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Krankenhauscontrolling

From Wickepedia

Die Hauptaufgabe des Krankenhauscontrollings (Managements im Krankenhaus) besteht in einer Ausrichtung am Zielsystem des Krankenhauses. Eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen und wirtschaftlich selbstständigen Krankenhäusern stellt dabei das Ziel der Planung dar.[1] Die analytischen Möglichkeiten und damit auch die Potenziale des Krankenhauscontrollings sind in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Neue Wege der Datenakquise, Datenverarbeitung, Datenbereitstellung und statistischer Auswertungsmöglichkeiten unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz können Krankenhäusern dazu dienen, Erfolgspotenziale im Bereich der Qualität und Wirtschaftlichkeit zu heben, zu monitoren und zu steuern. Im Rahmen von Big Data kommt dem Controlling eine noch größere Bedeutung zu. Die Datenvielfalt und die neuen Möglichkeiten erlauben deutlich tiefere Einblicke in das Krankenhaus, was die Messung und Steuerung erleichtern kann.

Standarddatensätze

An erster Stelle steht die Akquise der Daten, die auf der einen Seite möglichst einfach, standardisierbar und automatisierbar sein sollte und auf der anderen Seite die notwendigen Variablen bereitstellen muss, die für eine wiederkehrende Performance-Messung und das darauf aufbauende Performance-Management erforderlich sind.

Als Basisdatensatz bieten sich die Daten von § 21 nach KHEntgG[2] an. Dieser Datensatz enthält ein sehr umfangreiches Datenset, muss standardmäßig von jedem Krankenhaus in Deutschland erstellt werden und kann sowohl qualitative klinische Outcomes als auch wirtschaftliche Kennzahlen generieren. Eine wichtige Voraussetzung bei der Nutzung dieser Daten in einem Reporting-Tool ist eine ausgereifte Anonymisierungssoftware, die die sensiblen Patientendaten so weit anonymisiert, dass sie ohne Bedenken für analytische Zwecke verwendet werden können.

Ergänzend können weitere prozessuale Daten aus dem OP, einem wichtigen Wertschöpfungsbereich des Krankenhauses, verwendet werden. Auch diese Daten werden in den meisten Krankenhäusern standardisiert erfasst und können ohne große Probleme in ein Berichtswesen integriert werden. Auch hier gilt die Anonymisierung der Daten als wichtige Grundvoraussetzung.

Finanzdaten gehören ebenfalls zu den Basisdaten, die in einer guten Reporting-Struktur nicht fehlen dürfen. Hier bietet sich sowohl eine Schnittstelle zur Finanzbuchhaltung an, um monatlich das operative Controlling im Blick zu haben, als auch eine Kostenträgerrechnung, die im besten Fall in Analogie zur Struktur der Kosten der InEK-Kalkulationskrankenhäuser erstellt wird, um auch direkt das Benchmarking bedienen zu können.

Eine intelligente Software sollte zusätzlich einige Markt- und Wettbewerbsdaten als Integrationsmöglichkeit bereithalten, um neben dem internen Fokus auch die externe Perspektive controllen zu können.

Darüber hinaus sollte die Möglichkeit der Integration von Qualitätsdaten, wie zum Beispiel die Daten nach §137 SGB V, offen stehen, die auch ohne einen internen Aufwand beim Krankenhaus erhoben werden können.

Key-Performance-Indicators (KPIs)

Die Beantwortung der Frage, welche Key-Performance-Indicators (KPIs) die richtigen sind, gehört zur Königsdisziplin des Krankenhausmanagement. Die neuen Möglichkeiten intelligenter Analytics-Dashboards legen nahe, differenzierte Dashboards für unterschiedliche Wertschöpfungsbereiche zu definieren.

Zu unterscheiden sind strategische Dashboards von operativen Dashboards, da sich sowohl die Adressaten als auch die Ziele, die damit verfolgt werden, stark unterscheiden. Die Auswahl der Dashboards hängt letztlich von den Anwendern ab, die in den Mittelpunkt der Analyse gerückt werden sollen.

Dashboard-Art Dashboard Inhalte Adressaten
Strategisch Strategisches Controlling Meta-Kennzahlen zur mehrjährigen Leistungs- und Ressourcenentwicklung

des Gesamthauses inklusive Fachabteilungen

Geschäftsführung, Chefärzte, Pflegedirektion
Strategisch Qualitätsdashboard Meta-Kennzahlen zur mehrjährigen Qualitätsentwicklung anhand von

Qualitätsroutinedaten

Geschäftsführung, Chefärzte, Pflegedirektion
Operativ Klinische Funktionsbereiche Operative Kennzahlen zu den klinischen Funktionsbereichen wie

Herzkatheterlabor, OP-Bereich, Radiologie, Endoskopie, Sonographie

Chefärzte, Oberärzte, Funktionsbereichsleitung
Operativ Klinische Leistungsschwerpunkte Operative Kennzahlen zu den klinischen Leistungsschwerpunkten wie

Endoprothetik, Onkologie, Stroke-Unit, Robotik, Wirbelsäulenchirurgie, Geburtshilfe, Hygiene und Infektionen

Chefärzte, Oberärzte
Operativ/strategisch Zuweisermarketing Dashboards zur Einweiserstruktur, dem Einweiserpotenzial und

der Marktausschöpfung

Chefärzte

Transparenz für alle Entscheidungsträger

Eine große Bedeutung für die Akzeptanz von Krankenhauscontrolling-Instrumenten ist die Transparenz, die allen Entscheidungsträgern in gleichem Maße zusteht. Transparenz betrifft hierbei zum einen den Zugriff auf die Dashboards, der in der heutigen Zeit in digitaler und webbasierten Form erfolgen sollte, um ortsunabhängigen Zugriff gewährleisten zu können. Zum anderen muss Transparenz über die Datenbasis hergestellt werden, damit alle Beteiligten über mögliche Stärken und Schwächen der Analysen im Bilde sind. Ein intelligentes Rechtesystem in der Software, sowie umfangreiche Informationsmöglichkeiten können hier auf einfache Weise Abhilfe schaffen.

Transparenz ist aber auch im Hinblick auf die Interpretation der Analysen von großer Bedeutung. Hier ist eine Status-quo-Analyse bei der Einführung einer Software insbesondere bei strategischen Dashboards ein probates Mittel. Auf Basis dieser Status-quo-Analyse können dann Ziele definiert werden, die in einem definierten Controlling-Turnus gemessen und gesteuert werden können (Performance Measurement und Performance Management).[3]

Konkrete Entscheidungsvorlagen

Der Leitgedanke aller Controlling-Tools sollte in der Erfüllung der zwei Zielgrößen Performance Measurement und Performance Management sein. Es ist demnach darauf zu achten, dass ein Controlling-Instrument in der Lage ist, die Performance aufzuzeigen, so dass auf dieser Basis Entscheidungen für die Steuerung getroffen werden können.

Hierfür sind drei Dinge von großer Bedeutung:

Verantwortlichkeiten

Um Entscheidungen treffen zu können, braucht es klare Verantwortlichkeiten, wer die Performance des Bereiches/ der Kennzahl beeinflussen und steuern kann. Dies können sehr unterschiedliche Adressaten sein von den Chefärzten über die Pflegeverantwortlichen bis zu den Leitungen einzelner Funktionsbereiche je nach Ausgestaltung der Verantwortungsbereiche.

Folgende Leitfrage bietet sich an: Ist die Person in der Lage und dazu berechtigt, die Performance der Kennzahl selbständig respektive mit ihrem Team zu beeinflussen?

Dashboard- und Kennzahlen-Eigenschaften

Das Controlling-Dashboard und die einzelnen darin enthaltenen Kennzahlen müssen in der Lage sein, konkrete Entscheidungsgrundlagen darzustellen. Beispielsweise kann ein strategisches Controlling-Dashboard mit allgemeinen Kennzahlen bestückt werden, wie zum Beispiel:

  • einer mehrjährigen Fallzahlentwicklung von Fachabteilungen
  • den Umsatzerlösen
  • den Verweildauern
  • Kapazitätsauslastungen
  • Marktanteilen
  • Qualitätsergebnissen

Das strategische Dashboard liefert eine Entscheidungsgrundlage für den Verantwortungsbereich der Geschäftsführung, für welche Fachabteilungen beispielsweise eine Wachstumsstrategie verfolgt wird und, darauf aufbauend, wie zukünftig Betten- und Personalkapazitäten verteilt werden. Hierzu können Trends der Vergangenheit, Potenziale am Markt und die qualitativen Ergebnisse herangezogen werden.

Beispiel Herzkatheterlabor:

File:Übersicht diagnostische Herzkatheteruntersuchungen und Herzschrittmacher Implantationen .jpg
Dashboard zu diagnostischen Herzkatheteruntersuchungen und Herzschrittmacher-Implantationen im Jahr 2019

Ein solches Dashboard für das strategische Controlling kann nicht dafür eingesetzt werden, die Funktionseinheit Herzkatheterlabor zu controllen, da keine Kennzahlen für eine Performancebeurteilung vorliegen. Hierzu muss das Controlling-Tool die Spezifizierungsmöglichkeit hergeben, ein separates Herzkatheter-Dashboard zu erstellen. Hierin können beispielhaft folgende Kennzahlen vorgehalten werden:

  • Fallzahlen der diagnostischen Herzkatheteruntersuchungen
  • Fallzahlen der Herzschrittmacher-Implantationen
  • Fallzahl elektrophysiologischer Leistungen
    • EPU, kathetergestützt
    • EPU nicht kathetergestützt
    • Fallzahl kardiales Mapping
  • Umsatz aus Elektrophysiologie
    • nach Fachabteilung
    • nach Monat
    • nach DRG
  • Kapazitätsauslastung Herzkatheterlabor
    • Kapazität EPU
    • Herzschrittmacher
    • Diagnostik
  • usw.

Mit diesem Vorgehen kann sichergestellt werden, dass konkrete Entscheidungsvorlagen durch fachspezifisch relevante Kennzahlen bereitstehen, die eine Steuerung möglich machen.

Soll-Ist-Abgleich mit Zieldefinition

Der Soll-IST-Abgleich sollte sowohl bei strategischen als auch operativen Dashboards immer eine wichtige Rolle spielen. Hierzu sind Zieldefinitionen notwendig, aus welchen Kennzahlenziele oder auch Budgets abgeleitet werden. Diese sollten in der Folge in einem laufenden Turnus messbar und steuerbar sein.

Die Ziele des strategischen Dashboards werden in der Regel direkt mit Pflegedirektion, Chefärzten und Abteilungsleitern der Verwaltung definiert und kontrolliert. Ein vierteljährlicher Turnus bietet sich zur Messung und Steuerung an.

Ein operatives Dashboard, wie das Herzkatheter-Controlling, sollte monatlich nachgehalten werden und, neben dem verantwortlichen Ärzten, die Leitung des Funktionsbereiches adressieren. So können Maßnahmen direkt verabschiedet und umgesetzt werden.

Validität und Reliabilität

Validität und Reliabilität sind zentral, wenn Controlling-Instrumente als Entscheidungsgrundlage fungieren und auf eine breite Akzeptanz bei den Empfängern stoßen sollen. Hierzu bietet sich zum einen der bereits schon angeführte Rückgriff auf Standarddatensätze und Routinedaten an, die in der Regel bekannt, strukturiert und akzeptiert sind. Zum anderen ist es wichtig, die Berechnungen und Quellenherkunft transparent darzustellen und auch auf etwaige Schwächen der Daten frühzeitig hinzuweisen. Eine wichtige valide und reliable Quelle ist in diesem Fall der Abrechnungsdatensatz der Krankenhäuser, da dieser in einer immer gleichen Form dokumentiert und exportiert werden kann und die Datenquantität sowie Datenqualität vergleichsweise hoch sind.

Benchmarking

Der ehemalige Chief Executive Officer von Xerox, David Kearns,[4] beschreibt den Begriff Benchmarking-Konzept als einen fortlaufenden Prozess, um Produkte und Dienstleistungen mit den stärksten Mitbewerbern zu messen und zu steuern. Benchmarking kann für nahezu jedes Controlling-Tool einen großen Mehrwert liefern. Die Orientierung an den Besten in einem spezifischen Gebiet ermöglicht, die eigene Zielsetzung zu hinterfragen und von den besten Prozessen und Strukturen zu lernen. Der Benchmarking-Gedanke kann integriert werden, in dem in einem Dashboard nicht nur „der Beste“ dargestellt wird, sondern die eigene Performance des Krankenhauses den Quartilen der Wettbewerber gegenübergestellt wird.

Ein neuer Gedanke des Benchmarkings, das sogenannte BIS-Networking Benchmarking, geht über den reinen Vergleich hinaus und ermöglicht eine Kommunikationsfunktion innerhalb der Benchmarking-Gruppe. Diese Art des Benchmarkings ist vor allem für Krankenhausverbünde interessant, um nicht nur einen harten Benchmarking-Wert zu erhalten, sondern im interaktiven Austausch auch etwaige Gründe für die außerordentliche Performance zu erfahren.

Individualisierung

Die Möglichkeit der Individualisierung von Controlling Dashboards ist das letzte wichtige Kriterium, um ein nachhaltig erfolgreiches Messen und Steuern zu ermöglichen. Häufig werden in den Gesprächen mit Leistungserbringern interessante Kennzahlen, deren Messung einen Mehrwert verspricht, diskutiert. Dies verbessert nicht nur das Controlling-Dashboards als solches, sondern stärkt auch die Compliance der Anwender um ein Vielfaches. Aus diesem Grund sollte ein gutes Controlling-Tool die Möglichkeit der Individualisierung von Kennzahlen, wenn diese im Datenset der herangezogenen Quelle verfügbar ist, offerieren.

Einzelnachweise

  1. Nicole Eisenmenger: Krankenhausplanung. Abgerufen am 17. Juni 2021.
  2. Nicole Eisenmenger: Krankenhausentgeltgesetz. Abgerufen am 17. Juni 2021.
  3. Utz Schäffer, Jürgen Weber: Controlling & Management Review Sonderheft 3-2015 : Gesundheitswesen - Bewährungsprobe für Controller. Gabler, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-12108-2.
  4. Marketingeffizienzanalyse und Benchmarking. In: Effizienzanalyse im Marketing. DUV, 2006, ISBN 978-3-8350-0296-8, S. 89–104, doi:10.1007/3-8350-5707-3_5.