborigines und Torres-Strait-Insulanern untersucht und mit anderen Eigentümern schlichtet. Urteile werden vom Federal Court of Australia von einem Richter gefällt. Einsprüche gegen diese Urteile ergehen an die nächste Instanz des Federal Court vor drei Richter und letztlich kann Berufung beim High Court of Australia eingelegt werden.
Kollision zweier Rechtssysteme
Das traditionelle Gewohnheitsrecht, das das Leben der Aborigines und Torres-Strait-Insulaner vor der Kolonisation durch die Briten bestimmte, währte trotz der sozialen Veränderungen durch die Kolonisation im Leben vieler indigener Australier fort. Allerdings wurde von Gerichten ausschließlich das auf dem englischen Rechtssystem basierende australische Recht direkt durchgesetzt.
Native Title ist eine Rechtsauslegung, die nicht Teil des Gewohnheitsrechts ist, sondern wurde eingeführt, um Anerkennung der Rechte der indigenen Australier an Land und Wasser durchzusetzen.
Chronologie der Ereignisse, die zur Anerkennung des Native Titles führten
1946: Pilbara Strike
Am 1. Mai 1946 streikten schätzungsweise 600 Aborigine-Viehtreiber im Pilbara Strike im gesamten Norden von Western Australia und weigerten sich zu arbeiten, bis ihnen ein Mindestlohn von 30 Schilling pro Woche garantiert wurde. Einige hatten zuvor Essen und Kleidung, aber keine Bezahlung erhalten; anderen wurden bis zu 12 Schilling pro Woche bezahlt. Obwohl es oberflächlich um bessere Bezahlung ging, hat es starke Aspekte einer Menschenrechtsbewegung, da die Arbeiter forderten, bar und nicht mit Waren bezahlt zu werden. Organisiert wurde der Streik von Dooley Bin Bin und seinem Freund Don McLeod, der ihn beriet. Die Organisation war eine Mammutaufgabe, da sie eine Kommunikation zu den Viehtreibern erforderte, die über den Norden bis nach Western Australia verteilt waren. Der Streik dauerte bis August 1949 an und gilt als Ausgangspunkt der Landrechtsbewegung der Aborigines.
1963: Yolngu-Bark-Petition
Die Yolngu, ein Aborigines-Stamm im Nordosten des Arnhem Landes konnten eine starke Bindung zu ihrem traditionellen Land, ihrer Kultur und ihrem Recht (Madayin) aufrechterhalten, da das Gebiet weit entfernt vom weißen Australien ist. 1963 entschied die Regierung unter Menzies, Teile dieses Landes an eine Bauxit-Minengesellschaft zum Abbau von Bauxit zu vergeben. Die Yolngu in Yirrkala sendeten die sogenannte Yolngu Bark Petition auf Baumrinde (englisch: bark) an das Australische Repräsentantenhaus, um dagegen zu protestieren. Die Petition errang nationale und internationale Aufmerksamkeit und hängt mittlerweile im Parliament House in Canberra als Erinnerung an die Rolle der Yolngu in der Geburt der Landrechtsbewegung aus.
1966: Wave Hill Walk-Off
Drei Jahre später streikten und verließen 200 Viehtreiber der Gurindji die Wave Hill Cattle Station. Angeführt von Vincent Lingiari forderten sie gleichen Lohn und Konditionen wie die weißen Landarbeiter, da sie bis dahin nur einen geringen Lohn oder Naturalien erhalten hatten. Der neun Jahre andauernde Streik führte zu einem erfolgreichen Anspruch auf die Rückgabe ihres traditionellen Landes.
1971: Gove Land Rights Case
Als die Yolngu erkannten, dass ihre Petition von den Politikern in Canberra nicht ernst genommen wurde, brachten sie ihre Beschwerden 1971 vor Gericht. Im Rechtsstreit von Milirrpum gegen die Nabalco Pty Ltd verloren die Yolgnu diesen Rechtsfall, weil australische Gerichte an das Terra-Nullius-Prinzip gebunden waren, das keine „vorhergehenden Rechte“ anerkennt. Allerdings erkannte der Richter an, dass die Ankläger ein etabliertes Rechtssystem hatten und eine traditionelle Nutzung dieses Landes vorlag.
1976: Aboriginal Land Rights Act
All diese Fälle führten dazu, dass die Aboriginal Land Rights Commission, eine königliche Kommission eingerichtet wurde, die von 1973 bis 1974 im Northern Territory die Landrechte untersuchte. Als Resultat dieser Untersuchung erließ die Regierung unter Malcolm Fraser im Jahre 1976 den Aboriginal Land Rights (Northern Territory) Act 1976, nachdem es zuvor von der Regierung unter Gough Whitlam 1975 entworfen worden war. Dieses Gesetz legte die Grundlage dafür, dass Aborigines zum ersten Mal Landrechte, basierend auf ihrer traditionellen Bewohnung, beanspruchen konnten.
1981: Pitjantjatjara Lands Act
Der Pitjantjatjara Lands Act 1981 von South Australia bildete die Grundlage dafür, dass Land an die Pitjantjatjara übergeben werden konnte. Diese hatten eine andauernde Verbindung zu ihrem traditionellen Land aufrechterhalten. In der Folge dieses Land Acts wurde das Lokale Verwaltungsgebiet Anangu Pitjantjatjara Yankunytjatjara eingerichtet.
1992: Mabo v. Queensland (No. 2)
Im Urteil des Prozesses No. 2 von Eddie Mabo gegen den Bundesstaat Queensland aus dem Jahre 1992 wurde das Konzept von Terra Nullius vom High Court of Australia zurückgewiesen und damit die Murray Island in der Torres Strait den Torres-Strait-Insulanern zugeschlagen. Richter Brennan sagte in seiner Urteilsbegründung: „Der Native Title hat seinen Ursprung und seine Berechtigung durch die traditionellen Gesetze und Gewohnheiten, die die indigenen Bewohner eines Gebietes befolgen und anerkennen.“
1993: Native Title Act
Die Anerkennung des Rechtskonzeptes eines Native Titles mit dem Mabo-Urteil führte dazu, dass die Legislative ein Jahr später unter der Regierung von Paul Keating den Native Title Act in Kraft setzte. Damit wurde versucht, die Rechte der Landbesitzer zu klären und den Prozess für die Beanspruchung des Native Titles durchzusetzen: Der Anspruch an Landrechten der Aborigines ist unabhängig vom Native Title, und Native Title ist nicht dasselbe wie Landrechte. Landrechte sind ein neues legales Recht, das nach australischem Recht „kreiert und gewährt“ werden muss. In einem Landrechtsanspruch können indigene Australier das Land des Commonwealth, Staates oder Territoriums beanspruchen. Traditionellen Interessen eines Landes kann stattgegeben werden und den indigenen Stämmen das legale Eigentum und das Land übergeben werden.
Literatur und Weblinks
- Native Title Act 1993
- National Native Title Tribunal
- Federal Court of Australia Native Title Infobase Die Native Title Infobase umfasst ausgewähltes Material seit 1839 bis heute.
- Yamatji Marlpa Barna Baba Maaja Aboriginal Corporation
- Department of the Parliamentary Library (2003) The Mabo debate: a chronology (abgerufen am 17. Februar 2009)