Tatmittel und Tatwerkzeuge sind im Strafrecht sämtliche Gegenstände, die vom Täter für eine Straftat verwendet werden oder zur Verwendung bestimmt sind.[1]
Allgemeines
Eine Straftat kennzeichnet sich durch Tatobjekt, Tathandlung, Tatmittel und Tatopfer. Tatobjekt eines Einbruchsdiebstahls nach § 242 StGB ist die fremde Sache, die Tathandlung liegt in der Wegnahme dieser Sache, Tatmittel sind die hierfür benutzten Einbruchswerkzeuge und Transportmittel. Tatmittel ermöglichen oder erleichtern die Tatbegehung.[2] Tatmittel können vom Zeitpunkt des Tatentschlusses bis zur Vollendung der Tat eingesetzt werden.
Kriminalistisch sind Tatmittel als Spurenträger bedeutsam. Damit kann eine Beweisführung für die Tat und Täterschaft begründet werden, zumindest als Beweis dafür, dass ein Verdächtiger am Tatort zugegen war oder einen tatrelevanten Gegenstand angefasst hat.
Arten
Zu den Tatmitteln gehören alle Arten von Gegenständen. Der Kreis der zur Begehung oder Vorbereitung von Straftaten gebrauchten oder bestimmten Gegenstände bedarf einer sinnvollen, am Zweck des Strafgesetzbuches orientierten Einschränkung.[3] Als Tatmittel genügt beispielsweise beim Menschenraub (§ 234 StGB) die Anwendung einfacher Gewalt, also körperlicher Kraft zur Überwindung eines erwarteten oder geleisteten Widerstands.[4] Auch Verhaltensweisen wie List oder Drohung sind nach herrschender Meinung Tatmittel (vgl. § 232 Abs. 4 StGB). Die Einziehung von Tatmitteln ist nach § 74 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn sie zur Begehung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist.[5] Die Anordnung einer Einziehung von Tatmitteln gemäß § 74 Abs. 1 StGB hat den Charakter einer Strafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar.[6] Tatwaffe eines Dreifachmordes aus dem Jahr 1901
Tatmittel können nicht nur gegenüber dem Tatopfer, sondern auch gegenüber Dritten angewandt werden, die schutzbereit sind oder unter deren Obhut sich das Tatopfer befindet.[7]
Die meisten Straftatbestände erfordern die Benutzung von Sachen. Hierzu zählen die Bekleidung des Täters (Verkleidung, Gesichtsmasken, Handschuhe), erforderliche Transportmittel (auch Hubschrauber), Werkzeuge, Nachschlüssel, Fälschungsutensilien, Tatwaffen, Fesseln, Knebeln, Spreng- und Brandvorrichtungen. Auch Gebrauchsgegenstände wie Kommunikationsmittel (Erpresserbrief, Handy), Internet/Personal Computer (Computerkriminalität/Internetkriminalität: § 184b StGB, § 184c StGB, § 263 StGB, Urheberrechtsverletzungen: § 106 StGB) kommen in Betracht. Strafrechtlich ist ein gefährliches Werkzeug ein beweglicher Gegenstand, der durch menschliche Kraft zum Zwecke der Verletzung gegen den Körper in Bewegung gesetzt werden kann.[8] Hierzu gehören auch Kraftfahrzeuge, wenn sich vorsätzlich zum Zwecke der Körperverletzung eingesetzt werden. Waffen sind gefährliche Werkzeuge (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)
Rechtsfragen
Unter dem Rechtsbegriff Tatmittel versteht das Strafrecht Gegenstände, die zur Vorbereitung oder Begehung einer Straftat gebraucht werden oder bestimmt sind (§ 74 Abs. 1 StGB). Die mangelnde Tauglichkeit des Tatmittels spielt beim Versuch im Rahmen des § 23 Abs. 3 StGB eine Rolle. Auch Täter (Strafrecht) oder Teilnehmer können Tatmittel verwenden. Werden für Straftaten gefährliche Werkzeuge eingesetzt, ist der Straftatbestand mit höherer Strafandrohung versehen (etwa gefährliche Körperverletzung: § 224 Abs. 1 StGB 224, gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr: § 315 StGB, Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: § 315b Abs. 1 StGB).
Tatmittel sind wichtige Beweismittel. Zur Sicherstellung können die Strafverfolgungsbehörden gemäß § 102 StPO eine Durchsuchungen anordnen, dies auch zur Nachtzeit (§ 104 StPO). Gemäß § 44 Abs. 1 StPO sind sie in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen; ihre Einziehung (§§ 73 ff. StGB) oder Beschlagnahme ist möglich (§ 94 Abs. 2 StPO, § 111b StPO, § 111c StPO).
International
Die Kriminalistik bedient sich der Erkenntnisse der Biologie, Chemie, Logik, Physik oder Technik, sodass international die gleichen Bedingungen auch für die Tatmittel gelten.
Literatur
- Ingo Wirth (Hrsg.): Kriminalistik-Lexikon (= Grundlagen der Kriminalistik. Nr. 20). 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Hüthig Jehle Rehm, München 2011, ISBN 978-3-7832-0024-9, S. 558.
Einzelnachweise
- ↑ Ingo Wirth (Hrsg.): Kriminalistik-Lexikon (= Grundlagen der Kriminalistik. Nr. 20). 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Hüthig Jehle Rehm, München 2011, ISBN 978-3-7832-0024-9, S. 558 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 24. Februar 2020]): “Tatmittel, vom Täter verwendete Mittel zur Ermöglichung oder Erleichterung der Tatausführung. Zu den T. gehören Tatwerkzeuge wie Nachschlüssel, Fälschungsutensielien, unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen sowie verschiedene Substanzen (Brandlegungs- und Brandbeschleunigungsmittel, Gift) und Tatwaffen, die zum Angriff auf Personen bestimmt sind.”
- ↑ Ingo Wirth (Hrsg.), Kriminalistik-Lexikon, 2011, S. 558
- ↑ C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Hrsg.), Neue Zeitschrift für Strafrecht, Band 26, 2006, S. 226
- ↑ Heinrich Wilhelm Laufhütte/Ruth Rissing-van Saan/Klaus Tiedemann, Leipziger Kommentar StGB, Band 7, 2015, §§ 232-241a, § 234 Rn. 10
- ↑ BGH, Beschluss vom 15. November 2010, Az.: 4 StR 413/10 = NStZ 2011, 209
- ↑ BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018, Az.: 1 StR 159/18 = StV 2019, 20 (Ls.)
- ↑ Gerhard Meyer-Gerhards, Sexueller Missbrauch, Entführung und Freiheitsberaubung bei Bewusstlosigkeit des Opfers, in: JuS, 1974, S. 568
- ↑ Walter Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2001, S. 493