Die Gerichtsorganisation in Deutschland umfasst die Errichtung von Gerichten im Bund und in den Ländern (Art. 92 GG).
Es wird unterschieden zwischen der Verfassungsgerichtsbarkeit nach Art. 95 GG und der in Abgrenzung von der Verfassungsgerichtsbarkeit genannten Fachgerichtsbarkeit im weiteren Sinne.
Die Fachgerichtsbarkeit besteht aus fünf Zweigen, in denen jeweils der Rechtsweg möglich ist:
- ordentliche Gerichtsbarkeit
- Verwaltungsgerichtsbarkeit
- Arbeitsgerichtsbarkeit
- Sozialgerichtsbarkeit
- Finanzgerichtsbarkeit.
Unter Fachgerichtsbarkeit im engeren Sinne werden die Gerichte ohne die ordentlichen Gerichte verstanden.
Ausnahmegerichte sind unzulässig (Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG).
Verfassungsgerichtsbarkeit
Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Funktion des Verfassungsgerichts auf Bundesebene wahr. Daneben bestehen Verfassungsgerichte der Länder. Zwischen den Verfassungsgerichten der Länder und dem Bundesverfassungsgericht besteht kein Instanzenverhältnis.
Wichtigste Einrichtung der Verfassungsgerichtsbarkeit auf Bundesebene ist die Verfassungsbeschwerde, die einen Anteil von 90 % aller Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einnimmt. Diese ist jedoch keine Erweiterung des fachgerichtlichen Instanzenzuges,[1] das Bundesverfassungsgericht keine Superrevisionsinstanz. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Einzelnen als außerordentlicher Rechtsbehelf zur prozessualen Durchsetzung seiner Grundrechte oder der diesen gleichgestellten Rechte beim Bundesverfassungsgericht gewährt.[2] Daneben ist das Bundesverfassungsgericht auch zuständig für Normenkontrollverfahren, Wahlprüfungen, Parteienverbote, Organstreitigkeiten oder Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern bzw. einem einzelnen Land wie auch zwischen Ländern untereinander (Art. 93 GG).
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Die ordentlichen Gerichte üben die Strafgerichtsbarkeit und die Zivilgerichtsbarkeit (einschließlich der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) aus.
Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist vierstufig aufgebaut. Es bestehen
- der Bundesgerichtshof,
- die Oberlandesgerichte (in Berlin Kammergericht),
- die Landgerichte und
- die Amtsgerichte.
Daneben besteht als besonderes Gericht das Bundespatentgericht. Dieses wird, da seine Entscheidungen beim Bundesgerichtshof anzufechten sind, auch zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gezählt.
Arbeitsgerichtsbarkeit
Zuständig sind die Arbeitsgerichte insbesondere für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, für Streitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien und für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Betriebsverfassung.
Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist dreistufig aufgebaut. Es bestehen
- das Bundesarbeitsgericht,
- die Landesarbeitsgerichte und
- die Arbeitsgerichte.
An den Arbeitsgerichten nehmen ehrenamtliche Richter, die aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestellt werden, an der Rechtsprechung teil.
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Zuständig sind die Verwaltungsgerichte für die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art (§ 40 Abs. 1 S. VwGO). Die Abgrenzung zu den Zivilgerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und zu der Sozialgerichtsbarkeit ist teilweise recht kompliziert und auch umstritten.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist dreistufig aufgebaut. Es bestehen
- das Bundesverwaltungsgericht,
- die Oberverwaltungsgerichte (teilweise auch Verwaltungsgerichtshof genannt) und
- die Verwaltungsgerichte.
Eine besondere Verwaltungsgerichtsbarkeit des Bundes bilden die Wehrdienstgerichte.
Sozialgerichtsbarkeit
Zuständig sind die Sozialgerichte insbesondere für Streitigkeiten, die sich aus dem Sozialrecht ergeben. Die Abgrenzung der Sozialgerichtsbarkeit von der Verwaltungsgerichtsbarkeit ergibt sich aus den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes.
Die Sozialgerichtsbarkeit ist dreistufig aufgebaut. Es bestehen
- das Bundessozialgericht,
- die Landessozialgerichte und
- die Sozialgerichte.
In der Sozialgerichtsbarkeit nehmen ehrenamtliche Richter an der Rechtsprechung teil.
Finanzgerichtsbarkeit
Die Finanzgerichtsbarkeit entscheidet über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Abgabenangelegenheiten, also über Streitigkeiten über Bundes- und Landessteuern und Zölle sowie über berufsrechtliche Streitigkeiten der Steuerberater nach dem Steuerberatungsgesetz. Die Abgrenzung der Finanzgerichtsbarkeit von der Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgt durch die Aufzählung der Zuständigkeiten der Finanzgerichte nach der Finanzgerichtsordnung.
Die Finanzgerichtsbarkeit ist zweistufig aufgebaut. Es bestehen
- der Bundesfinanzhof und
- die Finanzgerichte.
Statistik
Stand: 15. Mai 2017[3]
Land | VfGb. | ordentliche Gb. | Arbeitsgb. | Verwaltungsgb. | Sozialgb. | FinGb. | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
AG | LG | OLG | ArbG | LAG | VG | OVG/ VGH |
SG | LSG | FG | ||
BW | 1 | 108 | 17 | 2 | 9 | 1 | 4 | 1 | 8 | 1 | 1 |
BY | 1 | 73 | 22 | 3 | 11 | 2 | 6 | 1 | 7 | 1 | 2 |
BE | 1 | 11 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | –a | –a |
BB | 1 | 24 | 4 | 1 | 6 | –b | 3 | –b | 4 | 1 | 1 |
HB | 1 | 3 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | –c | 1 |
HH | 1 | 8 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
HE | 1 | 41 | 9 | 1 | 7 | 1 | 5 | 1 | 7 | 1 | 1 |
MV | 1 | 10 | 4 | 1 | 3 | 1 | 2 | 1 | 3 | 1 | 1 |
NI | 1 | 80 | 11 | 3 | 15 | 1 | 7 | 1 | 8 | 1 | 1 |
NW | 1 | 129 | 19 | 3 | 30 | 3 | 7 | 1 | 8 | 1 | 3 |
RP | 1 | 46 | 8 | 2 | 5 | 1 | 4 | 1 | 4 | 1 | 1 |
SL | 1 | 10 | 1 | 1 | 3 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
SN | 1 | 25 | 5 | 1 | 5 | 1 | 3 | 1 | 3 | 1 | 1 |
ST | 1 | 25 | 4 | 1 | 4 | 1 | 2 | 1 | 3 | 1 | 1 |
SH | 1 | 22 | 4 | 1 | 5 | 1 | 1 | 1 | 4 | 1 | 1 |
TH | 1 | 23 | 4 | 1 | 4 | 1 | 3 | 1 | 4 | 1 | 1 |
Gesamt | 16 | 638 | 115 | 24 | 110 | 18 | 51 | 15 | 67 | 14 | 18 |
Bund | BVerfG | BGH, BPatG | BAG | BVerwG, 2 TDG | BSG | BFH |
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ BVerfGE 33, 247, 259
- ↑ BVerfG, Beschluss vom 27. September 1951 - 1 BvR 61/51 Rdn. 3.
- ↑ BMJV: Gerichte des Bundes und der Länder am 15. Mai 2017 (ohne Dienst- und Ehrengerichtsbarkeit) [Fehler dort: Zahl der LAG im SL nicht 8, sondern 1]; Zahlen bis 2010 finden sich im Statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland (zuletzt 2011 S. 270 ( vom 3. März 2017 im Internet Archive))