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Mündelgeld

From Wickepedia

Mündelgeld ist das zum Vermögen eines Mündels gehörende Kapitalvermögen. Der Vormundschaft ist verpflichtet, dieses Geld in besonderer Form, mündelsicher genannt, und verzinslich anzulegen.

Mündelsicher sind alle Vermögensanlagen, bei denen Wertverluste der Anlage mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind; der Wertverlust durch Inflation wird hierbei jedoch implizit toleriert. Die Anlage soll dabei in festverzinslichen deutschen Staatsanleihen oder einer anderen Anlageform erfolgen, die vom Gesetzgeber ausdrücklich für mündelsicher erklärt worden ist.

Gesetzlich ist der Umgang mit dem Mündelgeld in § 1805 ff. BGB geregelt.[1]

Diese Vorschriften gelten auch für andere gesetzliche Vertreter: über § 1908i Abs. 1 BGB für Betreuer und über § 1915 BGB für Pfleger, insbesondere Abwesenheitspfleger und Nachlasspfleger. Für etwa erforderliche Genehmigungen ist dann nicht das Familiengericht, sondern das Betreuungsgericht oder Nachlassgericht zuständig.

Pflichten zur Anlage von Mündelgeld

Bei Geldern des Mündels bzw. Betreuten, die dieser für den laufenden Subsistenz nicht benötigt (i. d. R. in den nächsten 3 Monaten), hat der gesetzliche Vertreter für eine verzinsliche Geldanlage zu sorgen (§ 1806 BGB). Bei einer Betreuung eines Volljährigen muss der Betreuer nach den allgemeinen Amtspflichten auf die Wünsche des Betreuten Rücksicht nehmen (§ 1901 Abs. 2 BGB). Diese Geldanlage hat mündelsicher zu erfolgen. Der gesetzliche Vertreter benötigt auch für die mündelsichere Geldanlage die gerichtliche Genehmigung, es sei denn, er gehört zum Kreis der „befreiten“ Vormünder (§ 1852 BGB) oder Betreuer nach § 1908i Abs. 2 BGB.

Sonstige mündelsicher anzulegende Gelder

Nach einem weit verbreiteten Irrglauben[2] gilt die Anforderung zur mündelsicheren Anlage nicht nur bei Vereinbarung und für Mündelgeld, sondern auch in einer Reihe weiterer angeblicher gesetzlicher Fälle. In der Regel handelt es sich jedoch um andersartige Pflichten oder um reine Empfehlungen zur Vermeidung von Haftungsrisiken: Verwahrgelder sollten zur Vermeidung von Haftungsrisiken mündelsicher angelegt werden, so dass z. B. Schüler auf einer Klassenfahrt sich jederzeit ihren vollen Betrag zurückzahlen lassen können. Ehrenamtlich verwaltete Mittel von Vereinen und Ortsgruppen oder kirchlichen und kleinen politischen Gemeinden sollen in der Regel mündelsicher angelegt werden, um Risiken zu vermeiden, die aus mangelnder Fachkenntnis der Verantwortlichen resultieren könnten. Ebenso verhält es sich bei anerkannter Gemeinnützigkeit (z. B. Stiftungsvermögen oder das Vermögen gemeinnütziger Vereine) wenn die Satzung nichts Konkretes bestimmt. Die Versorgungsrücklage des Bundes und der Bundesländer zur zukünftigen Finanzierung von Beamtenpensionen soll in der Regel mündelsicher angelegt werden. Direktversicherungen (mit und ohne Entgeltumwandlung) und andere Pensionen (bei Pensionskassen) sollten ebenfalls in der Regel mündelsicher anlegen. Nur für die Sozialversicherungsträger findet sich mit § 80 SGB IV eine der Mündelsicherheit verwandte Anforderung zur Anlage der Mittel. Sie gibt jedoch nicht eine Auswahl von konkreten Anlagemöglichkeiten vor, sondern setzt lediglich abstrakt fest, dass bei der Anlage Verluste ausgeschlossen erscheinen müssen, ausreichende Liquidität sichergestellt sein muss und der Ertrag angemessen sein muss.

Besonders hartnäckig hält sich der populäre Irrtum, das Gesetz schreibe für Kindesvermögen eine mündelsichere Anlage vor, aber ebenso der umgekehrte Irrtum, die Sicherheit der Anlage spiele für Kindesvermögen heute keine Rolle mehr. Er speist sich aus der Tatsache, dass vor der Reform des BGB durch das SorgeRG, die am 1. Januar 1980 in Kraft trat, nach § 1642 BGB a.F.[3] Kinder in Bezug auf die Vermögenssorge noch als Mündel ihrer Eltern galten. Eltern mussten das Geld ihrer Kinder deshalb vor der Reform mündelsicher anlegen. Mit der Reform sind diese strengen Anforderungen durch die Pflicht zur Anlage von Kindesvermögen nach den Grundsätzen wirtschaftlicher Vermögensverwaltung (§ 1642 BGB n.F.) ersetzt worden. Im Gegensatz zu Mündelgeldern muss bei Kindesvermögen dafür nicht einmal im Voraus eine gerichtliche Genehmigung eingeholt werden. Nur wenn die Eltern die Grundsätze wirtschaftlicher Vermögensverwaltung missachten, kann das Familiengericht ihnen die Vermögenssorge entziehen oder einschränken (§ 1666 BGB Abs. 2). Die höhere Freiheit der Eltern geht jedoch mit einer höheren Verantwortung einher. So kann unter Umständen auch eine mündelsichere Anlage pflichtwidrig sein. Zum Beispiel kann eine Anlage auf einem Sparbuch, obwohl mündelsicher, als Verstoß gegen die Grundsätze wirtschaftlicher Vermögensverwaltung angesehen werden, wenn sich auch eine geeignete Anlage finden lässt, die gleich sicher oder sogar selbst mündelsicher ist, die aber besser verzinst ist.[4]

Umgekehrt räumt die Literatur jedoch bei der Auslegung des Begriffs der Grundsätze wirtschaftlicher Vermögensverwaltung der Sicherheit der Anlage noch immer einen wesentlichen Stellenwert ein.[5] Es finden sich dazu zwei Standpunkte in der Literatur: Der strengere Standpunkt behauptet, dass die Grundsätze wirtschaftlicher Vermögensverwaltung für die Anlage die gleiche Sicherheit fordern, wie sie bei den Anlagen vorliegt, die das Gesetz unter dem Begriff der Mündelsicherheit zusammenfasst.[6] Es wären dann nur Anlagen zulässig, die genauso sicher sind wie Mündelsicherheit, die aber höhere Renditen haben. Die Annahme dahinter ist, der Gesetzgeber meine mit dem Begriff der Grundsätze wirtschaftlicher Vermögensverwaltung eine Abstraktion des Begriffs der Mündelsicherheit, da letzterer nur konkret im Gesetz genannte Anlagemöglichkeiten umfasst und in der Sicherheit vergleichbare Anlagen außen vor lässt. Der liberalere Standpunkt hingegen, der sich auch in der Rechtsprechung findet[7], lässt unter bestimmten Bedingungen riskantere Anlagen zu. Das heißt allerdings zuerst einmal, dass selbst nach der liberaleren Sicht sich doch wieder eine Pflicht zur sicheren (gegebenenfalls einer in allen praktischen Belangen mündelsicheren) Anlage ergeben kann, solange die Umstände des Einzelfalls nichts anderes erlauben. Relevante Umstände sind insbesondere die Höhe des Vermögens, denn ein höheres Risiko gilt bei mittleren und größeren Vermögen eher als wirtschaftlich tragbar als bei kleineren Vermögen. Es ist „zwischen Sicherheits- und Gewinninteressen – unterschiedlich nach der Größe des Vermögens – ein behutsamer Mittelweg zu gehen“[8] und außerdem sind „Unterschiede zu machen [..], je nachdem, ob es sich um kurz- oder langfristige Anlagen handelt“.[7] Wo die Umstände eine riskante Anlage zulassen, dürfen die Eltern zudem für das Kindesvermögen nicht ein so hohes Spekulationsrisiko eingehen wie bei ihrem eigenen.[9] Auch dürfen sie dabei grundsätzlich nur solche Risiken eingehen, die bei der gewählten Anlageform unvermeidlich sind. Weiterhin müssen sie bei spekulativen Anlagen durch Streuung die Risiken mindern. Bedenklich ist eine Anlage in Edelmetalle, vor allem Gold, da sie entgegen früheren Vorstellungen heute als noch spekulativer gilt als der Aktienmarkt.[5] Die Reform hat also nicht bewirkt, wie irrtümlich angenommen wird, dass Eltern bei der Anlage von Kindesvermögen nunmehr nach freiem Ermessen handeln dürften und Sicherheitsaspekte nicht mehr beachten müssten.

Begriff der Mündelsicherheit

Soweit der Vormund/Pfleger/Betreuer Geld anzulegen hat, soll dies grundsätzlich mündelsicher erfolgen. Nach der Rechtsgrundlage in § 1807 BGB gelten als mündelsicher unter anderem:

Mündelsichere Anlageformen haben gemeinsam, dass das Vermögen vor einem Totalverlust durch Insolvenz des Schuldners geschützt ist. Allerdings sind auch mündelsichere Anlagen nicht vor Kursschwankungen geschützt, die insbesondere bei Anleihen mit langer Restlaufzeit bei steigenden Marktzinsen eintreten können. Auch vor einer Entwertung des Vermögens durch Inflation bietet die Mündelsicherheit keinen Schutz.

Der Vormund/Pfleger/Betreuer benötigt auch für die mündelsichere Geldanlage die gerichtliche Genehmigung (§ 1810), es sei denn, er gehört zum Kreis der „befreiten“ Betreuer nach § 1908i Abs. 2 BGB, das sind die allernächsten Familienangehörigen sowie Vereins- und Behördenbetreuer bzw. der befreiten Vormünder (§ 1852 bis § 1857a BGB).

Genehmigungspflicht für anderweitige Anlage

Bei den mündelsicheren Anlagen handelt es sich um eine konservative Anlageform, die in der Regel keine hohen Zinszahlungen erwarten lässt. Daher gestattet § 1811 BGB dem gesetzlichen Vertreter eine andersartige Geldanlage nach vorheriger Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, z. B. in Aktien oder Wertpapierfonds (meist in Rentenfonds).

Hierzu benötigen ausnahmslos alle gesetzlichen Vertreter (auch die „befreiten“) die gerichtliche Genehmigung. Eine solche Genehmigung kann erteilt werden, wenn eine wirtschaftliche Vermögensverwaltung gewährleistet ist.

Geldanlagen haben grundsätzlich mit „einer Mündelsperre“ zu erfolgen (§ 1809, § 1816 BGB). Das heißt, dass der gesetzliche Vertreter für Verfügungen, z. B. Wertpapierverkäufe, wiederum eine gerichtliche Genehmigung benötigt (§ 1812 BGB). Dies gilt aber nicht für „befreite“ gesetzliche Vertreter und auch nicht für den Betreuten selbst, soweit dieser geschäftsfähig ist und nicht unter Einwilligungsvorbehalt steht.

Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) als Lobbyverband der Fondsindustrie führt eine Liste positiver Entscheidungen deutscher Gerichte zu Investmentfonds als Anlageform für Mündelgelder.[10] Fonds und Aktien werden allerdings auch durch die Genehmigung nach § 1811 BGB nicht mündelsicher. Lediglich für den jeweiligen Einzelfall wird die Anlage der Gelder gestattet.

Ausnahmen von der Genehmigungspflicht

Trotz grundsätzlicher Genehmigungspflicht kann der gesetzliche Vertreter in den folgenden Fällen alleine verfügen (§ 1813 BGB):

  • wenn es sich bei einer Forderung nicht um Geld oder Wertpapiere handelt (sondern z. B. um eine Warenlieferung oder Dienstleistung);
  • wenn der Anspruch nicht mehr als 3.000 Euro beträgt (hier ist in der Rechtsprechung nicht eindeutig, ob es sich um den Gesamtanspruch = Kontostand oder die einzelne Verfügung = Abhebung bzw. Überweisung handelt). Viele Gerichte stellen auf den Gesamtanspruch ab;
  • wenn Geld zur Rückzahlung (bei Fälligkeit) ansteht, das der gesetzliche Vertreter selbst angelegt hat;
  • wenn Zinszahlungen (Nutzungen) erfolgen;
  • wenn nur Kosten der Kündigung oder Rechtsverfolgung oder Nebenleistungen geltend gemacht werden.

Bei Überweisungen und Abhebungen stellen einige Gerichte auf den Gesamtkontostand ab, d. h., liegt dieser über jetzt 3000 Euro, ist jede Verfügung, egal in welcher Höhe, zu genehmigen (z. B. OLG Köln FamRZ 95, 187). Andere Gerichte stellen auf die Höhe der Geldbewegung, nicht auf den Kontostand ab; hiernach ist jede Geldbewegung unter 3000 Euro genehmigungsfrei (LG Saarbrücken FamRZ 1992, 1348; AG Emden FamRZ 1995, 1081).

Es empfiehlt sich, bei Schwierigkeiten mit der Bank beim Betreuungsgericht eine allgemeine Ermächtigung gem. § 1825 BGB einzuholen, in der Höhe, über die monatlich regelmäßig durch den Betreuer verfügt werden muss.

Befreiungsregelungen

Der gesetzliche Vertreter kann darüber hinaus nach § 1817 BGB durch das Betreuungsgericht generell von den Anlagebeschränkungen befreit werden. Dies ist jedoch in der Praxis nur selten der Fall (insbesondere wegen der 6.000 Euro-Grenze in dieser Bestimmung). Nach § 1825 BGB kann dem gesetzlichen Vertreter eine Dauerverfügung gestattet werden (z. B. für die regelmäßige Zahlung von Heimkosten).

Siehe auch

Literatur

  • Johanns Fiala, Peter Stenger: Geldanlagen für Mündel und Betreute. 3. Auflage. Bundesanzeiger, 2009, ISBN 3-89817-727-0
  • Hans Klingelhöffer: Vermögensverwaltung in Vormundschafts- und Nachlaßsachen. Recht Und Wirtschaft GmbH, ISBN 3-8005-1041-3.
  • Siegfried Platz: Bankgeschäfte mit Betreuten. 2. Auflage. Deutscher Sparkassenverlag, 2006, ISBN 978-3-09-306502-6.
  • Spanl: Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer. Walhalla U. Praetoria, ISBN 3-8029-7448-4.
  • Wüstenberg: Die Genehmigungspflicht des Betreuers zur Abhebung oder Überweisung von Beträgen bis 3.000 Euro. In: Rpfleger. 2005, 177.

Einzelnachweise

  1. Text der Verordnung über die Mündelsicherheit der Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen
  2. Archivierte Kopie (Memento vom 14. März 2012 im Internet Archive) S. 21
  3. Thomas Fuchs: Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 - § 1642 lexetius.com, abgerufen am 1. Oktober 2018.
  4. Huber: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2008, § 1642, Rn. 8
  5. 5.0 5.1 Thomas Rauscher: Familienrecht, S. 909, Rz 1043
  6. Financial Times Deutschland: Mündelsichere Fonds entsprechen nicht den gesetzlichen Kriterien (Memento vom 1. Juli 2009 im Internet Archive)
  7. 7.0 7.1 OLG Schleswig zur Mündelgeldanlage in Fonds (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive) (PDF-Datei; 46 kB)
  8. http://www.hefam.de/urteile/6UF26298.html
  9. Huber: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2008, § 1642, Rn 7
  10. Anlage von Mündelgeld in Investmentfonds (Memento vom 14. Mai 2011 im Internet Archive)

Weblinks