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Poliklinik

From Wickepedia


File:Altes Ärztehaus Ilmenau.JPG
„Alte Poliklinik“ in Ilmenau, erbaut in den 1920er Jahren
File:Fotothek df roe-neg 0006568 008 Aseptischer Operationssaal in der Poliklinik des.jpg
Aseptischer Operationssaal in der Poliklinik des VEB Leipziger Eisen- und Stahlwerke
File:Písek, Alšovo náměstí, poliklinika.JPG
Poliklinik in Písek, Tschechien
File:Poliklinik Viršuliškės.jpg
Poliklinik in der litauischen Hauptstadt Vilnius, Viršuliškės
File:Detskaya poliklinika 137 v Novokosino.JPG
Kinderpoliklinik in Moskau-Nowokossino
File:Legionowo, Poliklinika Wojskowa - fotopolska.eu (343207).jpg
Militärpoliklinik in Legionowo, Polen

Poliklinik (aus griechisch πόλι-ς /póli-s/ ' und Klinik) bedeutet wörtlich übersetzt Stadtkrankenhaus. Der Begriff hat mindestens drei unterschiedliche Bedeutungen und bezeichnet:

  • ein Krankenhaus für die ambulante Untersuchung und Behandlung von Patienten.[1]
  • eine einzelne Krankenhausabteilung, die nur ambulante Untersuchung und Behandlung anbietet („Spitalsambulatorium“)
  • eine Zusammenfassung verschiedener niedergelassener Ärzte in einer Großpraxis, einem Ärztezentrum (Ambulatorium, Ärztehaus)

Geschichte

Ursprünglich war eine Klinik ein Krankenhaus, das hauptsächlich der Unterrichtung von Medizinstudenten diente. Aufgenommen wurden deshalb vor allem Patienten, deren Krankheit interessant für diese Ausbildung war. Die Poliklinik war dabei der Teil der Klinik, in den die Bürger der Universitätsstadt (polis) eingewiesen wurden, egal wie interessant ihr „Fall“ war.

Die Poliklinik entwickelte sich aus der ambulanten Klinik, wie sie von Philipp J. Horsch in Würzburg am 15. April 1807[2] am Juliusspital verwirklicht wurde, nachdem dies seinem Lehrer Franz Heinrich Meinolf Wilhelm noch untersagt worden war.[3]

Unter Poliklinik verstand man auch die Zusammenfassung verschiedener Fachärzte in einer „Großpraxis“ (Ärztezentrum) mit Anschluss an ein Krankenhaus oder eine Klinik. Solche Polikliniken werden in Österreich, Dänemark, der Schweiz, den Niederlanden (und manchmal auch in Deutschland) Ambulatorium genannt.

In der DDR waren Polikliniken selbstständige staatliche ambulante Kliniken mit mindestens vier verschiedenen medizinischen Fachbereichen. Sie waren, mit Ausnahme einiger Universitätspolikliniken, nicht mit Krankenhäusern verbunden und waren die überwiegende Organisationsform ambulanter ärztlicher Behandlung in der DDR. Die Polikliniken hatten in baulicher Hinsicht häufig klinikähnliche Strukturen, waren aber meist nicht an ein Krankenhaus angeschlossen. Kleinere oder spezialisierte Einrichtungen (teilweise auch in Betrieben) wurden Ambulatorium, Landambulatorium oder Landambulanz genannt.

Nach der Wiedervereinigung wurde zunächst ihre Stilllegung zugunsten von Einzelpraxen niedergelassener Ärzte gesetzlich verordnet, teilweise blieben aber die Fachärzte auch in den alten Gebäuden, so dass es jetzt mancherorts mehrere organisatorisch getrennte Arztpraxen unter einem Dach gibt. Diese Einrichtungen werden meist „Ärztehaus“ genannt.

Nicht an Krankenhäuser gebundene staatliche Polikliniken existieren gegenwärtig vor allem in Russland, in der Ukraine und in den meisten anderen ehemals sozialistischen Staaten.

In der Bundeswehr nehmen Facharztzentren zur ambulanten Untersuchung von Soldaten die Funktionen von Polikliniken wahr.[4]

Polikliniken in der aktuellen Gesundheitsdiskussion

Die aktuelle Gesundheitsdiskussion verwendet den Begriff „Poliklinik“ in Erinnerung an die Einrichtungen der DDR für das Konzept von fachübergreifenden Praxen, in denen größtenteils angestellte Ärzte verschiedener Fachrichtung für die ambulante Versorgung der Patienten zuständig sind.[5]

Polikliniken im engeren Sinn gab und gibt es in der Bundesrepublik aber als Einrichtungen von Universitätskliniken zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Ausbildung. Daneben sind Praxiskliniken, Medizinische Versorgungszentren sowie verschiedene Formen von Ambulanzen in Krankenhäusern möglich.

Argumente für Polikliniken

Teure Apparate (z. B. Röntgengeräte) und Räume (z. B. OP) und teilweise Personal werden gemeinsam genutzt, die Verwaltung ist zentral und die angestellten Ärzte erhalten ein festes Gehalt. Dadurch werden geringere Kosten für die Krankenkassen erwartet, die daher häufig für die Einrichtung von Polikliniken oder ähnlichen Modellen (Medizinische Versorgungszentren, s. u.) politisch eintreten. Patienten haben bei Weiterbehandlungen und Überweisungen innerhalb der Poliklinik keinen Zeitverlust und keine langen Geh- oder Fahrtstrecken. Die festen Gehälter der Ärzte verringern den Anreiz dafür, dass die Ärzte Behandlungsmethoden nach Aspekten der Gewinnmaximierung statt nach medizinischen Aspekten auswählen.

Argumente gegen Polikliniken

Polikliniken können nur an zentralen Orten eingerichtet werden. Viele Patienten müssen also weite Wege zurücklegen, deren Anfahrtskosten in keiner Gesundheitsstatistik auftauchen und trotzdem erheblich sind. Wegen ihrer Größe erfordern die Polikliniken eine hauptamtliche Verwaltung. Die Entkoppelung der Gehälter der angestellten Ärzte vom Umsatz kann die Motivation zu Mehrarbeit und Innovation verringern. Auch kann es zu langen Wartezeiten für die Patienten kommen.

Medizinische Versorgungszentren

Das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) von 2004 sieht vor, dass sich zur kassenärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen zu sogenannten Medizinischen Versorgungszentren zusammenschließen können. Ein Medizinisches Versorgungszentrum ist eine fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtung (wie eine Poliklinik der DDR), in der gesetzlich und privat versicherte Patienten behandelt werden können.

Im Unterschied zu den Polikliniken der DDR sind Medizinische Versorgungszentren oftmals Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit persönlicher Haftung der leitenden Ärzte und werden auf Initiative der beteiligten Leistungserbringer freiwillig gegründet. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) wurde 2012 geregelt, dass MVZ nur noch von Personengesellschaften, eingetragenen Genossenschaften (e.G.) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründet werden dürfen. Aktiengesellschaften (AG) sind nicht erlaubt.[6] Sie ähneln fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen alten Stils mit der Neuerung, dass auch nicht-ärztliche Leistungserbringer (z. B. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden) Gesellschafter sein können und die Erbringung von Leistungen durch Angestellte gegenüber Gemeinschaftspraxen erleichtert ist. Damit wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es bereits seit längerem eine Entwicklung zu klinikähnlichen Gemeinschaftspraxen, sogenannten Praxiskliniken gab und zum anderen seit längerem eine Tendenz zur Einrichtung von Praxen in Krankenhäusern gab, insbesondere wenn die Inhaber ohnehin als Belegarzt im Krankenhaus tätig waren.

Mobile Poliklinik

Eine besondere Form der Poliklinik in Südafrika ist der Phelophepa-Gesundheitszug, der in medizinisch unterversorgten Gebieten kostengünstige oder kostenlose Versorgung bietet. Dazu gehören augenärztliche Diagnostik und Versorgung, Behandlung von Hautkrankheiten, Krebsuntersuchungen, Diabetesvorsorge und viele andere Dienstleistungen.

Literatur

  • Karl Kremer, Erich Müller (Hrsg.): Die chirurgische Poliklinik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/ New York 1984, ISBN 3-13-640601-X.

Weblinks

Wiktionary: Poliklinik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Polikliniken – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Duden.de: Stichwort Poliklinik
  2. Hans Franke: Joachim Schröder und Edith Schröder. Die Würzburger Medizinische Universitäts-Poliklinik 1807-1957. Stuttgart 1957, S. 11.
  3. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. In: Das Juliusspital Würzburg in Vergangenheit und Gegenwart: Festschrift aus Anlaß der Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals am 16. Juli 1953. Hrsg. vom Oberpflegeamt des Juliusspitals. Würzburg 1953, S. 14–24, hier: S. 18.
  4. Truppenärzte der Bundeswehr. In: bundeswehr.de. Abgerufen am 19. Januar 2021.
  5. Gocher Krankenhaus aufgeben? - Die aktuelle Gesundheitsdiskussion im Kreis Kleve
  6. Gerd Glaeske: Lehrbuch Versorgungsforschung. Hrsg.: Pfaff, Neugebauer, Glaeske, Schrappe. 2. Auflage. Schattauer, Stuttgart, ISBN 978-3-7945-3236-0, S. 284.