Die Pädagogische Hochschule Leipzig „Clara Zetkin“ war eine Hochschule mit Promotionsrecht im Bezirk Leipzig, seit 1990 in Sachsen, die vornehmlich der Ausbildung von Lehrern für Oberschulen, ab 1990 kurzzeitig auch für die Unterstufe bzw. Grundschule diente. Die Pädagogische Hochschule Leipzig bestand von 1972 bis 1992, 1990 entfiel der Namenszusatz.
Geschichte
1952/53 wurde in Leipzig unter Karl Kögler (bis 1958) ein Pädagogisches Institut zur Lehrerausbildung für die Mittelstufe (4.–8. Klasse) nach der „Verordnung über die Neuregelung der Ausbildung der Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen“ gegründet. Im Schulgebäude der ehemaligen Max-Klinger-Schule in der Karl-Heine-Straße nahm es seinen Sitz. Mit der Einführung der Polytechnischen Oberschule 1959 in der DDR stieg die Schuldauer auf in der Regel 10 Schuljahre.[1] Die Studiendauer für Diplomlehrer wurde bereits 1958 auf vier Jahre, 1982 auf fünf Jahre angehoben, wobei Schulpraktika mit einbezogen wurden.[2] Mit weiteren in der DDR wurde das Leipziger Institut am 1. September 1972 zur Pädagogischen Hochschule erhoben, die den Dr. päd. und ab 1977 auch den Dr. phil. verleihen konnte. Dort wurden bis zur Integration am 30. September 1992 in die Erziehungswissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig 1992 Lehrkräfte ausgebildet. Am 1. September 1990 wurde bereits das Institut für Lehrerbildung Leipzig (Grundschullehrerbildung) in die PH integriert.
Die Hochschule bildete nicht nur Lehrer für Oberschulen in den Fächern Deutsch, Russisch, Geschichte und Staatsbürgerkunde aus, sondern ihre Wissenschaftler betrieben auch Forschung im pädagogischen Bereich sowie in den als Schul- bzw. Studienfach gelehrten Wissenschaften. Sie publizierten ihre Ergebnisse sowohl in der von der Hochschule selbst herausgegebenen Wissenschaftlichen Zeitschrift als auch in internationalen Fachzeitschriften und Monographien. So bestand unter Joachim Müller eine Forschungsgemeinschaft „Geschichte des Kampfes der Arbeiterklasse um die Befreiung der Frau“, die die Tradition Clara Zetkins fortsetzen sollte. Auch gab es eine Forschungsgruppe „Kritik Bürgerlicher Philosophie“ unter Herbert Mahr,[3] eine Forschung zur offiziell abgelehnten Reformpädagogik (Christa Uhlig nach der Habilitation 1980 in Leipzig bis 1986)[4] und ein „Interdisziplinäres Zentrum Unterrichtsforschung/Kommunikation“ unter Edgar Rausch (1928–2016).[5] Ausländische Studenten konnten in einem Jahreskurs deutsche Sprachkenntnisse erwerben.
Ab 1981 bis 1989 leitete der Historiker Joachim Müller (1926–2007; Leiter der Forschungsgruppe „Proletarische Frauenbewegung“ beim ZK der SED) die PH.[6] Ihn löste 1989–1991 der Erziehungswissenschaftler Horst Hesse (1935–2018) ab. Der letzte Rektor 1991/92 war der dissidente Germanist und Literaturdidaktiker Wolfgang Brekle.[7] Der Dekan der Philosophischen Fakultät 1987–1990 war der Linguist und Slawist Rudolf Kühnl.[8] Als einer von zweien aus der PH Leipzig erhielt der Slawist Karlheinz Kasper (* 1933) im Jahr 1981 die Auszeichnung Verdienter Hochschullehrer der DDR. Der andere war Wolfgang Feige im Fach Staatsbürgerkunde 1984. Er hatte DDR-weit einen Namen für seine Unterrichtshilfen, für den deutschen Sprachunterricht ebenso der langjährige Rektor (1965–1981) und auch nach 1990 gefragte Schulbuchautor Theodor Heidrich (1925–2007)[9].
Periodika
- Wissenschaftliche Studien der Pädagogischen Hochschule „Clara Zetkin“ Leipzig, 1972–1975.
- Wissenschaftliche Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule („Clara Zetkin“) Leipzig, 1975–1992.
- Mitteilungsblatt der Forschungsgemeinschaft „Geschichte des Kampfes der Arbeiterklasse um die Befreiung der Frau“, 1970–1989.
Literatur
- Andreas Herbst u. a.: So funktionierte die DDR, Bd. 2: Lexikon der Organisationen und Institutionen, rororo, Reinbek 1994, S. 776, ISBN 3-499-16349-7.
- Heidemarie Kemnitz: Lehrerbildung in der DDR. In: Sigrid Blömeke, P. Reinhold, G. Tulodziecki, J. Wildt (Hrsg.): Handbuch Lehrerbildung. Klinkhardt/ Westermann, Bad Heilbrunn/ Braunschweig 2004, S. 92–110.
- Wolfgang Brekle/ Marianne Polz (Hrsg.): Der Dialog geht weiter. Historisches und Aktuelles zu Lehrerbildung, Schule und Deutschunterricht, Festschrift zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. Theodor Heidrich am 4. Mai 2005, Bertuch, Weimar 2005, ISBN 978-3-937601-20-5.
- Franz Häuser, Ulrich von Hehl, Uwe John, Manfred Rudersdorf, Universität Leipzig. Senatskommission zur Erforschung der Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte: Geschichte der Universität Leipzig 1409–2009, Leipziger Universitätsverlag, 2009/10, bes. Bd. 3, Das zwanzigste Jahrhundert, ISBN 978-3-86583-303-7.
- Klaus Fitschen: Wissenschaft im Dienste des Sozialismus. Die Universität Leipzig vom Mauerbau bis zur Friedlichen Revolution 1961–1989, in: Ulrich von Hehl / Uwe John / Manfred Rudersdorf (Hrsg.): Geschichte der Universität Leipzig 1409–2009, Bd. 3, Leipzig 2010, S. 567–778.
- Klaus Fitschen: 1968: Hochschulneubau und Hochschulreform in Leipzig im Spannungsfeld von staatlichen Reglementierungen, politischen Hoffnungen, Verweigerung und Protest, in: Benjamin Schröder, Jochen Staadt (Hrsg.): Unter Hammer und Zirkel. Repression, Opposition und Widerstand an den Hochschulen der SBZ/DDR, Frankfurt a. M. u. a. 2011, S. 223–226.
Weblinks
- Kupferstich der Hochschule 1987 auf europeana.eu
Belege
- ↑ Oskar Anweiler: Schulpolitik und Schulsystem in der DDR. Leske und Budrich, Opladen 1988, ISBN 3-8100-0734-X, S. 79–126.
- ↑ Oskar Anweiler: Bildungspolitik in Deutschland 1945–1990 : ein historisch-vergleichender Quellenband. Leske und Budrich, Opladen 1990, ISBN 3-8100-1063-4, S. 127, 202–204.
- ↑ Herbert Mahr (Ltr.): Philosophische Grundlagen bürgerlicher Erziehungskonzeptionen. Hrsg.: PH Leipzig, Forschungsgruppe "Kritik bürgerlicher Philosophie". Berlin 1979.
- ↑ Christa Uhlig: Die Entwicklung des Bundes Entschiedener Schulreformer und seiner schulpolitischen und pädagogischen Auffassungen. Hrsg.: Akademie der Pädagogischen Wissenschaften. 1980.
- ↑ Andreas Pehnke: Sozialistische Reformpädagogik und Reformpädagogik im real existierenden Sozialismus. In: Heiner Barz (Hrsg.): Handbuch Bildungsreform und Reformpädagogik. Springer, Wiesbaden 2018, S. 65–79, bes. 76.
- ↑ Biographisches Handbuch der SBZ/DDR. G. Baumgartner, D. Hebig, 1996, S. 569, abgerufen am 31. Dezember 2018.
- ↑ F. Russi: Weimar-Lese Wolfgang Brekle. Abgerufen am 31. Dezember 2018.
- ↑ Wilfried Kürschner: Linguisten-Handbuch. Band 1. Narr, Tübingen 1994, S. 515 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Theodor Heidrich. In: Sächsische Biografie. Abgerufen am 1. Januar 2019.