15. September 2021
Sehr geehrter Präsident Kolbe,
Ihr Schreiben vom 6. September 2021 hat mich erreicht.
(1)
Begründete Zweifel an der Echtheit der Entscheidung bestehen weiterhin. Nicht bloss der Inhalt, welcher sich extrem weit vom Gesetz entfernt, gibt dazu Anlass. Insbesondere bestehen auch begründete Zweifel daran, daß die Entscheidung tatsächlich von Klopstock und Barkow-von Creytz unterzeichnet wurde. Denn diese dürften durch ihr Mitwirken am Inkraftsetzen an der – hier bereits anhand der Form für einen erfahrenen Richter als offenkundig rechtsbeugerisch erkennbaren – Entscheidung das Delikt des § 339 StGB vollenden, ohne daß es auf das jeweilige Abstimmungsverhalten ankommt (siehe Schönke 339 Rn 3). In den Kommentaren, sowie in der Spezialliteratur zum Problem der Rechtsbeugung durch Kollegialspruchkörper, wird teilweise die Sichtweise vertreten, eine solche Straftat würde erst mit wirksamer Zustellung der Entscheidung vollendet. Damit erschliesst sich ein mögliches Motiv für das Beharren auf unwirksamer Zustellung, entgegen dem vorgetragenen Begehren zur Korrektur.
Die Urkundsbeamten kommen als Mittäter nicht in Frage, jedoch sind sie mögliche Beihilfetäter, so sie selbst von offensichtlichen Straftaten der Richter Kenntnis haben und an der Inkraftsetzung von Entscheidungen mitwirken. So ist es stets Nebenzweck einer Aufforderung zur dienstlichen Stellungnahme, den Möglichkeitsraum zur Kenntnis von Straftaten auf diese Weise einzuschränken. Auch die zuvor erfolgte Befassung von Ihnen mit Angelegenheiten eines Senats als Folge der Remonstrationspflicht – Sie haben meiner diesbezüglich geäußerten Vermutung nicht widersprochen – und die Übersendung anonymer Schreiben durch beide Gerichte zeigt, eine Mehrzahl der befassten Urkundsbeamten beider Gerichte dürfte bereits zur Überzeugung gelangt sein, bei Wicke und Rittweger handelt es sich um Straftäter.
Ich verstehe das Fehlen von Angaben zur Identität der Urkundsbeamten sowie das Fehlen eines Anschreibens deshalb als Vermeidung möglicher Beihilfe zu den Taten, während gleichzeitig auch Dienstpflichten zu erfüllen sind. Letztlich führt dies eben auch dazu, daß die Zustellungen tatsächlich unwirksam sind. Denn eine Willenserklärung, und eine solche ist eine Beglaubigung, lässt sich auch bei der von Ihnen vertretenen, extrem extensiven Interpretation nicht mehr subsumieren, wenn kein Rückschluss auf die Identität eines Erklärenden mehr möglich ist.
Da den Tätern hier die Gelegenheit gegeben sein soll, das Delikt zu vollenden, muss auf formkorrekte Zustellung der Entscheidung ohne verbleibende Zweifel bestanden werden. [ 2 ] (2)
Ich war zunächst davon ausgegangen, daß ich Heilung der Zustellungsmängel entsprechend § 189 ZPO durch Akteneinsicht selbst vornehmen kann, um damit die jeweiligen Tatbestände der Richter zu vollenden. Eine Durchsicht der Rechtskommentare zeigt jedoch, diese Vermutung war unzutreffend, und nach hM kann auf diesem Weg keine Heilung eines Zustellungsmangels erfolgen, so das versendete Schriftstück materiell fehlerhaft ist, und nicht bloss die Art der Übermittlung problematisch ist. Es braucht daher auch weiterhin die formkorrekte Zustellung der Entscheidungen mit einem Beglaubigungsvermerkt, damit die Taten auch von Klopstock und Barkow-von Creytz vollendet werden, ohne daß Zweifel verbleiben.
Wie ich zwischenzeitlich erfahren habe, liegt den versendeten Dokumenten jeweils eine Datei zugrunde, sodass die Prüfung auf fehlende Beglaubigungsvermerke bei maschinell erstellen Schriftstücken von Amts wegen vorgenommen werden kann, ohne daß die übersendeten Ausdrucke vorgelegt werden müssten.
(3)
Zu den Mindesterfordernissen an die Form dürfte offensichtlich sein, ein Dokument beglaubigt sich nicht selbst. Denn ein Dokument ist klarerweise nicht zur eigenständigen Willenserklärung fähig; es kann bloss die Erklärung einer dazu berechtigten Person festhalten. Die blosse Überschrift, wie von Ihnen behauptet, kann folglich niemals ausreichend sein.
So sie auf die Vermittlung des Inhalts als Zweck der Zustellung verweisen, dann ist dies bei fehlerhafter Art der Übersendung – etwa einfachem Postversand – nachvollziehbar und macht bloss den Zugang zum Beweisproblem. Dies ist jedoch nicht so wenn der Inhalt mit Mängeln behaftet ist, was bei fehlender Beglaubigung der Fall ist. Es geht hier konkret darum, ob die Entscheidungen auch tatsächlich zum Zeitpunkt der Beglaubigung unterschrieben waren. Diese Frage wird anhand des Beglaubigungsvermerk beantwortet, nicht jedoch durch die Art der Übersendung.
Falls sie auch weiterhin an ihrem Rechtsirrtum zu den Formerfordernissen beglaubigter Abschriften festhalten möchten, empfehle ich zur Verwehrung gegen allfällige Haftungsansprüche gegenüber ihrem Gericht die Beauftragung eines Rechtsgutachtens aus glaubwürdiger Quelle.
(4)
Da systematische Zustellungsmängel eine Vielzahl von Beteiligten an den Münchner Sozialgerichten betreffen werden, ist es aus meiner Sicht geboten, eine analoge Prüfung von Amts wegen nicht nur bei den mich betreffenden Entscheidungen vorzunehmen, sondern für alle an Beteiligte ohne Vertretung zugestellten Entscheidungen der vergangenen fünf Jahre – denn für diese Frist wird stehen nach Kenntniserlangung der Tatsache zur unwirksamen Zustellung noch Rechtsmittel zu. Zur Vermeidung von Fristversäumnissen hat eine solche Prüfung aus meiner Sicht daher priorisiert für nahe an der Frist der Statthaftigkeit entsprechend § 586 Abs 2 Satz 2 ZPO liegenden Fällen zu erfolgen.
(5)
Sie äußern sich nicht dazu, ob Einsichtnahme zu den am 18. August 2021 im einzelnen angeführten Dokumenten gewährt wird oder nicht. Bevor ich wiederholt den Aufwand für persönliche Anwesenheit tätige, ist zunächst der genaue Umfang der Einsicht zu klären. Ich bitte dazu um ausdrückliche Mitteilung, zu welchen der benannten Dokumente [ 3 ]Einsichtnahme gewährt und zu welchen Sie diese verweigern möchten, sodaß wir noch vor der Durchführung verbleibende Fragen zum Umfang in einem Verfahren entsprechend § 23 EGGVG klären können.
(6)
Bei der Einsichtnahme in interne Geschäftsverteilungspläne handelt es sich nach der RSp um ein Jedermannsrecht, vgl. BGH 25.09.2019 – IV AR(VZ) 2/18. Weder vorheriger Genehmigung noch geplanter Einsichtnahme bedarf es folglich, auch keine Begründung ist zu verlangen. Die Einsichtnahme in den internen GVP war daher am 8. April 2021 spontan zu erteilen und unterblieb rechtswidrig – siehe Niederschrift am selben Tag zu Az L 5 KR 542/20 B ER.
Laut Auskunft der Urkundsbeamtin gab es eine Dienstanweisung, daß solche Einsichten nicht zu erteilen seien. Es wird die Herausgabe dieser Dienstanweisung beantragt, denn ein rechtswidrige Anweisung wie diese kann geeignet sein, einen weiteren Haftungsanspruch gegenüber der Gerichtsverwaltung zu begründen.
Da Sie die Herausgabe der elektronischen Originale entgegen besonders begründetem Interesse verweigern, ist es angemessen, die Prüfung von Plausibilität zunächst per Vergleich mit den internen Geschäftsverteilungsplänen der anderen Senate vorzunehmen. Insofern wird Einsichtnahme nun auch in diese beantragt.
(7)
So Sie behaupten, Ressourcen zur Einsichtnahme hätten bei Gericht im August nicht zur Verfügung gestanden wird um Glaubhaftmachung gebeten. Es ergab sich persönlich der Eindruck, die Belastung der Gerichtsverwaltung im Verhältnis zu den zur Verfügung stehenden Personen wäre am 18. August 2021 minimal gewesen. Auch aus den Informationen zum Bürgerservice, bereitgestellt durch ihr Gericht, ergibt sich kein Hinweis, daß eine Terminvereinbarung innerhalb der angegebenen Öffnungszeiten notwendig oder auch nur zweckmässig sei.
(8)
Zur Glaubhaftmachung der behaupteten Urlaubsvertretung, ist die von Ihnen getroffene Abwägung zwischen einem möglichen Datenschutzinteresse und meinem Auskunftsinteresse unverhältnismäßig sowie mißbräuchlich hinsichtlich ihres Ermessens. Es bestand zudem die Möglichkeit, die Zustimmung von Barkow-von Creytz einzuholen. Ob diese eine solche verweigert hatte, ist aus der Antwort nicht ersichtlich; ob sie zustimmt kann darüber Aufschluss geben, ob sie selbst das eigene Verhalten für unbedenklich hält.
(9)
Daß die Bestimmungen zu Urteilen analog auf Beschlüsse anzuwenden sind, so spezielle Bestimmungen fehlen, ist erschliess sich nicht nur logisch, sondern ist auch die Sichtweise in der ständigen Rechtsprechung, so daß das behauptete Unwissen eines Gerichtspräsidenten hier wenig glaubwürdig ist. Aus ihrer Sicht wäre ein Beschluss nicht einmal zu unterschreiben.
(10)
Da Sie offenbar nicht über die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Straftaten ihrer Dienstuntergebenen verfügen, kann zur Unterstützung angeboten werden, den Straftatbestand im Rahmen eines Erörterungstermins zu erklären.
Ein Unterlassen durch verweigerte Inanspruchnahme dieses Angebots wäre aus meiner Sicht pflichtwidrig, denn es handelt sich hier um Wiederholungstäter und diese sind – auf [ 4 ]eigenen Wunsch durch rechtsmißbräuchlich erreichte identische Zuweisung – mit offenen Verfahren befasst. Bereits vor einer Weile hatte ich Sie über die absehbaren, weiteren Straftaten Ihrer Dienstuntergebenen unterrichtet, und Ihnen damit den Zugang zum Täterkreis des § 357 StGB eröffnet (siehe Schönke, 357 Rn 7).
(11)
Der Negativbeweis zu den von Ihnen behaupteten, wenn auch nicht näher bezeichneten, ehrverletzenden Behauptungen kann nur durch Strafverfahren zu den Taten der Richter erfolgen. Der von Ihnen in Aussicht gestellt Strafantrag liegt somit auch in meinem Interesse – zur Beschleunigung der Durchsetzung des subjektiven Anspruchs auf Strafverfolgung. Die Beweislage schätze ich aus meiner Perspektive dabei als sehr günstig ein. Es sollte auch nachvollziehbar sein, ich war vor vermeintlich ehrverletzenden Behauptungen mit einem über das Erforderliche hinausgehenden Grad an Sorgfalt vorgegangen.
Daher weise ich gerne auf die Antragsfrist für ihren Strafantrag hin – maßgeblich ist die Kenntniserlangung – damit es für Sie nicht zum unbeabsichtigten Fristversäumnis kommt.
Mit freundlichen Grüßen,