Der Polizeiliche Informations- und Analyseverbund (PIAV) ist als Teil des Informationssystems der Deutschen Polizei (INPOL) ein System zur unverzüglichen Bereitstellung von ausgewählten Personen-, Fall- und Sachdaten. Die Daten stammen aus den Vorgangs- oder Fallsystemen des Bundeskriminalamtes, der Länderpolizeien, der Bundespolizei, der Polizei beim Deutschen Bundestag und des Zolls. Sie werden im Sinne des BKAG in einer gemeinsam genutzten Verbundanwendung auf Bundesebene aus den PIAV-Teilnehmersystemen bereitgestellt und dienen der länderübergreifenden operativen und strategischen Kriminalitätsanalyse.[1]
Hintergrund
Wesentlicher Baustein einer effektiven Kriminalitätsbekämpfung durch die Polizeien des Bundes und der Länder ist der Austausch von Personen-, Fall- und Sachdaten.
Auf der Basis des „Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten“ (BKAG) und von Bund/Länder-Gremienbeschlüssen wird diesem Erfordernis derzeit durch Verbund- und Zentraldateien sowie dem kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD) und Sondermeldediensten (SMD) nachgekommen.
Eine durch die Kommission Kriminalitätsbekämpfung (KKB) eingerichtete Bund/Länder-Projektgruppe zur Untersuchung der kriminalpolizeilichen Meldedienste (BLPG KPMD) stellte im Rahmen einer Bestandsaufnahme der KPMD und der SMD u. a. nachfolgende Defizite bei diesen klassischen Meldediensten fest:
- aufwändige Mehrfacherfassung,
- schlechtes Aufwand-Nutzen-Verhältnis,
- unzureichendes Melde- bzw. Erfassungsverhalten,
- mangelnde Qualität der Daten,
- fehlende dateiübergreifende Abfrage- und Recherchemöglichkeiten,
- stark eingeschränkte Aussagekraft der Auswerteergebnisse,
- hoher länderübergreifender Kommunikationsaufwand zur Erkenntnisgewinnung
und artikulierte den Bedarf zur Ablösung der herkömmlichen Meldedienste durch einen auf aktueller Informationstechnologie basierenden PIAV.
Ziele des PIAV
Für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung durch die Polizeien des Bundes und der Länder ist der Austausch von Personen-, Fall- und Sachdaten erforderlich. PIAV-Operativ bildet dafür das fachliche System und unterstützt damit die Erreichung folgender polizeifachlicher Ziele:
- frühzeitiges Erkennen von Tat-Tat- und Tat-Täter-Zusammenhängen sowie Identifizierung unbekannter Täter,
- Identifizierung länder-, grenz- oder deliktsübergreifend handelnder Täter (Strafrecht) und Täterorganisationen sowie entsprechender Straftatenserien zur Initiierung, Koordinierung und Unterstützung von Ermittlungsverfahren im In- und Ausland,
- frühzeitiges Erkennen von deliktsspezifischen, deliktsübergreifenden und täter- oder opferbezogenen Kriminalitätsphänomenen sowie von zeitlichen oder geografischen Kriminalitätsbrennpunkten zur Gewährleistung einer schnellen polizeilichen Reaktion auf neue Kriminalitätsformen,
- frühzeitiges Erkennen von Tat- und Täterzusammenhängen zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK),
- frühzeitiges Erkennen von kriminalitätsfördernden Faktoren zur Einleitung notwendiger behördenüber-greifender oder kriminalpolitischer Initiativen,
- Erstellung von Kriminalitätslageberichten und Kriminalitätslagebildern als aussagekräftige Informations-grundlage für die polizeiliche und politische Führungs- und Entscheidungsebene.
Mit PIAV-Operativ wird der Informationsfluss von der Basisdienststelle bis zu den Zentralstellen strukturiert und optimiert sowie umfangreiche zeitaufwändige Mehrfacherfassungen in unterschiedlichen IT-Systemen und Medienbrüche weitgehend reduziert.
PIAV-Operativ verbessert quantitativ und qualitativ wesentlich die Informationsbasis unter Beachtung der vom AK II bestätigten strategischen Leitlinien für die konzeptionelle Weiterentwicklung von INPOL zur durchgängigen Einmalerfassung und Mehrfachnutzung von Daten und fördert die operative Auswertung in Bund und Ländern erheblich.
Stufen
Umsetzungsstufe | PIAV-Datei | Status |
---|---|---|
1 | Waffen- und Sprengstoffkriminalität | Im Wirkbetrieb seit 2. Mai 2016 |
2 | Gewaltdelikte / Gemeingefährliche Straftaten und Rauschgiftkriminalität | Im Wirkbetrieb seit Juni 2018. Ursprünglich bereits für Ende 2017 geplant gewesen. |
3 | Eigentumskriminalität und Vermögensdelikte | Im Wirkbetrieb, seit spätestens Juli 2020 |
3 | Sexualdelikte | Im Wirkbetrieb, seit spätestens Juli 2020 |
3 | Cyberkriminalität | Im Wirkbetrieb, seit spätestens Juli 2020 |
4 | Dokumentenkriminalität | Im Wirkbetrieb, seit spätestens Juli 2020 |
4 | Schleusung/Menschenhandel/Sexuelle Ausbeutung | Im Wirkbetrieb, seit spätestens Juli 2020 |
5 | Korruption | In Planung, nicht vor 2024 |
5 | Arzneimittelkriminalität | In Planung, nicht vor 2024 |
5 | Falschgeldkriminalität | In Planung, nicht vor 2024 |
5 | Wirtschaftskriminalität/Umwelt- und Verbraucherschutzdelikte | In Planung, nicht vor 2024 |
5 | Geldwäsche | In Planung, nicht vor 2024 |
6 | Politisch motivierte Kriminalität | In Planung, nicht vor 2024 |
7 | Organisierte Kriminalität | In Planung, nicht vor 2024 |
Systembestandteile
Der PIAV besteht grundsätzlich aus einer operativen und einer strategischen Komponente. Während die operative Komponente des PIAV vorrangig auf ermittlungsinitiierende, -begleitende und -unterstützende Ziele ausgerichtet ist, schafft die strategische Komponente die Grundlagen sowohl für operative Schwerpunktsetzungen und Maßnahmenkonzepte als auch für die Beratung der polizeilichen und politischen Führungs- und Entscheidungsebene.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Das elektronische Informationssystem der Polizei. Abgerufen am 16. November 2018
- ↑ geförderte Projekte des Inneren Sicherheitsfonds in der Förderperiode 2014 bis 2020 Abgerufen am 16. November 2018
- ↑ Informations- und Analyseverbund PIAV - Inneres/Antwort - 31.05.2016 (hib 312/2016) Abgerufen am 16. November 2018