Az.: S 12 KR 2059/20
München, 6. Juni 2021
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Ohne Anerkenntnis, daß es sich beim Gerichtsbescheid vom 4. Mai 2021 – zugestellt am 7. Mai 2021 – um einen rechtmäßig ergangenen Bescheid handelt, wird – rein vorsorglich zur Fristwahrung – mündliche Verhandlung beantragt. Auch weiterhin wird die ausdrückliche Aufhebung des Bescheides verlangt.
Die Voraussetzungen des § 105 Abs 1 SGG liegen nicht vor. Frau Wicke steht ein Ermessen über Entscheidung durch Gerichtsbescheid oder Urteil nur dann zu, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Das ist hier nicht der Fall.
Die Sache weist Schwierigkeiten sowohl rechtlicher als auch tatsächlicher Art auf. Der Sachverhalt ist nur insofern geklärt, als daß die Beklagte dem Vortrag des Klägers nicht widersprochen hat und dieser folglich als zugestanden gilt. Frau Wicke übergeht den Vortrag des Klägers jedoch vollständig, und er findet im Gerichtsbescheid keine Berücksichtigung, daher ist auch diese Voraussetzung nicht gegeben. Der Kläger wurde offenkundig auch nicht gehört, denn sein Vortrag findet im Gerichtsbescheid keine Berücksichtigung. Näheres hierzu ist im Schreiben des Klägers vom 6. April 2021 ausgeführt.
Die Verwaltungsakte der Beklagten – dem Kläger liegt die Version vom 19. Januar 2021 vor – ist unvollständig. Der Grund hierfür ist klar: Frau Wicke hatte Schriftsätze des Klägers nicht weitergeleitet. Der Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 wurde von Frau Wicke erst am 17. November 2020 weitergeleitet. Ob und wann der Schriftsatz vom 28. September 2020 bei der Beklagten eingegangen ist, lässt sich zweifelsfrei entweder durch Akteneinsicht oder Herausgabe der Daten durch die Beklagte klären.
Da die Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des § 105 Abs 1 SGG offenkundig fehlen, ist der Gerichtsbescheid nichtig. Nach dieser Sichtweise ist die Berufung noch nicht gegeben. Der Antrag auf mündliche Verhandlung hat als unmittelbare Folge, daß der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gilt. Mangels einer anderweitigen gesetzlichen Regelung ist hier durch Urteil, nach mündlicher Verhandlung, zu entscheiden. [ 2 ]
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Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid wird dem Kläger eine Berufungsfrist von drei Monaten, und somit eine längere Frist als jene für den Antrag auf mündliche Verhandlung, zugestanden. Die Frage, ob hier Berufung statthaft ist und einzulegen wäre, kann daher zunächst offen bleiben, bis Klarheit über die Folgen des Antrags auf mündliche Verhandlung besteht.
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Das zugestellte Dokument leidet an einem formellen Zustellungsmangel. Er wurde ohne einen den Erfordernissen entsprechenden Beglaubigungsvermerk und ohne jegliche Unterschrift versendet. Dem Kläger wurde der Gerichtsbescheid folglich nicht rechtswirksam zugestellt.
Da dieser zudem als Beweismittel in einer anderen Verfahrensart benötigt wird, muss darum gebeten werden, diesen Umstand zu korrigieren. Dies kann auch im ERV mit einer verifizierbaren digitalen Signatur erfolgen.
Den analogen Zustellungsmangel zur Az S 12 KR 1265/20 ER – die Seite mit dem Gerichtssiegel fehlte vollständig – hat der Kläger übrigens aus jenem Grund toleriert, daß es gegenüber einem wenig ernstzunehmenden Staat wie der Bundesrepublik vorteilhafter scheint, ein einfach begründbares Verfahren wegen Konventionsverletzung nicht deshalb zu verzögern.