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Walther Schultze (Mediziner)

From Wickepedia

Walther Schultze (* 1. Februar 1893 in Idstein; † 9. Dezember 1970 in Gießen) war ein deutscher Dermatologe, Hochschullehrer und nationalsozialistischer Funktionär.

Leben

Walther Schultze wurde als Sohn eines Kalidirektors geboren und evangelisch getauft. Seit 1913 studierte er Medizin an den Universitäten Gießen, Münster und München. Im Ersten Weltkrieg diente er als Unteroffizier in einem Infanterieregiment. Er wurde kriegsbeschädigt und war ab 1917 als Feldhilfsarzt tätig.

Nach Kriegsende schloss er sein Studium mit der Promotion zum Dr. med. ab. Von 1921 bis 1934 war er als Oberarzt an der Universitäts-Hautklinik in Gießen beschäftigt. 1925 habilitierte er sich dort bei Albert Jesionek über Haut- und Geschlechtskrankheiten. 1929 wurde er nichtbeamteter außerordentlicher Professor in Gießen. Ab 1931 gehörte er der NSDAP an, wurde ab 1934 deren Vertrauensmann an der medizinischen Fakultät. Im selben Jahr war er in Vertretung kurzzeitig Leiter der Universitäts-Hautklinik in Frankfurt am Main. Noch im selben Jahr konnte er eine ordentliche Professur an der Universität Jena antreten, die er bis 1935 innehatte. Während dieser Zeit in Jena betrieb er die Einrichtung einer Abteilung für „asoziale Geschlechtskranke“ in der psychiatrischen Abteilung Stadtroda.

1935 kehrte er an seine Heimatuniversität Gießen zurück, wo er nun als ordentlicher Professor zum Direktor der Hautklinik, verbunden mit der Lupusheilstätte wurde. Die Erteilung des Gießener Ordinariats an Schultze wurde dort damit begründet, er sei „politisch am Eindringen der Revolution in den Bereich der Hochschule entscheidend mitbeteiligt gewesen“.

In Gießen wurde er nun lokaler Führer des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSDDB) und Leiter der Dozentenschaft (Nach Klee währte diese Amtszeit von 1935 bis 1938, nach Grüttner nur 1936–1937).

Zudem war Schultze nationalsozialistischer „Vertrauensmann“ an der Universität und Mitglied im NS-Ärztebund. 1944 gehörte er dem wissenschaftlichen Beirat des Bevollmächtigten für das Gesundheitswesen an.

Er besprach sich 1936 mit dem regional zuständigen Gauleiter Sprenger bezüglich der Bekämpfung „Asozialer“ und war im selben Jahr mit dem Verfassen einer Schrift beschäftigt, in der die „Bekämpfung“ und „Zwangsasylierung“ von „Arbeitsscheuen, Rentenschindern, Alkoholikern, triebhaften Wanderern“ und anderen „Asozialen“ thematisiert wurde.[1]

Klinische Forschung mit Sulfonamiden, besonders mit den sog. Marfanilpudern; ab 1942 im Albert-Jesionek-Krankenhaus, einer Einrichtung für tuberkulöse Kranke, die ihm untersteht, erste Behandlungen mit Thiosemikarbazonen.[2] Diese Tuberkulostatica, die in Elberfeld von den IG Farben entwickelt wurden (Behnisch, Domagk, Mietzsch, Schmidt), sind ihm von Domagk zur klinischen Testung übergeben worden. 1946/47 klinische Erprobung von Conteben, einem Thiosemikarbazon, dem ersten synthetischen Tuberkulostaticum. Die Mitarbeit des Nazifunktionärs Schultze an der klinischen Entwicklung von Thiosemikarbazonen bleibt bis heute unerwähnt.

Die siegreichen Alliierten entfernten den Naziaktivisten Schultze 1945 aus allen Ämtern. Er konnte aber eine Privatpraxis eröffnen, bis er 1950 wieder Ordinarius, jedoch nicht Hautklinikdirektor in Gießen werden konnte.[3]

Literatur

  • Helmut Heiber: Universität unterm Hakenkreuz. Saur, München u. a. 1991–94, Teil I: ISBN 3-598-22629-2; Teil II, 1+2: ISBN 3-598-22628-4.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich : wer war was vor und nach 1945? S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0.
  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik (= Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte. Band 6). Synchron, Heidelberg 2004, ISBN 3-935025-68-8.
  • Detlev Stummeyer: Domagk 1937-1951-Im Schatten des Nationalsozialismus, Springer Berlin, ISBN 978-3-662-61386-3, insbes. Kap. 9: Domagks engster Mitarbeiter, S. 115–126.

Einzelnachweise

  1. Helmut Heiber: Universität unterm Hakenkreuz. Band II,2, Saur, München u. a. 1994, ISBN 3-598-22631-4, S. 161.
  2. vgl. Links & Dokumente: Gerhard Domagk – ein Mythos. In: gerhard-domagk-ein-mythos.de, Detlev Stummeyer, abgerufen am 12. Juli 2023.
  3. Stummeyer, S. 119