Smart Contracts sind Computerprotokolle, die Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung oder Abwicklung eines Vertrags technisch unterstützen können.[1] Eine schriftliche Fixierung des Vertrages (auf Papier oder in einer Datei) wird damit unter Umständen überflüssig. Smart Contracts haben üblicherweise auch eine Benutzerschnittstelle und bilden die Logik vertraglicher Regelungen technisch ab.[2][3] Befürworter von Smart Contracts behaupten, dass viele Arten von Vertragsklauseln somit teilweise oder vollständig selbst ausführbar oder selbst durchsetzbar oder beides werden. Smart Contracts versuchen, eine höhere Vertragssicherheit gegenüber traditionellem Vertragsrecht[4] bei gleichzeitiger Reduktion der Transaktionskosten zu erreichen. Der Einsatz von Smart Contracts ermöglicht neue Geschäftsmodelle und verbesserte Vertragsprozesse.[5] So können manuelle Vertragsprozesse mit Dokumentationslücken vermieden und die Schnelligkeit und Qualität der grundlegenden Geschäftsprozesse erhöht werden.
Beispiele
Smart Contracts können zum Beispiel in der digitalen Rechteverwaltung/Rechteminderung Copyright-Lizenzen abbilden oder im Finanzbereich Transaktionen abbilden. Zugangskontrolle, Token-Bucket-Algorithmen und andere Quality-of-Service-Mechanismen können dazu genutzt werden, Service-Level-Agreements abzubilden. Einige Peer-to-Peer-Netzwerke benötigen Mechanismen, um sicherzustellen, dass entfernte Partner in gleichem Maße beitragen wie konsumieren, ohne den Overhead von schriftlich vereinbarten Verträgen zu erzeugen.
Geschichte
In den 1970er- bis 1980er-Jahren wurde der Terminus „Agoric Computing“ geprägt, um die Abbildung von Marktmechanismen wie Auktionen und Ressourcenmanagement in Software abzubilden. Inzwischen hat die Public-Key-Kryptografie die Möglichkeiten hierzu revolutioniert.
Der Begriff „Smart Contract“ wurde etwa 1993 durch den Informatiker Nick Szabo geprägt, um die Verbindung von hochentwickeltem Vertragsrecht und verwandten Disziplinen mit dem Design von E-commerce-Protokollen zu betonen.[6] Szabo, der von Forschern wie David Chaum inspiriert wurde, erwartete, dass Spezifikationen auf Basis klarer Logik, Verifikation auf Basis kryptographischer Protokolle und andere digitale Sicherheitsmechanismen eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem traditionellen Vertragsrecht bringen könnten, sogar für einige traditionelle Anwendungsbereiche.
Die meisten der oben zitierten Beispiele haben sich jedoch vermutlich unabhängig voneinander und von den oben genannten Entwicklungslinien entwickelt, und in der Tat sehen einige Befürworter Smart Contracts als notwendige Weiterentwicklung vieler unabhängiger Bemühungen, um Transaktionen in verschiedenen Industrien auf Basis digitaler Technologien zu verbessern. Verschiedene formale Sprachen wurden entwickelt oder vorgeschlagen, um Vertragsklauseln in Software abzubilden. Das IEEE hat dazu bereits zwei Workshops über [Electronic Contracting] Error: {{Lang}}: text has italic markup (help) abgehalten,[7] die diese Bemühungen unterstützen.
Seit 2015 experimentierte UBS mit Smart Bonds, die als „Bonds“ eine Bitcoin-Blockchain verwenden und in der Zahlungsströme hypothetisch vollständig automatisiert werden könnten, wodurch ein selbstzahlendes Instrument geschaffen würde.[8][9] Im Jahr 2018 beauftragte die Weltbank die Commonwealth Bank of Australia mit der Herstellung des ersten blockchain-basierten Bonds der Welt.[10]
Replizierte Titel und Vertragsausführung
Eine Infrastruktur für Smart Contracts kann durch ein repliziertes Asset-Register und Vertragsausführung über kryptographische Hash-Ketten und fehlertolerante Replikation implementiert werden.
Jeder Knoten in dem Peer-To-Peer-Netzwerk agiert als Register und Treuhänder, der Eigentümerwechsel durchführt und automatisch überprüfbare Regeln über diese Transaktionen abbildet. Alle Transaktionen werden stets von allen anderen Knoten auditiert. Askemos implementierte diesen Ansatz im Jahre 2002[11][12] mit Scheme und in späteren Versionen SQL[13][14] als Vertragsbeschreibungssprache. Askemos beschreibt nur ein Konzept zum gegenseitigen Audit einer Menge unabhängiger Register beliebiger Assets (Werte), ohne diese Register an eine geldartige Ressource zu koppeln. Kryptowährungen wie Bitcoin haben Spezialfälle solcher Register implementiert; dort ist das Asset Geld. Bitcoin und viele seiner Ableger enthalten Mechanismen, die die Verwaltung von allgemeineren Vermögensgegenständen und Verträgen ermöglichen.[15] Eine replizierte Domain Name Registry (.bit) ist in Namecoin implementiert; replizierte Titel für beliebige Vermögensarten sind in den Anwendungen Crypti, Ripple, Mastercoin und Ethereum realisiert.[16] NXT[17] implementiert replizierte Eigentumstitel auf Basis von proof-of-stake in der zugrundeliegenden Währung.
Smart Contracts in der populären Kultur
Der Science-Fiction-Roman Permanence (2002) von Karl Schroeder beschreibt eine „Rechteökonomie“, in der alle physischen Objekte mit „Nano-Tag“ versehen sind. Diese Tags enthalten die vertraglichen Regelungen und setzen sie auch durch, so dass sich z. B. eine Militärmission im All laufend über ihr „Cost-Benefit-Verhältnis“ rechtfertigen muss, ansonsten wird das Raumschiff gestoppt.
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über Smart Contract im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- The Idea of Smart Contracts
- erights.org: Smart Contracts
- The E Language: Cryptographic Capabilities for Distributed Smart Contracting
- The Digital Path: Smart Contracts and the Third World
- "Late on payments? Device won't let car engine start."
- Open-Transactions: open-source Smart Contracts
Einzelnachweise
- ↑ Schüffel, Patrick; Groeneweg, Nikolaj; Baldegger, Rico: The Crypto Encyclopedia: Coins, Tokens and Digital Assets from A to Z. Hochschule für Wirtschaft Fribourg / Growth Publisher, Bern August 2019.
- ↑ Dr. Jörn Heckmann, Dr. Markus Kaulartz: Smart Contracts: Quellcode als Vertragstext, c't, 24/2016, S. 138. online bei heise.de
- ↑ Markus Kaulartz: Von der Blockchain zum Smart Contract, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. März 2016, Nr. 64, S. 16.
- ↑ Für einen Überblick zur rechtlichen Würdigung der Smart Contracts vgl. Lukas Müller/Reto Seiler, Smart Contracts aus Sicht des Vertragsrechts – Funktionsweise, Anwendungsfälle und Leistungsstörungen, Aktuelle Juristische Praxis, 27 (2019) S. 317-328.
- ↑ Michael Möhring, Barbara Keller, Rainer Schmidt, Anna-Lena Rippin, Janine Schulz: Empirical Insights in the Current Development of Smart Contracts. In: PACIS 2018. AIS, Yokohama 2018.
- ↑ Nick Szabo: Smart Contracts. 1994, archiviert vom am 2. November 2001; abgerufen am 28. Januar 2022 (Lua error in Module:Multilingual at line 149: attempt to index field 'data' (a nil value).).
- ↑ The First IEEE International Workshop on Electronic Contracting (WEC) vom 6. Juli 2003
- ↑ https://www.newsweek.com/smart-money-blockchains-are-future-internet-329278
- ↑ https://www.ifre.com/story/1378466/bitcoin-technology-will-disrupt-derivatives-says-banker-qv3qsx1w13
- ↑ World Bank Mandates Commonwealth Bank of Australia for World’s First Blockchain Bond, vom 9. August 2018
- ↑ Jörg F. Wittenberger: Askemos a distributed settlement. 2002 .
- ↑ Proceedings of International Conference on Advances in Infrastructure for e-Business, e-Education, e-Science, and e-Medicine on the Internet.
- ↑ Martin Möbius: Erstellung eines Archivierungskonzepts für die Speicherung rückverfolgbarer Datenbestände im Askemos-System. 2009 .
- ↑ Tom-Steve Watzke: Entwicklung einer Datenbankschnittstelle als Grundlage für Shop-Systeme unter dem Betriebssystem Askemos. 2010 .
- ↑ Smart Property. Bitcoin Wiki, abgerufen am 12. Januar 2014.
- ↑ Ethereum: A Next-Generation Generalized Smart Contract and Decentralized Application Platform. Archiviert vom am 11. Januar 2014; abgerufen am 12. Januar 2014.
- ↑ Bitcoin Descendant NXT Features 100% New Code, Green Mining, Decentralized Trading, More. Yahoo Finance, 23. Dezember 2013, abgerufen am 12. Januar 2014.