Kai Schürholt (* 2. Oktober 1971 in Bochum) ist ein ehemaliges Mitglied der CDU. Wegen des unberechtigten Führens eines Doktorgrades und wegen falscher Angaben in seinem Lebenslauf erlangte er im Rahmen einer Kandidatur für die Oberbürgermeisterwahl in Landau in der Pfalz bundesweite Bekanntheit. Für die missbräuchliche Titelführung wurde er 2008 rechtskräftig verurteilt.
Ausbildung und Beruf
Schürholt wuchs in Castrop-Rauxel auf, wo er 1991 am Ernst-Barlach-Gymnasium das Abitur machte. Schon als Schüler war er in der evangelischen Gemeinde aktiv. Laut WAZ war er in seiner Heimatgemeinde Castrop-Rauxel auch gelegentlich als Laienprediger tätig.[1] Zeitweilig hatte er das Amt eines Beisitzers im Berliner Landesvorstand des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU inne.
Während seines Studiums der Evangelischen Theologie in Heidelberg und Göttingen gehörte Schürholt den Studentenverbindungen Landsmannschaft Zaringia und Landsmannschaft Gottinga an.
Bis Ende Oktober 2006 war Schürholt Mitarbeiter im Büro des Bundestagsabgeordneten Jürgen Herrmann, davor hatte er in gleicher Funktion für den Bundestagsabgeordneten Cajus Julius Caesar gearbeitet. Von November 2006 bis März 2007 war er Pressesprecher des Deutschen Brauer-Bundes.
Kandidatur für das Oberbürgermeisteramt in Landau
Bundesweites Aufsehen erregte Schürholt, als er für das Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Landau in der Pfalz kandidierte. Es wurde nämlich bekannt, dass er – auch bereits als Pressesprecher des Deutschen Brauer-Bundes – den auf seinen Wahlplakaten ausgewiesenen akademischen Grad Doktor führte, ohne dazu berechtigt zu sein; denn es war noch keine Promotion erfolgt.[2][3] Mit der Lüge,[2] an einem Hirntumor zu leiden, zog er sich daraufhin aus dem Wahlkampf zurück. Nachdem die Unwahrheiten öffentlich geworden waren, zog er seine Kandidatur zurück. Zudem stellte sich im Nachhinein heraus, dass er im Wahlkampf eine Ehescheidung verschwiegen hatte und somit nicht – wie angegeben – ledig war. Nach Schürholts Rückzug war es seiner Partei, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs die Bürgermeister, später Oberbürgermeister in Landau gestellt hatte,[4] nicht mehr möglich, zur Wahl einen anderen Kandidaten zu benennen, da die Fristen dazu verstrichen waren.
Bei der Wahl selbst erhielt Schürholt, den die Presse „geständiger Lügner“[5] nannte, trotz seines Rückzugs 5,7 % der abgegebenen Stimmen. Teilweise waren wikipedia-de:Briefwahlstimmen schon vor dem Skandal abgegeben worden, doch sein Name wurde auch am eigentlichen Wahltag in einigen Wahllokalen noch von gut 5 % der Wähler angekreuzt; am besten schnitt Schürholt im Wahlbezirk „Katholisches Altenzentrum“ ab.[5] Anfang September 2007 kam Schürholt einem drohenden Ausschluss aus der CDU durch seinen Parteiaustritt zuvor. Der Landauer CDU-Kreisvorstand, der unter seinem Vorsitzenden Ralf Göbel den Kandidaten Schürholt vermittelt hatte, trat geschlossen zurück.[5]
Am 19. Dezember 2007 wurde Schürholt wegen Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen nach § 132a StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt.[6] Da die Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatte, kam es am 16. Mai 2008 erneut zu einer Gerichtsverhandlung. Ende Juni 2008 wurde Schürholt dann zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.[7] Nachdem er wenig später die ursprünglich eingelegte Revision zurückgezogen hat, gilt er als vorbestraft.[8]
Die Affäre ging als Landauer Doktorspiel auch in die regionale Kulturszene ein.[9]
Späteres Leben
Schürholt wurde Direktor des Hotels im Kloster Wöltingerode.[10] Am 30. Juni 2017 wurde er mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Cellerar GmbH, die das Klosterhotel Wöltingerode betreibt, durch deren Alleingesellschafter, den Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, abberufen, da er ohne dessen Wissen ein konkurrierendes Unternehmen, das Hotel Garni Kirchner,[11] gegründet haben soll.[12] Der Klosterfonds erstattete gegen ihn Strafanzeige wegen Untreue.[13] Ein Prozess gegen Schürholt wegen gewerbsmäßiger Untreue in 45 Fällen vor dem Landgericht Braunschweig wurde im Januar 2021 verschoben;[14] er begann am 31. März 2021.[15] Nach zwölf Verhandlungstagen verurteilte das Landgericht Braunschweig Schürholt wegen Untreue in 29 Fällen zu drei Jahren Haft.[16]
Weblinks
- Christoph Hickmann: Ein echter Überraschungskandidat. In: sueddeutsche.de. 19. Mai 2010, abgerufen am 16. September 2021.
- Matthias Bartsch: Polit-Hochstapler: Als Herr Schürholt einen Tumor erfand. In: Der Spiegel. 19. Dezember 2007, abgerufen am 16. September 2021.
- Kai Schürholt in SWR „Ländersache“ auf YouTube, 1. September 2007, abgerufen am 16. September 2021.
Einzelnachweise
- ↑ Peter Langenbach: Das achte Gebot und der „Köpenick von Landau“ - Die CDU in Rheinland-Pfalz stolpert wieder einmal über die eigenen Füße. In: Neue Nachrichten. 3. September 2007 (Online [abgerufen am 26. September 2007]). Online ( vom 28. September 2007 im Internet Archive)
- ↑ 2.0 2.1 Doktortitel und Tumor frei erfunden. In: Focus Online. 24. August 2007 (Online [abgerufen am 26. September 2007]).
- ↑ Wissenschaft – Hintergrund: Wenn Politiker über Doktortitel stolpern. In: Zeit Online. 23. November 2011, archiviert vom am 4. April 2015; abgerufen am 23. Mai 2012.
- ↑ Christoph Hickmann: Ein echter Überraschungskandidat. In: Süddeutsche Zeitung. 30. August 2007 (Online [abgerufen am 26. September 2007]).
- ↑ 5.0 5.1 5.2 „SPD muss sich bei Baldauf entschuldigen“. In: Wormser Zeitung. 4. September 2007 (Online [abgerufen am 26. September 2007]). Online ( vom 27. September 2007 im Internet Archive).
- ↑ Lügenaffäre: Schürholt wegen Titelmissbrauch zu Geldstrafe verurteilt. In: ad hoc news. 19. Dezember 2007.
- ↑ Schürholt muss höhere Geldstrafe zahlen. In: ad hoc news. 30. Juni 2008.
- ↑ Julia Grunschel: Kai Schürholt zieht Revision zurück. In: Ruhrnachrichten. 24. September 2008, abgerufen am 13. Mai 2021 (mit Foto von 2008).
- ↑ Albert H. Keil: Das Landauer Doktorspiel. Verlag PfalzMundArt, 2007, abgerufen am 11. Mai 2021.
- ↑ Achtermann: Geistesbrüder: „Dr.“ Schürholt und „Dr.“ Guttenberg. In: Der Freitag. 27. Februar 2011, abgerufen am 12. Mai 2021.
- ↑ Hotel Garni Kirchner: Impressum. Abgerufen am 12. Mai 2021 (Geschäftsführer: Kai Schürholt).
- ↑ Oliver Stade: Klosterkammer trennt sich von Kai Schürholt. In: [[wikipedia-de:Goslarsche Zeitung|]]. 5. Juli 2017, abgerufen am 2. Februar 2020.
- ↑ Oliver Stade: Mobbing? Cellerar-Betriebsrat prüft Vorwürfe. In: [[wikipedia-de:Goslarsche Zeitung|]]. 20. Oktober 2017, abgerufen am 12. Mai 2021.
- ↑ Sabine Schilling: Prozess gegen Kai Schürholt verschoben. In: [[wikipedia-de:Die Rheinpfalz|]]. 12. Januar 2021, abgerufen am 12. Mai 2021.
- ↑ Legal Tribune Online: Untreue im Klosterhotel. In: Die juristische Presseschau. 31. März 2021, abgerufen am 12. Mai 2021.
- ↑ Eva Klag-Ritz: „Ein spezielles Verhältnis zur Wahrheit“. In: [[wikipedia-de:Die Rheinpfalz|]]. 28. Mai 2021, abgerufen am 8. Juni 2021.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Schürholt, Kai |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU) |
GEBURTSDATUM | 2. Oktober 1971 |
GEBURTSORT | Bochum |