Die Wehrhoheit ist ein staatsrechtliches Konzept und zählt zu den Hoheitsrechten.
Mit dem Begriff der Wehrhoheit wird die alleinige Kompetenz des Staates für die Aufstellung bewaffneter Streitkräfte und die Regelung sämtlicher mit dem Militär verbundenen Fragen der Organisation und Funktion beschrieben.
Deutsches Kaiserreich
Obwohl im Zuge der Einigung Deutschlands die meisten Staaten Deutschlands die Wehrhoheit an Preußen abgaben, behielten Bayern, Württemberg und Sachsen eigenständige Armeen, hatten also die Wehrhoheit inne. Nur für den Kriegsfall war die Übertragung des Oberbefehls an den Deutschen Kaiser vorgesehen, was erst 1914 der Fall war.
1919 wurden die Armeen Bayerns, Württembergs und Sachsen dann in die Reichswehr überführt, womit nur noch eine einheitliche Wehrhoheit in Deutschland bestand.
Deutsches Reich: Wehrgesetz vom 16. März 1935
Nach der Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg beschränkten die Siegermächte im Versailler Vertrag die Wehrhoheit des Deutschen Reichs. Die zulässige Truppenstärke des deutschen Reichsheeres war auf 100.000 Mann beschränkt; dazu kamen 15.000 Mann der Reichsmarine. Schwere Artillerie und Panzer waren ebenso verboten wie der Besitz von Unterseebooten und Luftstreitkräften sowie ein Generalstab.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde am 16. März 1935 eine 'Proklamation der Reichsregierung an das deutsche Volk bezüglich der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht' veröffentlicht. Sie endet mit dem Satz
„In diesem Sinne hat die deutsche Reichsregierung mit dem heutigen Tage das folgende Gesetz beschlossen: Gesetz für den Aufbau der Wehrmacht. Vom 16. März 1935.[1]“
Mit der Bekanntgabe des “Wehrgesetzes”[2] wurden auch formal die letzten Beschränkungen des Versailler Vertrages abgestreift und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (zum 1. Oktober 1935) verkündet, womit Hitler ein Versprechen vom Februar 1933 an die Generalität einlöste.[3]
Siehe auch: Aufrüstung der Wehrmacht
Aktuelle Regelungen in einzelnen Ländern
In der Deutschland wurde die Wehrhoheit durch die sogenannte Erste Wehrnovelle zum Grundgesetz vom 26. März 1954 ausschließlich dem Bund übertragen. Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG bestimmt: Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über: (...) die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung. Der Begriff der Wehrhoheit findet keine Verwendung.
In der Schweiz bestimmt Artikel 58 der Schweizerischen Bundesverfassung: Die Schweiz hat eine Armee (...) Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.
Mit der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages am 15. Mai 1955 erhielt Österreich seine staatliche Unabhängigkeit und damit auch seine Wehrhoheit zurück. Mit dem Wehrgesetz vom 7. September 1955 wurde eine allgemeine Wehrpflicht gesetzlich verankert.
Die Wehrhoheit eines Staates ist auch dann gegeben, wenn das betreffende Staatswesen von diesem Hoheitsrecht keinen Gebrauch macht, so dass die Ausübung der Wehrhoheit rein theoretisch ist. Beispielsweise unterhält das Fürstentum Liechtenstein seit 1868 keine Streitkräfte mehr, doch entsprechende Gesetze bestehen nach wie vor.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Proklamation der Reichsregierung an das deutsche Volk bezüglich der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Vom 16. März 1935. Auf: documentarchiv.de. Vgl. Deutsches Reichsgesetzblatt Teil I 1867–1945, S. 375; bei der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB).
- ↑ www.verfassungen.de: Wehrgesetz vom 21. Mai 1935
- ↑ Zum Versprechen Hitlers siehe Punkt 4 der Liebmann-Abschrift.