Akzessorietät (Adjektiv: akzessorisch, von lateinisch accedere ‚hinzutreten‘) ist ein Rechtsbegriff, der die Abhängigkeit des Bestehens eines Rechtes von dem Bestehen eines anderen Rechts kennzeichnet. Juristen sprechen häufig davon, dass das eine Recht am anderen „klebt“. Im Zivilrecht stellt sich die Frage der Akzessorietät bei den Sicherungsrechten, im Strafrecht bei der Tatteilnahme.
Akzessorietät im Zivilrecht
Die Akzessorietät, im juristischen Sprachgebrauch gelegentlich auch als „Angelehntheit“ bezeichnet, kann alle Stadien der beiden in Rede stehenden Rechte erfassen, von der Entstehung über den Fortbestand bis zur Übertragung beziehungsweise dem Erlöschen. Je stärker die Akzessorietät ausgestaltet ist, desto günstiger ist sie als Regel für den Schuldner.[1]
Von praktischer Bedeutung ist die Verknüpfung von Sicherungsrechten und zu sichernden Forderungen,[2] etwa bei Vormerkungen.
Im Kreditwesen wird gegenüber der Fiduziarität abgegrenzt. Das Gesetz verlangt die Abhängigkeit der Kreditsicherheit von einem Kredit und umgekehrt.[3]
Rechtsgrundlagen
Das deutsche Zivilrecht regelt akzessorische Kreditsicherheiten im BGB abschließend. Aufgeführt werden die Bürgschaft gemäß §§ 765 ff. BGB, die Hypothek gemäß §§ 1113 ff. BGB und die Verpfändung gemäß §§ 1204 ff. BGB. Die Vorschriften enthalten die Passage „[…] wegen einer ihm zustehenden Forderung […]“ oder „[…] zur Sicherung einer Forderung […]“.[4] Der Zweck der Sicherung ist Rechtsgrund (Causa) für die Bestellung, ihren Fortbestand und ihren Wegfall. Es handelt sich somit um gesetzliche Sicherungsverträge, sodass die Anforderungen an die vertragliche Sicherungsabrede niedriger ausfallen dürfen.[5] Es wird von „geborenen“ Kreditsicherheiten gesprochen, weil das Gesetz die causa ausdrücklich als Kreditsicherheit vorsieht.
Die Akzessorietät stellt eine Durchbrechung des Trennungsprinzips dar, wonach Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft immer getrennt voneinander zu betrachten sind und die Nichtigkeit etwa des Verpflichtungsgeschäfts sich nicht automatisch auf das Verfügungsgeschäft desselben Vertrags und umgekehrt auswirkt (Abstraktionsprinzip). Bei der Akzessorietät ändert das Gesetz die Trennung zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Geschäft und ordnet der gesicherten Forderung den Tatbestand eines dinglichen Rechts zu.[6]
Eigenschaften akzessorischer Kreditsicherheiten
Die Akzessorietät bleibt bei Rechtsübertragungen (Abtretungen) erhalten. Die Forderung kann gemäß § 401 BGB nur zusammen mit der Sicherheit übertragen werden. Die Sicherheit wird also nicht ohne die zugrunde liegende Forderung abgetreten, beide „kleben“ aneinander. § 401 BGB erwähnt die akzessorischen Sicherheiten als abtretungspflichtige Nebenrechte der Forderung; nicht akzessorische Nebenrechte werden nicht erwähnt.[7] § 1153 Abs. 1 BGB verlangt dies auch für die Hypothek.
Wird der Bürge oder der Grundstückseigentümer bei Hypothek durch den Gläubiger auf Zahlung in Anspruch genommen wird und bezahlt, so geht die Hauptforderung kraft Gesetzes (cessio legis) auf ihn über.[8] Für die Verpfändung hat sich der Gesetzgeber für eine andere Lösung entschieden: der Gläubiger soll sich direkt durch die Verwertung des Pfandgegenstands befriedigen.
Wird der Kredit getilgt, entfällt der schuldrechtliche Sicherungszweck. Eine Bürgschaft erlischt, weil die Forderung untergegangen ist. Gleiches gilt für das Pfandrecht mit Drittwirkung nach (§ 1252 BGB), denn es wird zum Eigentümerpfandrecht. Die Hypothek wandelt sich mit Forderungswegfall in eine Eigentümerhypothek (§ 1163 BGB) um. Hierin liegt ein maßgeblicher Unterschied zu nicht-akzessorischen („abstrakten“) Kreditsicherheiten. Da bei diesen kein gesetzlicher Sicherungszweck zugrunde liegt, müssen sie auf der Grundlage des schuldrechtlich vereinbarten Sicherungsvertrages an den Sicherungsgeber ausdrücklich rückübertragen werden.
Akzessorietät im Strafrecht
Im Strafrecht bestimmt der Grundsatz der Akzessorietät, dass die Strafbarkeit eines Tatteilnehmers (Anstifter, Gehilfe) von der Strafbarkeit der Haupttat des Täters abhängt. Die Abhängigkeit ist in diesen Fällen limitiert, denn es kommt nicht darauf an, ob auch dem Haupttäter ein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Es genügt, dass die Haupttat eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige ist. Auf die Schuld des Täters kommt es nicht an. Eine Teilnahme an der rechtswidrigen Straftat eines Schuldunfähigen kann damit strafbar sein, geregelt in § 28 und § 29 StGB.
Akzessorietät findet Anwendung auch im Umweltstrafrecht (§§ 324 ff. StGB). Das Urheberstrafrecht steht in einer inhaltlichen Abhängigkeit zu den zivilrechtlichen Vorgaben des Urheberrechtsgesetzes und ist insbesondere vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes zu sehen. Im Lichte des Verfassungsrechts ist sie streng und konsequent anzuwenden, wobei die Autonomie des Strafrechts nicht ausgehöhlt werden darf. Die Strafbarkeit ist häufig davon abhängig, dass die vom Täter verursachte Umweltverschmutzung (im Regelfall durch aktives Tun oder gegebenenfalls auch durch ein Unterlassen) nicht von einem öffentlich-rechtlichen Genehmigungsbescheid gedeckt ist. Umgekehrt muss derjenige insoweit straffrei bleiben, als er sich auf eine wirksame Genehmigung (§ 43 Verwaltungsverfahrensgesetz) berufen kann. Man spricht insofern von der „Verwaltungs(akt)akzessorietät“ des Strafrechts. Als Paradebeispiel für mangelnde Akzessorietät im Strafrecht ist die (verbotene) „Mitwirkung beim Selbstmord“ (§ 78 des Österreichischen Strafgesetzbuches). Heftig diskutiert wird insbesondere die Legitimation eines umfassenden Verbots der Mitwirkung, während die Haupttat, der Suizid, nicht strafbar ist.
Literatur
- Carl Creifelds: Rechtswörterbuch. Herausgegeben von Klaus Weber. Bearbeitet von Dieter Guntz. 19. neu bearbeitete Auflage. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55392-9, Stichworte: Akzessorietät, Bürgschaft, Hypothek, Eigentümerhypothek, Pfandrecht.
- Normen Hörnig: Fortbestand akzessorischer Sicherheiten : eine gesellschaftsrechtliche Lösung am Beispiel der Bürgschaft bei Wegfall des Hauptschuldners. (Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2017). Mohr Siebeck, Tübingen 2018. ISBN 978-3161-55968-6.
- Lukas Hüttemann: Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Kreditbürgschaft : Eine Untersuchung und Weiterentwicklung gängiger Klauseln der Bürgschaftsgläubiger unter besonderer Berücksichtigung des Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzips. (Dissertation, Universität Köln, 2019). Duncker & Humblot, Berlin 2020. ISBN 978-3428-58041-5.
- Sebastian Schulze-Bühler: Die Zivilrechtsakzessorietät im Urheberstrafrecht und ihre Grenzen. (Dissertation, Eberhard Karls Universität Tübingen, 2020). Duncker & Humblot, Berlin 2020. ISBN 978-342-858113-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hans Hermann Seiler: Geschichte und Gegenwart im Zivilrecht, Heymanns, Köln 2005, ISBN=978-3-452-25387-3, S. 263.
- ↑ Peter von Wilmowsky: Sicherungsrechte „Allgemeiner Teil“: Strukturmerkmale eines Sicherungsrechts Universität Frankfurt a. Main, 2014
- ↑ Dieter Medicus, JuS 1971, 497.
- ↑ Bei der Bürgschaft aus Sicht des Bürgen freilich „[…] Erfüllung der Verbindlichkeit […]“
- ↑ Jan Wilhelm: Sachenrecht. 2002, S. 787.
- ↑ Jens Thomas Füller: Eigenständiges Sachenrecht? 2006, S. 174.
- ↑ Der Zedent ist nach dem Rechtsgedanken des § 401 BGB im Zweifel schuldrechtlich jedoch auch zur Übertragung nicht akzessorischer Nebenrechte verpflichtet; BGH NJW 1985, 615.
- ↑ § 774 Abs. 1 BGB für die Bürgschaft, § 1143 Abs. 1 BGB für die Hypothek.