Eine Islamistendatei ist ein von der Gewerkschaft der Polizei in Deutschland gefordertes Verzeichnis der bisher von verschiedenen Stellen gesammelten Daten über islamistische Extremisten.
Der Vorsitzende der GDP Konrad Freiberg hatte das Nebeneinander von Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Polizei kritisiert. Sie sollten bundesweit auf sämtliche Daten zu Islamisten zurückgreifen können. Der Vorschlag fand im Juni und Juli 2004 immer breitere Zustimmung bei vielen Bundesländern und gilt am 7. Juli 2004 als beschlossene Sache auf der Innenministerkonferenz in Kiel.
Als Auslöser dieser Überlegungen gelten neben den von Verfassungsschutzbehörden gemeldeten zunehmenden islamistisch motivierten Gewalttaten der Fall des auch als Hassprediger bezeichneten Metin Kaplan.
Zweck einer Islamistendatei
Als Ziel einer solchen Datei sieht man präventive Festsetzung potentieller Gewalttätern in Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung terroristischer Aktivitäten. Bereits vorhandene erkennungsdienstliche Informationen über die Gruppe gewaltbereiter Islamisten könnten für eine Observation und staatliche Überwachungsmaßnahmen (siehe Großer Lauschangriff) zentral erfasst und schneller aufbereitet werden.
Kritik
Kritiker befürchten, eine zentrale Datei für islamistische Extremisten könne den Datenschutz verletzen. So ist fraglich, nach welchen Kriterien eine solche Datei geführt werden soll. Potenzielle islamistische Gewalttäter lassen sich häufig kaum anhand mit Hilfe eindeutiger demografischer oder psychologischer Indizien von gewöhnlichen Gläubigen unterscheiden.
Eine qualifizierte Indizierung sog. Hassprediger werde die Fahndungsbehörden vor Qualifizierungsprobleme stellen, etwa ob der Autor eines religiösen Artikels zum Thema Dschihad ein potentieller Gewalttäter sei, oder ob er im Rahmen der Religionsausübung eine erbauliche theologische Diskussion führe.
Die Wortwahl des Terminus wird als Diskriminierung verstanden und dafür "Extremistendatei" vorgeschlagen.
Auf Ablehnung stößt die Forderung nach einer Islamistendatei in Deutschland bei der FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Ob eine zentrale Islamistendatei tatsächlich realisiert wird, steht derzeit nicht fest.
Weblinks
- Gewerkschaft der Polizei fordert bundesweite Islamisten-Datei. In: Schwäbische Zeitung. 2. Juni 2004, abgerufen am 9. September 2015.
- Pressemitteilung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz zur Forderung einer bundesweiten Islamistendatei vom 4. Juli 2004
- Bundesdatenschützer hält bundesweite Islamistendatei für unnötig. In: heise online. 5. Juni 2004, abgerufen am 9. September 2015.
- Islamistendatei soll erheblich erweitert werden In: Der Spiegel 20. November 2004. Abgerufen am 9. September 2015.
- Schily kündigt zentrale Islamistendatei an. In: Der Tagesspiegel. 15. Dezember 2004, abgerufen am 9. September 2015.
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage (Drucksache 16/345) Gefahr des Abbaus von Grundrechten im Antiterrorkampf (Drucksache 16/416). In: Deutscher Bundestag. 20. Januar 2006, abgerufen am 9. September 2015.