SOZIALGERICHT MÜNCHEN
In dem Antragsverfahren
F[..], 80802 München
- Antragsteller -
gegen
Techniker Krankenkasse, Hauptverwaltung, vertreten durch den Vorstand, Bramfelder
Straße 140, 22305 Hamburg
- Antragsgegnerin -
Krankenversicherung
erlässt die Vorsitzende der 18. Kammer, Richterin am Sozialgericht Seybold, ohne mündliche Verhandlung am 8. Juli 2021 folgenden
Beschluss:
I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am [..] geborene Antragsteller war bis 30.09.2020 Mitglied der Antragsgegnerin. Er leidet unter einer sehr seltenen, multipel vorbehandelten onkologischen Grunderkrankung und einer Eisenüberladung.
Der Antragssteller hat am 16.07.2020 die Übernahme der Kosten eines „Off-Label-Use“ für das Medikament Exjade im Rahmen einer Chelat-Therapie beantragt. [ 2 ]Mit Bescheid vom 24.09.2020 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab, gestützt auf zwei sozialmedizinische Gutachten des MDK, die übereinstimmend feststellten, dass die Voraussetzungen für einen Off-Labe-Use nicht gegeben seien.
Bereits am 17.09.2020 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München gestellt (Az.: S 12 KR 1265/20 ER) und beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller mit dem Arzneimittel Exjade zu versorgen. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 17.11.2020 zurückgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Off-Label-Use nicht erfüllt seien.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (Az.: L 5 KR 542/20 B ER) eingelegt, unter anderem mit der Begründung, dass Genehmigungsfiktion eingetreten sei. Im Rahmen der Beschwerde beantragte der Antragsteller, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.11.2020 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller mit dem Arzneimittel Exjade zu versorgen. Die Beschwerde ist mit Beschluss vom 03.02.2021 zurückgewiesen worden. Aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin zum 30.09.2020 sei der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (nachträglich) unzulässig geworden. Zudem habe das Sozialgericht den Antrag auf vorläufige Versorgung zu Recht abgelehnt. Nach eingehender Prüfung bestünden vorliegend keine Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Denn der Antragsteller habe eine Sachleistung geltend gemacht. Da ihm keine Kosten entstanden seien, habe er folgerichtig auch keine Klageänderung vorgenommen. Ein Sachleistungsanspruch stehe ihm ab Beendigung der Mitgliedschaft nicht mehr zur Seite. Auch habe die Antragsgegnerin die Entscheidungsfrist nach § 13 Abs. 3a SGB V nicht verletzt, da sie entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Frist zur Bescheidung des Antrags jeweils wirksam verlängert habe. Im Übrigen folge aus der Genehmigungsfiktion allein ein Anspruch auf Kostenerstattung, nicht aber auf die hier begehrte Sachleistung in Form der Versorgung mit einem Medikament.
Am 20.05.2021 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz (Az.: S 18 KR 717/21 ER) beim Sozialgericht München beantragt und zugleich Klage erhoben (Az.: S 18 KR 725/21).
Der Antragsteller beantragt, [ 3 ]die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, die beantragte Leistung in jenem Umfang als Sachleistung zu erbringen, wie es der alten Rechtsprechung, also Sachleistungsanspruch aufgrund Antrag während Mitgliedschaft, in Verbindung mit der sich nachträglich als täuschend herausstellenden Behauptung der Beklagten, sie würde Krankenversicherung anbieten, entsprochen hätte.
Hilfsweise beantragt der Antragsteller,
- die Antragsgegnerin zu verpflichten, im Umfang der beantragten Leistung entsprechend hypothetischer - weil nur vorgetäuschter - Versicherung durch die Antragsgegnerin, dem Kläger Ersatz für unterbliebene Sachleistung aus Anspruch während Mitgliedschaft - i.e. nach alter Rechtsprechung - im Wege vorausgehender oder unverzügliche Kostenerstattung zu leisten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- die Anträge als unzulässig abzuweisen.
Die Antragsgegner hat erklärt, dass den gestellten Anträgen auf Sachleistungen/Kostenerstattung die Rechtskraft der abgeschlossenen Verfahren entgegenstehe. Dem Begehren auf Sachleistungen stehe bereits die fehlende Mitgliedschaft des Antragstellers entgegen.
Zur Ergänzung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Gerichtsakte im Verfahren S 12 KR 1265/20 ER hingewiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unzulässig. Allein aufgrund der Tatsache, dass die Mitgliedschaft des Antragstellers bei der Antragsgegnerin zum 30.09.2020 bereits beendet wurde, fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anordnung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auf Sachleistung, sodass der Antrag unzulässig ist. [ 4 ]Darüber hinaus war der Antrag als auch der Hilfsantrag als unzulässig abzuweisen, da über den identischen Streitgegenstand bereits im Verfahren S 12 KR 1265/20 ER / L 5 KR 542/20 B ER entschieden wurde.
Beschlüsse im Eilverfahren sind der formellen und materiellen Rechtskraft fähig (Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage, § 86b, Rn. 44a). Mit abgeschlossener Beschwerde ist die Entscheidung des Sozialgerichts unanfechtbar. Damit steht die Rechtskraft der Stellung eines neuen Antrags mit gleichen Rechtsschutzziel bei unveränderter Sach- und Rechtslage entgegen. Der Beschluss des SG München im Verfahren S 12 KR 1265/20 ER und der Beschluss im Beschwerdeverfahren L 5 KR 542/20 B ER beinhaltet eine selbstständige und für die Beteiligten nicht mehr angreifbare und insofern grundsätzlich endgültige Entscheidung. (vgl. Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl., Rn. 40; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03. April 2014 – L 2 AS 572/14 B ER –, juris). Die Sach- und Rechtslage hat sich, insbesondere auch durch das Ende der Mitgliedschaft zum 30.09.2020, in Bezug auf das vorangegangene Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geändert, sodass die Beteiligten an die Entscheidung im vorangegangenen Verfahren gebunden sind.
Das Gericht weist ergänzend bezüglich des Hilfsantrags darauf hin, dass auch dieser den identischen Streitgegenstand betrifft, da der Antrag einen Ersatz für unterbliebene Sachleistung beinhaltet. Wie bereits oben ausgeführt ist über den fehlenden Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Antragstellerin auf Versorgung im Rahmen des Sachleistungsprinzips bereits im vorausgegangenen Verfahren rechtskräftig entschieden worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG. [ 5 ] Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 SGG Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht statthaft. Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Sozialgericht München, Richelstraße 11, 80634 München, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht München in elektronischer Form einzulegen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form eingelegt wird.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder
- - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung.
Die Vorsitzende der 18. Kammer
Seybold
Richterin am Sozialgericht