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Walter Oehme

From Wickepedia

Walter Oehme (* 1. März 1892 in Berlin; † 13. März 1969 ebenda) war ein deutscher Journalist und Politiker.

Leben

Ab 1912 arbeitete Oehme für die SPD, dann für die USPD sowie die Deutsche Liga für Menschenrechte. Nach Ausbruch der Novemberrevolution zeichnete er im November und Dezember 1918 verantwortlich für die Zeitung des Grodnoer Soldatenrates. 1918 wurde Oehme Sekretär in der Reichskanzlei und nahm in dieser Funktion vom 16. bis 20. Dezember 1918 als offizieller Vertreter der Reichskanzlei – zusammen mit Unterstaatssekretär Kurt Baake, Pressechef Rauscher und dem persönlichen Referent Friedrich Eberts, Heinrich Schulz, – am „I. Allgemeinen Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands“, dem Parlament der Revolution, teil.

Am 16. Oktober 1919 erschien in der Zeitung Freiheit ein Artikel von ihm: „Der sterbende Zentralrat“. Die ihm fälschlich zugeschriebene Dissertation über die staatsrechtliche Stellung des Reichstagspräsidenten ist von einem Namensvetter. Die Verwechslung sollte für ihn später schwerwiegende Folgen haben.

Am 28. August 1923 wurde er vom Feriensenat des Reichsgerichts wegen „versuchten Verrats von militärischen Geheimnissen in Tateinheit mit versuchtem Landesverrat“ zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, da er im März 1923 über die Pläne zur Bildung der sog. Schwarzen Reichswehr berichtete.[1][2] Durch Erlass des Stellvertreters des verstorbenen Reichspräsidenten, dem Reichsgerichtsvrositzenden Simons, vom 24. März 1925 wurde ihm die Restfreiheitsstrafe erlassen und er am 25. März 1923 aus dem Zentralgefängnis Cottbus entlassen.

Bis 1933 war er Chefredakteur des „Zwölf Uhr Mittagsblatt“, nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ 1933 Auslandskorrespondent.

Nach dem 8. Mai 1945 war Oehme Wirtschaftskommissar in Dresden-Laubegast und Chef des städtischen Nachrichtenamtes. Anfang Juni 1945 wurde er Chef des Nachrichtenamtes bei der Sächsischen Landesverwaltung. Am 7. Juni 1945 wurde Oehme zum ersten Vorsitzenden des neu gegründeten Sächsischen Journalisten- und Schriftstellerverbandes gewählt.

Nachdem im August des Jahres der Görlitzer Oberbürgermeister verstorben war, übernahm Walter Oehme kommissarisch dort die Amtsgeschäfte. Wenige Tage nach Antritt des Amtes erklärte er die Stadt und den Landkreis zum Notstandsgebiet, um die Lebensmittelversorgung sicherzustellen. Görlitzer Lokalfunktionäre von KPD und SPD, die ihre eigenen Leute durchsetzen wollten, intrigierten jedoch gegen den Auswärtigen. Auch geriet er in Gegnerschaft zum SPD-Landesvorsitzenden Otto Buchwitz einerseits und dem mächtigen KPD-Innenminister Sachsens, Kurt Fischer, andererseits. Oehme, der von der Görlitzer Wirtschaftskammer und der sächsischen Landesverwaltung protegiert wurde, konnte sich zunächst jedoch im Amt behaupten. Am 11. November 1945 wurde unter seiner Leitung der Görlitzer Kulturbund gegründet.

Ende November 1945 inszenierte jedoch die Görlitzer Polizei, deren Chef zum Intrigantenkreis gehörte, eine Hausdurchsuchung bei Oehme, bei der man dann angeblich mehrere zuvor beschlagnahmte Flaschen Alkohol fand. Am 3. Dezember 1945 wurde er in Dresden vom NKWD verhaftet und im Oktober 1946 trotz der von ihm zu widerlegenden Anschuldigung, als Gestapobeamter Dr. Walther Oehme in Lodz tätig gewesen zu sein, vom Sowjetischen Militärtribunal in Berlin-Karlshorst zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt. Er verbüßte die Strafe bis zu seiner Entlassung 1956 in der SMT-Strafvollzugsanstalt im vormaligen und späteren Zuchthaus Bautzen. 1963 erlangte er in einem der seltenen Fälle seine Rehabilitierung durch das Oberste Gericht der UdSSR. Trotz Verbleib in der DDR und schriftstellerischer Betätigung im Sinne der SED begegnete diese ihm mit Ablehnung auf seine Ersuchen um umfassende Rehabilitierung. 1969 verstarb er in Berlin.

Schriften

  • Mein Ziel ist die Weltrevolution (= Beiträge zu den Problemen der Zeit. Bd. 1, ZDB-ID 539411-9). Generalsekretariat zum Studium des Bolschewismus, Berlin 1919.
  • Die staatsrechtliche Stellung des Reichstagspräsidenten in Bezug auf Disziplinarmaßnahmen, Hausrecht, Polizeigewalt und die Rechtsgeschäfte, die er vornimmt. Röhrs, Göttingen 1928, (Göttingen, Universität, rechts- und staatswissenschaftliche Dissertation vom 23. Juli 1928).
  • mit Kurt Caro: Kommt „Das Dritte Reich“? Rowohlt, Berlin 1930 (Unveränderter Nachdruck. Eichborn, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-8218-0903-5).
  • mit Kurt Caro: Schleichers Aufstieg. Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenrevolution. Rowohlt, Berlin 1933.
  • Damals in der Reichskanzlei. Erinnerungen aus den Jahren 1918/1919. Kongress-Verlag, Berlin 1958.
  • Die Weimarer Nationalversammlung 1919. Erinnerungen. Rütten & Loening, Berlin 1962.
  • Ehrlos für immer. Verlag der Nation, Berlin 1962.
  • mit Arthur Pons: Verschwörung der Geschlagenen. Verlag der Nation, Berlin 1963.

Literatur

  • Sabine Roß: Politische Partizipation und nationaler Räteparlamentarismus. Determinanten des politischen Handels der Delegierten zu den Reichsrätekongressen 1918/1919. Eine Kollektivbiographie (= Historical social research. Supplement Nr. 10, ISSN 0172-6404). Zentrum für Historische Sozialforschung, Köln 1999, (Zugleich: Berlin, Technische Universität, Dissertation, 1997), Online-Version.
  • Ronny Kabus: „… weine ich täglich um meinen Vater“. In der Gewalt Stalins und der SED. Books on Demand, Norderstedt 2011, ISBN 978-3-8423-3102-0, S. 56–67.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Berthold Jacob: Plaidoyer für Schulz, Die Weltbühne vom März 1927, Band 31/I, S. 446f.
  2. Traugott Krischke war der Meinung, Ödön von Horváth verwendete ihn als Vorbild für die Hauptfigur Schminke in dem Stück „Sladek, der schwarze Reichswehrmann“, vgl. Karsten Brandt: Die Dissoziation eines Schriftstellers in den Jahren 1934-1936: Ödön von Horváth und H.W. Becker. Diss. Berlin 2004, S. 24 (PDF)