Walter Berschin (* 17. Juni 1937 in Augsburg) ist ein deutscher Philologe für Mittellatein. __KEIN_INHALTSVERZEICHNIS__ Nach Studium der Fächer Romanistik, Geschichtswissenschaft und Kunstgeschichte in München, Köln, Tübingen und Rom erfolgte die Promotion 1966 bei Horst Fuhrmann am Historischen Seminar der Eberhard Karls Universität Tübingen mit der Arbeit „Bonizo von Sutri. Leben und Werk“. Es folgte ab 1967 die Assistentenzeit am Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters der Universität Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bei Johanne Autenrieth. Nach der Habilitation im Jahr 1971 erhielt Berschin als Nachfolger von Walther Bulst den Ruf auf die ordentliche Professur am Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, wo er seit 1973 lehrt und forscht.[1]
Als Mitglied des advisory board bzw. Mitherausgeber fungiert er bei den Zeitschriften Journal of Medieval Latin und Mittellateinisches Jahrbuch (bis 2015). Er ist Herausgeber der Editionsreihen „Editiones Heidelbergenses“, der „Reichenauer Texte und Bilder“, der „Quellen und Untersuchungen zur Lateinischen Philologie des Mittelalters“ und der „Bibliothek der Mittellateinischen Literatur“. Im Übrigen ist er Mitglied der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Corresponding Fellow of the British Academy, Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Reial Acadèmia de Bones Lletres de Barcelona. Er war Präsident der International Association of Medieval Latinists (IAML) (1988–1999) und organisierte 1988 den I. Internationalen Mittellateinerkongress in Heidelberg.[2]
Besondere Forschungsschwerpunkte sind Literaturgeschichte (ausgehend von der Erforschung der Handschriften), die Gattungsgeschichte der Biografie (Ausgangspunkt der jahrzehntelangen Forschungen war eine prämierte Preisaufgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften von 1964), Literaturlandschaften wie Reichenau und St. Gallen, die Verwendung des Griechischen im lateinischen Mittelalter und die handschriftengerechte Edition mittellateinischer Texte. Sein in der Fachwelt bekanntes Kürzel lautet W.B. 2007 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Aristoteles-Universität Thessaloniki. Schüler Berschins, die eine Professur erhalten haben, sind Michele Camillo Ferrari (Erlangen) und Matthias Tischler (Barcelona).
Schriften (Auswahl)
- Bonizo von Sutri. Leben und Werk (= Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters. Bd. 2). de Gruyter, Berlin u. a. 1972, ISBN 3-11-001758-X (In italienischer Sprache: Bonizone di Sutri. La vita e le opere (= Medioevo-traduzioni. Bd. 1, ZDB-ID 2289383-0). Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo, Spoleto 1992).
- Griechisch-lateinisches Mittelalter. Von Hieronymus zu Nikolaus von Kues. Francke, Bern u. a. 1980, ISBN 3-7720-1459-3. Englische Übersetzung von Jerold C. Frakes: Greek Letters and the Latin Middle Ages: from Jerome to Nicholas of Cusa. Catholic University Press, Washington 1988.
- als Herausgeber: Vitae sanctae Wiboradae. Die ältesten Lebensbeschreibungen der heiligen Wiborada (= Mitteilungen des Vereins für Vaterländische Geschichte. Bd. 51). Einleitung, kritische Edition und Übersetzung. Historischer Verein des Kantons St. Gallen, St. Gallen 1983, ISBN 3-906395-30-8.
- Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. 5 Bände. Hiersemann, Stuttgart 1986–2004 [2., durchges. Aufl. 2020];
- Band 1: Von der „Passio Perpetuae“ zu den „Dialogi“ Gregors des Grossen (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters. Bd. 8). 1986, ISBN 3-7772-8612-5;
- Band 2: Merowingische Biographie, Italien, Spanien und die Inseln im frühen Mittelalter (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters. Bd. 9). 1988, ISBN 3-7772-8810-1;
- Band 3: Karolingische Biographie. 750–920 n. Chr. (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters. Bd. 10). 1991, ISBN 3-7772-9102-1;
- Band 4: Ottonische Biographie. Das hohe Mittelalter. 920–1220 n. Chr. Halbband 1: 920–1070 n. Chr. (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters. Bd. 12, Halbbd. 1). 1999, ISBN 3-7772-9921-9;
- Band 4: Ottonische Biographie. Das hohe Mittelalter. 920–1220 n. Chr. Halbband 2: 1070–1220 n. Chr. (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters. Bd. 12, Halbbd. 2). 2001, ISBN 3-7772-0128-6;
- Band 5: Kleine Topik und Hermeneutik der mittellateinischen Biographie. Register zum Gesamtwerk (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters. Bd. 15). 2004, ISBN 3-7772-0409-9.
- Eremus und Insula. St. Gallen und die Reichenau im Mittelalter – Modell einer lateinischen Literaturlandschaft. Reichert, 2. erweiterte Aufl. Wiesbaden 2005, ISBN 3-89500-433-2.
- Die Palatina in der Vaticana. Eine deutsche Bibliothek in Rom. Belser, Stuttgart u. a. 1992, ISBN 3-7630-2087-X.
- als Herausgeber mit Angelika Häse: Gerhard von Augsburg: Vita Sancti Uodalrici. Die älteste Lebensbeschreibung des heiligen Ulrich (= Editiones Heidelbergenses. Bd. 24). Lateinisch-deutsch. Mit der Kanonisationsurkunde von 993. Einleitung, kritische Edition und Übersetzung. Winter, Heidelberg 1993 [2., überarb. Aufl. 2020], ISBN 3-8253-0018-8.
- als Herausgeber mit Heinrich Schipperges: Hildegard von Bingen: Symphonia. Gedichte und Gesänge. Lateinisch und deutsch. Schneider, Gerlingen 1995, ISBN 3-7953-0930-1.
- als Herausgeber: Hrotsvit: Opera omnia (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Saur, München u. a. 2001, ISBN 3-598-71912-4.
- Mittellateinische Studien. 4 Bände. Mattes-Verlag, Heidelberg u. a. 2005–2022, ISBN 3-930978-75-X (Bd. 1), ISBN 978-3-86809-009-3 (Bd. 2), ISBN 978-3-86809-107-6 (Bd. 3), ISBN 978-3-86809-182-3 (Bd. 4).
- Einleitung in die lateinische Philologie des Mittelalters. Eine Vorlesung, hrsg. von Tino Licht. Mattes, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-86809-063-5
- mit Ulrich Kuder: Reichenauer Wandmalerei 840–1120. Goldbach – Reichenau-Oberzell St. Georg – Reichenau-Niederzell St. Peter und Paul. Mattes, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-86809-052-9.
- mit Ulrich Kuder: Reichenauer Buchmalerei 850–1070. Reichert, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-95490-129-6.
Literatur
- Dagmar Düll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1933–1986. Springer, Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-88834-5, S. 110.
- Dorothea Walz (Hrsg.): Scripturus vitam. Lateinische Biographie von der Antike bis in die Gegenwart. Festgabe für Walter Berschin zum 65. Geburtstag. Mattes, Heidelberg 2002, ISBN 3-930978-15-6.
Weblinks
- Literatur von und über Walter Berschin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Walter Berschin in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Heidelberg
- Lateinische Autobiographie Animarum Silva Walter Berschins
Anmerkungen
- ↑ Zum akademischen Werdegang und Wirken bis 1997 vgl. Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1933–1886. Berlin 2009, S. 110; Lothar Stiehm (Hrsg.): Walter Berschin, Bibliographie 1964–1997. Heidelberg 1997, S. 11–13.
- ↑ Walter Berschin (Hrsg.): Lateinische Kultur im X. Jahrhundert (= Mittellateinisches Jahrbuch. Bd. 24/25, 1989/90). Akten des I. Internationalen Mittellateinerkongresses, Heidelberg, 12.–15. IX. 1988. Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9137-4.
Personendaten | |
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NAME | Berschin, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philologe für Mittellatein |
GEBURTSDATUM | 17. Juni 1937 |
GEBURTSORT | Augsburg |