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Carl Jakob Christian Adolf Gerhardt

From Wickepedia

Carl Gerhardt Carl Jakob Christian Adolf Gerhardt, auch Adolph von Gerhardt und Karl (Adolf Jakob Christian) Gerhardt (* 5. Mai 1833 in Speyer; † 21. Juli 1902 in Gamburg) war ein deutscher Internist.

Leben

Carl Adolf Gerhardts Vater war der Gymnasialprofessor Abraham Gerhardt (1796–1872), Sohn des Bierbrauers Clemens; seine Mutter war die 1813 geborene Clementine, Tochter des Buchdruckers Jakob Christian Kolb und Schwester des bayerischen Abgeordneten Georg Friedrich Kolb.[1]

Gerhardt studierte ab 1850 Medizin an der Universität Würzburg und wurde im August 1856 mit der Arbeit Beitrag zur Lehre von der erworbenen Lungenatelektase promoviert. Anschließend war er Assistent von Heinrich von Bamberger und bei seinem Doktorvater Franz von Rinecker in der Medizinischen Poliklinik in Würzburg[2] und arbeitete ab 1858 unter Wilhelm Griesinger in Tübingen. Im März 1860 habilitierte sich Gerhardt mit der Schrift Der Stand des Diaphragmas als Dozent an der Universität Würzburg, erhielt am 23. November 1861 eine außerordentliche Professur der Medizin an der Universität Jena und wurde provisorischer Direktor der dortigen medizinischen Universitätsklinik. Am 1. April 1862 wurde er ordentlicher Professor der Pathologie und Therapie in Jena, damit verbunden wurde er Direktor der Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik.

Er erhielt den Titel eines Hofrats von Sachsen-Weimar-Eisenach und beteiligte sich Sommersemester 1867 als Rektor der Alma Mater an den organisatorischen Aufgaben der Salana. Im Wintersemester 1872/73 wechselte er als Professor der Medizin an die Universität Würzburg und somit und als Nachfolger seines Lehrers Heinrich von Bamberger an das dortige Juliusspital, wo er die Leitung der Medizinischen Klinik erhielt, einen neuen Hörsaal bauen ließ,[3] die Kinderklinik als Nachfolger von Franz von Rinecker weiterführte[4] und von 1880 bis 1885 dem Administrationsrat angehörte (ebenso wie 1918 bis 1921 sein Sohn Dietrich Gerhardt).[5] Zu seinen Assistenten gehörten zu dieser Zeit Friedrich von Müller und Otto Seifert, die damals, veranlasst von Gerhardt, begonnen haben, ihr späteres Standardwerk zur medizinisch-klinischen Diagnostik, den „Müller-Seifert“, zu verfassen.[6]

Im Jahr 1885 wurde er Nachfolger von Friedrich Theodor von Frerichs in Berlin und gründete die II. Medizinische Klinik an der Charité. Sein Nachfolger am Juliusspital[7] wurde 1886 Wilhelm von Leube. 1888/89 amtierte Gerhardt als Rektor der Berliner Universität. Von Frerichs übernahm er Paul Ehrlich als Assistent, der sich allerdings unter Gerhardt in seiner Forschungsfreiheit eingeschränkt fühlte, sich mit ihm nicht verstand und schließlich 1888 krankmeldete.[8] Gerhardts Sohn Dietrich Gerhardt (1866–1921[9][10][11]), ebenfalls ein bekannter Arzt,[12] war von 1911 bis 1921 Direktor der Medizinischen Klinik am Juliusspital und vollendete den unter Wilhelm von Leube, seinem Vorgänger,[13] begonnenen Bau[14] des Würzburger Luitpoldkrankenhauses.

Carl Gerhardt schrieb Lehrbücher wie das Handbuch der Kinderkrankheiten und gilt als einer der Begründer der Pädiatrie. Um die Einführung und Ausgestaltung der physikalischen und chemischen Diagnostik erwarb er sich bleibende Verdienste. 1865 führte er die Eisenchloridprobe als quantitativen Nachweis der Acetessigsäure im Harn ein, die sogenannte Gerhardtsche Probe. Der ebenfalls nach ihm benannte Gerhardtsche Schallwechsel bezeichnet die Veränderung des Perkussionsschalls über Kavernen der Lunge. Er war maßgeblich an der Verbreitung der Laryngoskopie, in die er etwa Victor von Bruns eingewiesen habe, beteiligt und begründete die Lehre von den Kehlkopflähmungen. Im März 1887 diagnostizierte er beim deutschen Kronprinzen Friedrich Wilhelm dessen Kehlkopfkrebs.[15] Er trat außerdem für die Bekämpfung der Tuberkulose ein.

Gerhardt war mit Wanda (1841–1903) verheiratet, Tochter des Regierungsrates Gustav von Barby. Der Ehe entstammen sieben Kinder, bekannt sind darunter Dietrich[16] und Ulrich. Seine Tochter Clema heiratete 1903 den britischen Diplomaten Eyre Crowe.

Am 23. Juli 1886 wurde Gerhardt zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[17]

Schriften (Auswahl)

  • Der Kehlkopfcroup. Tübingen 1859.
  • Zur Anwendung des Kehlkopfspiegels. In: Würzburger Medicinische Zeitschrift. Band 1, 1860, S. 173–184.
  • Der Stand des Diaphragm’s. Tübingen 1860 (Online)
  • Lehrbuch der Kinderkrankheiten. Tübingen 1861 (Online)
  • Progr. De situ et magnitudine cordis gravidarum. Jena 1862 (Online)
  • Über einige Ursachen catarrhalischer Heiserkeit. In: Würzburger Medicinische Zeitschrift. Band 3, 1862, S. 10–14.
  • Studien und Beobachtungen über Stimmbandlähmung. In: (Virchows) Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin. Band 27, (Berlin) 1863, S. 68–78 und 296–321.
  • Lehrbuch der Auscultation und Percussion. Tübingen 1866.
  • Handbuch der Homöopathie : mit Benutzung fremder und eigener Erfahrungen nach dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft.
  • Gedächtnisrede für Dr. Franz von Rinecker […], Oberarzt im Juliusspital zu Würzburg, gehalten […] am 16.6.1883. In: Berichte der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. 1883, S. 121–131.
  • Die Aufgaben und Ziele der Kinderheilkunde. In: Veröffentlichungen der Gesellschaft für Heilkunde in Berlin. Band 2, 1879, S. 1–8; auch in: Deutsche Medizinische Wochenschrift. Band 5, 1879, S. 215–218.[18]
  • Handbuch der Kinderkrankheiten. H. Laupp, Tübingen 1882, 1887.
  • Zur Geschichte der medizinischen Klinik der Universität Würzburg. Festrede zur Feier des 203. Stiftungstages der Julius-Maximilians-Universität am 2.1.1884. Würzburg 1884; auch in: C. Gerhardt, F. Müller (Hrsg.): Mitteilungen aus der Medicinischen Klinik zu Würzburg. Band 1/2. Wiesbaden 1885, S. XXII ff.
  • Zur Erinnerung an Heinrich von Bamberger. In: Zeitschrift für klinische Medizin. Band 15, 1888/1889, S. I–IV.
  • Über Erythromelalgie. In: Berliner klinische Wochenschrift. 29, 1892, S. 1125.
  • Aus Juliusspital und Charité. In: Münchner Medizinische Wochenschrift. 40, 1893, S. 41–42.
  • Erinnerungsblätter für die Seinen. Mittler, Berlin 1902.

Literatur

  • Bernd Casper: Carl Gerhardt (1833–1902). Medizinische Dissertation Humboldt-Universität zu Berlin 1993.
  • Dietrich Gerhardt: Karl Gerhardt. Professor der Medizin. 1833–1902. In: Anton Chroust (Hrsg.): Lebensläufe aus Franken. Band 1. Duncker & Humblot, München/Leipzig 1919, S. 116–119.
  • Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 198, 268–278, 527–530, 556–558, 581, 768 und 770.
  • Julius L. Pagel: Karl Adolf Jakob Christian Gerhardt. In: Biographisches Jahrbuch. Band 7, 1905, S. 87–88.
  • Otto Seifert: Carl Gerhardt †. In: Centralblatt für Innere Medicin. Band 23/33, 1902.
  • Manfred StürzbecherGerhardt, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 284 f. (Digitalisat).
  • Ralf Vollmuth: Gerhardt, Carl Jakob Christian Adolf. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 478.
  • Joachim Gerlach: Carl und Dietrich Gerhardt. Beiträge zur Würzburger Medizingeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 4, 1986, S. 105–134, insbesondere bis S. 119.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dietrich Gerhardt: Zur Biographie und zu zwei unbekannten Porträts Carl Gerhardts (1833–1902). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 17, 1998, S. 539–548, hier: S. 539.
  2. Joachim Gerlach: Carl und Dietrich Gerhardt. Beiträge zur Würzburger Medizingeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 4, 1986, S. 105–134; hier: S. 110.
  3. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. In: Das Juliusspital Würzburg in Vergangenheit und Gegenwart: Festschrift aus Anlaß der Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals am 16. Juli 1953. Hrsg. vom Oberpflegeamt des Juliusspitals. Würzburg 1953, S. 14–24, hier: S. 22–23.
  4. Gundolf Keil: 150 Jahre Universitäts-Kinderklinik Würzburg. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 21, 2002, S. 37–42; hier: S. 41.
  5. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg, Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 648.
  6. Friedrich Müller: Aus dem Vorwort zur neunundvierzigsten bis vierundfünfzigsten Auflage. (München, Oktober 1941), und Otto Seifert: Vorwort zur ersten Auflage. (Würzburg und Berlin, April 1886). In: Friedrich Müller, Otto Seifert: Taschenbuch der medizinisch-klinischen Diagnostik. J. F. Bergmann, Wiesbaden 1886; 50. Auflage 1941; von 1942 (55. Auflage) bis 1966 (69. Auflage) hrsg. von Hans Kress von Kressenstein. Verlag von J. F. Bergmann, München 1966, S. IV f.
  7. Vgl. auch Otto Seifert: Geschichte der Laryngologie in Würzburg. Kabitsch, Würzburg 1908.
  8. Axel C. Hüntelmann: Paul Ehrlich: Leben, Forschung, Ökonomien, Netzwerke, Göttingen: Wallstein, 2011, ISBN 978-3-8353-0867-1, S. 73–74.
  9. Ludwig Robert Müller: Dietrich Gerhardt †. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. Band 42, 1921, S. 2170–2171.
  10. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg, Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 148–149, Abb. 70, S. 198 und 287–291.
  11. Vgl. auch Gedächtnisfeier für Dietrich Gerhardt, gehalten in der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft Würzburg am 1.12.1912. In: Verhandlungen der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge, Band 46, 1921, S. 103–120.
  12. Vgl. etwa Ernst Magnus-Alsleben: Dietrich Gerhardt. In: Münchner Medizinische Wochenschrift. Band 36, 1921, S. 1160–1161.
  13. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 198 und 768.
  14. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. In: Das Juliusspital Würzburg in Vergangenheit und Gegenwart: Festschrift aus Anlaß der Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals am 16. Juli 1953. Hrsg. vom Oberpflegeamt des Juliusspitals. Würzburg 1953, S. 14–24, hier: S. 23.
  15. Joachim Gerlach (1986), S. 114–116.
  16. Joachim Gerlach (1986), S. 119–134.
  17. Mitgliedseintrag von Carl Christian Adolf Gerhardt bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 2. Juli 2022.
  18. Vgl. dazu Eduard Seidler: Carl Gerhardt und seine Rede: „Die Aufgaben und Ziele der Kinderheilkunde“ (1879). In: Monatsschrift für Kinderheilkunde. Band 131, 1983, S. 545–548.