Wolfgang Zorn (* 3. Oktober 1922 in Augsburg; † 8. Juli 2004 ebenda) war ein deutscher Wirtschaftshistoriker. Zorn zählt zu den wichtigsten Repräsentanten der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg in der Deutschland und gilt als ein Nestor der Regionalgeschichtsforschung.
Leben und Wirken
Wolfgang Zorn entstammte einer altreichsstädtischen Kaufmannsfamilie mit allgäuer und lechschwäbischer Verwandtschaft. Er besuchte das humanistische St.-Anna-Gymnasium Augsburg und studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Breslau. In München wurde er 1945 bei Karl Alexander von Müller und Paul Lehmann über die Reichspublizistik des späten 18. Jahrhunderts promoviert. Zorn war ab 1947/1948 unter Michael Seidlmayer und Ulrich Noack wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Philosophischen Fakultät an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.[1] Im Jahr 1951 erfolgte ein Studienaufenthalt an der Harvard University. 1955 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in der Redaktion der Neuen Deutschen Biographie und übernahm die neugeschaffene Schriftleitung der Wirtschaftsbiographien. 1955 gab Zorn mit dem Kartenwerk Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben ein Grundlagenwerk zur schwäbischen Geschichte heraus. Seit 1956 war er Dozent für neuere Geschichte an der Münchener Hochschule für Politik. Zorn wurde 1958 wissenschaftlicher Assistent bei Friedrich Lütge am Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte in München. 1959 erfolgte die Habilitation bei Franz Schnabel über die Handels- und Industriegeschichte Bayerisch-Schwabens vom Ende des Dreißigjährigen Kriegs bis zur Gründung des Bismarckreichs. 1961 hatte er einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Augsburg.
1962 übernahm Zorn den neugeschaffenen Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Bonn. Dieser war an der Philosophischen Fakultät angesiedelt, deren Dekan Zorn 1966/67 war. Außerdem war Zorn in Bonn 1964 Leiter des Carl-Schurz-Collegs tätig. Nachdem er einen Ruf an die Universität Würzburg abgelehnt hatte, nahm er 1967 einen Ruf nach München auf einen von Lütge kurz vor dessen Tod neu geschaffenen Lehrstuhl an. Seit 1967 lehrte er bis zu seiner Emeritierung 1991 als Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Einen Ruf auf den Lehrstuhl Alfred Hoffmanns der Universität Wien lehnte Zorn 1976 ab.
Zorn gehörte 1949 zu den Gründungsmitgliedern der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, mit der er zeitlebens eng verbunden blieb.[2] Er gehörte von 1961 bis 1981 der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an. Seit 1968 war er Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1977 Mitglied der Kommission für bayerische Landesgeschichte.
Zorn war Herausgeber der Schwäbischen Blätter für Volksbildung und Heimatpflege und von 1968 bis 1996 der Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Die stadt- und regionalgeschichtliche Arbeit zu Augsburg, Schwaben und Bayern bildete einen Forschungsschwerpunkt. Sein in vier Auflagen erschienenes Buch über Augsburg Die Geschichte einer europäischen Stadt machte Zorn zum führenden Experten für die Geschichte seiner Heimatstadt.
Schriften (Auswahl)
- Bayerns Geschichte im 20. Jahrhundert. Von der Monarchie zum Bundesland. Beck, München 1986, ISBN 3-406-31098-2.
- Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Probleme und Methoden. Beck, München 1972, ISBN 3-406-03417-9.
- Augsburg (= Große Kunstführer. Bd. 31, ZDB-ID 259293-9). Schnell u. Steiner, München München u. a. 1960 (12. Auflage. ebenda 1987, ISBN 3-7954-0531-9).
- Augsburg. Geschichte einer deutschen Stadt. Rinn, München 1956 (Später als: Augsburg. Geschichte einer europäischen Stadt. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 4., überarbeitete und ergänzte Auflage. Wißner, Augsburg 2001, ISBN 3-89639-319-7).
Literatur
- Peter Fassl, Rolf Kießling (Hrsg.): Volksleben im 19. Jahrhundert. Studien zu den bayerischen Physikatsberichten und verwandten Quellen. Wolfgang Zorn zum 80. Geburtstag. Wissenschaftliche Tagung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben und der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft in Zusammenarbeit mit der Schwabenakademie Irsee vom 16./17. März 2001, Wißner, Augsburg 2003, ISBN 3-89639-364-2.
- Pankraz Fried: Nachruf Wolfgang Zorn (3.10.1922 – 8.7.2004). In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben. Bd. 97, 2004, S. 496–497 (online).
- Pankraz Fried: Studia Sueviae historica. Beiträge zur Geschichte Bayerisch-Schwabens. Festgabe zum 75. Geburtstag des Verfassers (= Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für Bayerische Landesgeschichte. Bd. 24). Verlag der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Augsburg 1997, ISBN 3-922518-24-9.
- Hermann Kellenbenz, Hans Pohl (Hrsg.): Historia socialis et oeconomica. Festschrift für Wolfgang Zorn zum 65. Geburtstag (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte. 84). Steiner, Stuttgart 1987, ISBN 3-515-04959-2.
- Rolf Kießling: Nachruf Wolfgang Zorn (* 3. Oktober 1922 – † 8. Juli 2004). In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 67, 2004, S. 441–444, Digitalisat.
- Günther Schulz: Nachruf für Wolfgang Zorn (1922–2004). In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 91, 2004, S. 419–421.
- Zorn, Wolfgang. In: Friedhelm Golücke: Verfasserlexikon zur Studenten- und Hochschulgeschichte. SH-Verlag, Köln 2004, ISBN 3-89498-130-X. S. 365–366.
Weblinks
- Literatur von und über Wolfgang Zorn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Anmerkungen
Personendaten | |
---|---|
NAME | Zorn, Wolfgang |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Wirtschaftshistoriker |
GEBURTSDATUM | 3. Oktober 1922 |
GEBURTSORT | Augsburg |
STERBEDATUM | 8. Juli 2004 |
STERBEORT | Augsburg |