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Schiff des Theseus

From Wickepedia

Das Schiff des Theseus (auch Theseus-Paradoxon) ist ein philosophisches Paradoxon, das bereits in der Antike aufgezeigt wurde. Es berührt die Frage, ob ein Gegenstand seine Identität verliert, wenn viele oder gar alle seiner Einzelteile nacheinander ausgetauscht werden.

Bekannte Szenarien des Paradoxons

Griechische Legende

Die älteste Formulierung ist von Plutarch überliefert:

„Das Schiff, auf dem Theseus mit den Jünglingen losgesegelt und auch sicher zurückgekehrt ist, eine Galeere mit 30 Rudern, wurde von den Athenern bis zur Zeit des Demetrios Phaleros aufbewahrt. Von Zeit zu Zeit entfernten sie daraus alte Planken und ersetzten sie durch neue intakte. Das Schiff wurde daher für die Philosophen zu einer ständigen Veranschaulichung zur Streitfrage der Weiterentwicklung; denn die einen behaupteten, das Boot sei nach wie vor dasselbe geblieben, die anderen hingegen, es sei nicht mehr dasselbe.“[1]

Das durch dieses Gedankenexperiment aufgeworfene philosophische Problem ist ein verbreitetes Beispiel in der Philosophiedidaktik und wird auch in der zeitgenössischen Ontologie vielfach debattiert, weil sich eine plausible Theorie darüber, wann ein Objekt als ein und dasselbe gelten und als solches auch bei Veränderungen in der Zeit fortdauern kann, daran bewähren muss. Ted Sider beispielsweise verteidigt, dass ein ontologischer Vierdimensionalismus dieses Problem elegant löst. Vierdimensionalisten vertreten die Ansicht, dass Objekte, so wie sie Abschnitte im Raum einnehmen, dies auch für die gleichzubehandelnden Zeitabschnitte tun, also „Zeitscheiben“ besitzen oder als „Zeitwürmer“ vorstellbar sind.

Problem der doppelten Identität

Ein weiteres philosophisches Problem ist das der doppelten Identität, das sich an einem einfachen Beispiel erläutern lässt:

„Theseus besitzt ein etwas älteres, aber seetaugliches Schiff. Er beschließt eines Tages, es in die Werft zu bringen und dort erneuern zu lassen. Er bittet den Werfteigner, die 1000 Planken gegen neue auszutauschen. Der Eigner der Werft besitzt mehrere Docks und findet es schade, die alten Planken von Theseus’ Schiff einfach wegzuwerfen, also beschließt er, in Dock A das Schiff des Theseus nach und nach auseinanderzunehmen und ersetzen zu lassen und die Planken in Dock B zu bringen, wo sie in der ursprünglichen Reihenfolge und an ihrer ursprünglichen Position wieder zu einem Schiff zusammengesetzt werden, was gelingt.“[2]

Nun existieren zwei Schiffe: jenes, das Theseus verwendet und dessen 1000 Planken ersetzt wurden, und das Schiff des Werfteigners, das aus allen Originalteilen von Theseus’ ursprünglichem Schiff zusammengesetzt wurde. Welches ist Theseus’ Schiff?

Dazu lassen sich vier verschiedene Grundpositionen einnehmen:

  1. Das Schiff aus Dock A ist Theseus’ Schiff.
  2. Das Schiff aus Dock B ist es.
  3. Beide Schiffe sind Theseus’ Schiffe.
  4. Keines der Schiffe ist es.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Plutarch, Vita Thesei 23, Übersetzung von Wilhelm K. Essler, in: Was ist und zu welchem Ende betreibt man Metaphysik?, Dialectica 49 (1995), 281-315
  2. Vgl. hierzu und zum Folgenden Jay F. Rosenberg: Das Schiff des Theseus. Eine Fallstudie, in: ders.: Philosophieren. Ein Handbuch für Anfänger, Vittorio Klostermann Verlag, 1993, Kap. 4, S. 64 ff.

Literatur

  • Jay F. Rosenberg: Das Schiff des Theseus – Eine Fallstudie, in: ders.: Philosophieren – Ein Handbuch für Anfänger, Vittorio Klostermann Verlag 5. A. 2006, Kap. 4, S. 64–77. ISBN 978-3-465-04069-9
  • Christopher M. Brown: Aquinas and the Ship of Theseus. Solving Puzzles about Material Objects, London–New York: continuum 2005.
  • Theodore Sider: Four-dimensionalism. An Ontology of Persistence and Time, Oxford: OUP 2005, 4-10.145.

Weblinks

  • Ekkehard Martens: Das Schiff des Theseus – Integratives Philosophieren mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen zwischen Denktraining und Happening, auch in: ders.: Philosophie und Bildung: Beiträge zur Philosophiedidaktik (Philosophie und Bildung Bd. 1), LIT Verlag Berlin–Hamburg–Münster 2005, S. 253–263.
  • Harry Deutsch: Relative Identity. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy. (Kap. 2.5; dort weitere Literatur zu jüngeren Debatten)