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Paul Heinrich von Groth

From Wickepedia
File:Paul Heinrich von Groth - Mineraloge.jpg
Paul Heinrich von Groth

Paul Heinrich Groth, ab 1902 Ritter von Groth, (* 23. Juni 1843 in Magdeburg; † 2. Dezember 1927 in München) war ein deutscher Mineraloge.

Leben

File:Paul Heinrich von Groth, c. 1898 - Accademia delle Scienze di Torino 0152 B.jpg
Paul Heinrich von Groth, c. 1898

Der Sohn des in Dresden und Magdeburg tätigen Porträtmalers Philipp Groth (* 1808) studierte an der Bergakademie Freiberg und schloss sich hier dem Corps Saxo-Borussia an.[1] an. Anschließend wechselte er an die Polytechnische Schule in Dresden und ab 1865 an die Universität Berlin, zu dem Physiker Heinrich Gustav Magnus und dem Mineralogen Gustav Rose. 1868 promovierte er bei Magnus und habilitierte sich nach zwei Jahren als Assistent. 1871 erhielt er eine Stelle als beamteter Dozent an der Bergakademie in Freiberg; 1872 wurde er Professor für Mineralogie an der Universität Straßburg. Ab 1883 war er Professor für Mineralogie und Kurator der Mineralogischen Staatssammlung in München sowie ordentlicher Professor an der sog. „Zweiten philosophischen Fakultät“, Chemisches Institut,[2] der Universität München. 1891 wurde er zum Senator ernannt; 1908 erfolgte die Verleihung von Titel und Rang eines Geheimen Rats und königlichen Hofrats.

Groth führte ausgiebige Forschungen über Kristalle, Mineralien und Gesteine durch. Bereits als Student hatte er 1866 im Syenit des Plauenschen Grundes bei Dresden einen natriumhaltigen Titanit entdeckt, der nach ihm „Grothit“ benannt wurde. 1874 bis 1898 erschien seine Tabellarische Übersicht der einfachen Mineralien und von 1876 bis 1895 seine Physikalische Krystallographie. Groth gab einige Jahre die Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie heraus. 1902 wurde er nobilitiert, 1908 wurde er mit der Wollaston-Medaille ausgezeichnet. Im Mai 1918 wurde er zum Ehrenmitglied der Deutschen Chemischen Gesellschaft ernannt. 1923 wurde er Ehrenmitglied des Oberrheinischen Geologischen Vereins. 1926 erschien seine Entwicklungsgeschichte der mineralogischen Wissenschaften.

Ab 1883 war er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg; ab 1925 war er deren Ehrenmitglied.[3], ab 1885 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,[4] ab 1905 der National Academy of Sciences. 1905 wurde er zudem Ehrenmitglied (Honorary Fellow) der Royal Society of Edinburgh.[5]

Als er 1924 emeritiert wurde, gab es in München einen Skandal um seinen von ihm selbst und vom Chemiker Richard Willstätter vorgeschlagenen Nachfolger jüdischer Herkunft, Victor Moritz Goldschmidt aus Oslo. Die Mehrheit der Fakultät lehnte diesen aus antisemitischen Gründen ab. Das war für Willstätter ein Grund, seine Demission einzureichen. Seine Studenten machten vergeblich eine Solidaritätskampagne, um ihn zu halten, auch die Mediziner Ferdinand Sauerbruch, Friedrich von Müller und Rudolf Nissen waren involviert. Vergeblich, Willstätters Realismus siegte. Nissen gibt an, dass diese Entscheidung es ihm selbst erleichtert hat, 1933 die Schlagkraft des akademischen Antisemitismus rechtzeitig als Lebensbedrohung wahrzunehmen und in die Türkei zu gehen.[6]

1874 heiratete Groth Rosalie Maria Levy (1846–1925), Tochter des jüdischen Kaufmanns Julius Levy, die zur protestantischen Konfession übergetreten war und sich ab 1868 Grothold nannte. Aus der Ehe gingen fünf Söhne und sechs Töchter hervor, unter ihnen Helene (1870–1960), Diakonissin und vor dem Ersten Weltkrieg Leiterin eines Krankenhauses in Tokio, Otto Groth, Redakteur und Publizist, sowie der Impfarzt und Medizinalrat Alfred Groth (1876–1971). 1892 erwarb Groth das Haus Kaulbachstr. 62 in München-Schwabing, das er bis zu seinem Tod bewohnte. Gegen Ende seines Lebens wurde er an einem Star operiert, der fast zur Erblindung geführt hätte. Nach seiner Genesung war sein letztes Werk eine Selbstbiographie. Bis zu seinem Tod in der Frühe des 2. Dezembers 1927 wurde er von seiner Tochter Helene betreut. Sein Grab befindet sich auf dem Münchener Nordfriedhof.[7]

Bildnis

  • Ölgemälde von Eduard von Grützner, 1904: München, Institut für Kristallographie und Mineralogie der Universität.[8]

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • Tabellarische Übersicht der Mineralien nach ihren krystallographisch-chemischen Beziehungen geordnet. Braunschweig 1874 (3. Auflage 1889).
  • Über das Studium der Mineralogie auf den deutschen Hochschulen. Straßburg und London 1875.
  • Physikalische Krystallographie. W. Engelmann, Leipzig 1876 (2. Auflage 1885; 4. Auflage 1905).
  • Das Gneisgebiet von Markirch im Oberelsaß. Schultz, Straßburg 1877.
  • Die Mineraliensammlung der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg. Trübner, Straßburg und London 1878.
  • Grundriß der Edelsteinkunde, ein allgemeinverständlicher Leitfaden zur Bestimmung und Unterscheidung roher und geschliffener Edelsteine. Engelmann, Leipzig 1887.
  • Ueber die Molekularbeschaffenheit der Krystalle. Festrede gehalten in der öffentlichen Sitzung der k.b. Akademie der Wissenschaften zu München zur Feier des einhundert und neunundzwanzigsten Stiftungstages am 28. März 1888. Verlag der k. b. Akademie der Wissenschaften, München 1888.
  • Führer durch die Mineraliensammlung des Bayerischen Staates im Gebäude der Kgl. Akademie der Wissenschaften (Wilhelminum) in München von dem Conservator der Sammlung P. Groth. Verlag der k. b. Akademie der Wissenschaften, München 1891.
  • Uebersichtstabelle der 32 Abtheilungen der Krystallformen. Mit Erläuterungen, Beispielen und graphischer Darstellung nach Gadolin. Engelmann, Leipzig 1892.
  • Einleitung in die chemische Krystallographie. Engelmann, Leipzig 1904.
  • Topographische Übersicht der Minerallagerstätten. Krahmann, Berlin 1917.
  • Elemente der physikalischen und chemischen Krystallographie. Oldenbourg, München 1921.
  • Mineralogische Tabellen. Oldenbourg, München 1921.
  • Entwicklungsgeschichte der mineralogischen Wissenschaften. Verlag Julius Springer, München 1926 (Reprint: Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-3874-2).

Literatur

  • Georg MenzerGroth, Paul von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 167 f. (Digitalisat).
  • Otmar Faltheiner: Ein Münchener Mineraloge aus Sachsen. Skizzen zur Geschichte der Mineralogie als Erinnerung an Paul v. Groth anläßlich seiner Berufung nach München vor 100 Jahren. In: Kultur und Technik, 9, 1985, S. 44–55.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 100 Jahre Weinheimer Senioren-Convent. Bochum 1963, S. 138
  2. Bezeichnung nach: Rudolf Nissen: Helle Blätter, dunkle Blätter. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1969
  3. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Paul Heinrich von Groth. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 21. August 2015 (Lua error in Module:Multilingual at line 149: attempt to index field 'data' (a nil value).).
  4. Verzeichnis der verstorbenen Mitglieder bei badw.de.
  5. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. (PDF) Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 12. Dezember 2019.
  6. Rudolf Nissen: Helle Blätter, dunkle Blätter. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1969, S. 102ff
  7. Laetitia Boehm, Johannes Spörl: Die Ludwig-Maximilians-Universität in ihren Fakultäten. 1. Auflage. Verlag Duncker & Humblot, 1980, ISBN 3-428-04737-0, S. 434
  8. Abb. in: Hugo Schmidt (Hrsg.): Eduard von Grützner. Hugo Schmidt Verlag, München o. J. (1922), S. 85; Abb. in: Geist und Gestalt, Biographische Beiträge zur Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften III, 1959.