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Fachfremdes Gutachten, zweiter Versuch, 18. September 2020

From Wickepedia
Doc:20200918-moscatelli

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[ 10 ]

Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern

Logistikzentrum KV

Tel: 0911 65 068-555
[email protected]
www.mdk-bayern.de

18. September 2020

Sozialmedizinische Stellungnahme

Versicherter

F[..]
80796 München geb. [..], Geschlecht: männlich

Ausführender Gutachter

Moscatelli

Begutachtungsdatum

18.09.2020

Gutachtenart

Folgebegutachtung

Erledigungsort

MDK

Erledigungsart

Aktenlage

Anlass

Zulassungsüberschreitender Arzneimitteleinsatz

(Verordnender) Arzt

Frau Dr. med. [..] München

Diagnose/ICD-10

C49.9 Bösartige Neubildung: Bindegewebe und andere Weichteilgewebe, nicht näher bezeichnet
C48.2 Bösartige Neubildung: Peritoneum, nicht näher bezeichnet
C49.4 Bösartige Neubildung: Bindegewebe und andere Weichteilgewebe des Abdomens

[ 11 ]Z92.6 Zytostatische Chemotherapie wegen bösartiger Neubildung in der Eigenanamnese
E83.1 Störungen des Eisenstoffwechsels

Fragestellung der Kasse

Angaben zum Arzneimittel

Ist das Arzneimittel in der beantragten Anwendungsform indikationsbezogen zugelassen

durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder

durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) oder

durch die European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA)?

Liegt ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vor, nach dem das Arzneimittel Exjede (Deferasirox) in dem nicht zugelassenen Anwendungsgebiet (Off-Label Use) im Rahmen der Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinien (AMR) verordnungsfähig ist?

Angaben zur Erkrankung

Liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor oder droht der Eintritt einer irreversiblen schwerwiegenden Behinderung?

Liegt eine Erkrankung vor, die die Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigt?

Liegt eine seltene, nicht erforschbare Erkrankung vor?

Angaben zu vertraglichen Alternativen

Weiche vertraglichen Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden gibt es in diesem Einzelfall?

Wurden alle vertraglichen Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden in diesem Einzelfall durchgeführt?

Kann in diesem Einzelfall auf ein in Deutschland zugelassenes Alternativ-Präparat umgestellt werden?

Sind die vertraglichen Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden in Hinblick auf zu erwartende Nebenwirkungen unzumutbar bzw. ungeeignet? Bestehen eventuell Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten?

[ 12 ]

Angaben zur Zulassung

Ist das Arzneimittel in der beantragten Anwendungsform in einem einzelnen europäischen Land oder außerhalb der Europäischen Union zugelassen?

Ist das Arzneimittel in der beantragten Anwendungsform in einem einzelnen europäischen Land oder außerhalb der Europäischen Union für andere Indikationen zugelassen?

Wenn ja, liegen zuverlässige Daten und Studien vor, die die Unbedenklichkeit und therapeutische Wirksamkeit für diese Indikationen belegen?

Weitere Angaben zur Zulassung

Ist zu erwarten, dass das Arzneimittel in der beantragten Anwendungsform und aufgrund der Datenlage indikationsbezogen arzneimittelbehördlich zugelassen werden kann?

Angaben zum Nutzen

Liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken der Therapie überwiegen wird?

Gibt es einen Konsens in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen über die indikationsbezogene Behandlung mit dem Arzneimittel?

Auswirkungen auf den Behandlungsverlauf

Besteht durch die Verabreichung des Arzneimittels eine nicht ganz entfernt Hegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf?

[ 13 ]===Sozialmedizinische Bewertung und Beurteilung===

Begutachtungsrelevante Unterlagen

  • Begutachtungsaufträge der Krankenkasse vom 21.07.2020 und 10.09.2020
  • Schreiben des Versicherten vom 26.08.2020
  • Sozialmedizinische Stellungnahme des MDK Bayern vom 29.07.2020
  • Ausführlicher Hämato-Onkologischer Befundbericht, Med. Zentrum für Hämatologie und Onkologie München MVZ vom 16.07.2020
  • Verschiedene Facharztbefunde bzgl der onkologischen Grunderkrankung 2017-2020
  • Umfangreiche Laborbefunde 2017-2020

Sachverhalt

Fachärztlicherseits wird die Kostenübemahme einer off-label-Therapie mit Deferasirox bei chronischer, nicht-transfusionsabhängiger Eisenüberiadung beantragt. Nach vorliegenden Unterlagen leidet der Versicherte an einer sehr seltenen, multipelst vorbehandelten, onkologischen Grunderkrankung. Unter der fortgesetzten Chemotherapie käme es zu einer signifikanten Erhöhung der Transferrinsättigung, eine hereditäre Eisenspreicherkrankheit läge nicht vor. Ein Aderlass sei aufgrund der laufenden/ stattgehabten Chemotherapie nicht durchführbar, weswegen nun zur Vermeidung oder zumindest Verzögerung sekundärer Organschäden durch die Hämochromatose eine Therapie mit Deferasirox indiziert sei, um Kostenübemahme wird gebeten. In den nachgereichten Befunden sind teilweise bis zu 10fach erhöhte Eisenwerte nachvollziehbar.

Die Krankenkasse bittet um Begutachtung der o.g. Fragestellung.

Sozialmedizinische Stellungnahme

EXJADE (Wirkstoff Deferasirox) Ist in Deutschland zugelassen zur Behandlung

  • der chronischen Eisenüberladung auf Grund häufiger Transfusionen bei Patienten mit Beta-Thalassämia major im Alter von 6 Jahren und älter.
  • der chronischen, transfusionsbedingten Eisenüberladung, wenn eine DeferoxaminTherapie bei verschiedenen Patientengruppen kontraindiziert oder unangemessen ist
  • der chronischen Eisenüberladung, wenn eine Deferoxamin-Therapie bei Patienten mit nicht-transfusionsabhängigen Thalassämie- Syndromen Im Alter von 10 Jahren und älter (Quelle: Fachinfo, Stand 06/2020)

Für die hier vorliegende, nicht-transfusionsabhängige, nicht thalassämiebedingte/ erworbene, chronische Eisenüberladung liegt keine Zulassung oder bekannte Zulassungsbestrebungen (Recherchedatum EMA-Homepage 18.09.2020) vor. Es handelt sich damit um einen off-label-use. Inwiefern eine Zulassung für Exjade in der hier vorliegenden Indikation in einem anderen (europäischen oder außereuropäischen) Land besteht, kann gutachterlicherseits nicht abschließend recherchiert werden.

[ 14 ]Die vom BSG (Urteil vom 19.03.2002, AZ: SI KR 37/00) geforderten, strengen Kriterien für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV sind im vorliegenden Fall also wie folgt zu beurteilen:

  1. Eine schwerwiegende Erkrankung ist anzunehmen, eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität nachvollziehbar. Unbehandelt besteht das Risiko schwerer Folgestörungen bis zum Organverlust. (Kriterium erfüllt)
  2. Jedoch stehen verschiedene Arzneimittel (Eisenchelatoren wie Desferal) mit breiterer Zulassung zur Verfügung. Eine fachärztliche Begründung, dass diese Therapien nicht eingesetzt werden können, liegt nicht vor. (Kriterium nicht erfüllt)
  3. Es liegen vereinzelte Publikationen zur Anwendung von Deferasirox bei nicht-transfusionsbedingter Eisenüberiadung vor, diese entsprechen jedoch nicht den strengen Kriterien der BSG Rechtsprechung. Der Verweis auf die seltene Erkrankung ist dabei gutachterlicherseits nicht nachvollziehbar, da mit dem antragsgegenständlichen Arzneimittel die Eisenüberladung (keine seltene Erkrankung/ Symptomatik) und nicht die zweifelsfrei seltene, onkologische Grunderkrankung behandelt wird. (Kriterium nicht erfüllt)

Zusammenfassend sind damit die Kriterien der BSG Rechtsprechung nicht kumulativ erfüllt.

Ergebnis

Voraussetzungen im Sinne der Fragestellung nicht erfüllt

Freundliche Grüße

Ihr MDK Bayern

Dieses Schreiben wurde in einem automatischen Verfahren erstem und bedarf nach §24 Ate. 1 Satz 2 AGO Keiner Unterschrift.