Eine Sanktion (französisch sanction; aus lateinisch sānctio, Heilung, Anerkennung, Bestätigung, Billigung, Strafandrohung‘ zu lateinisch sancīre ‚heiligen, durch Weihe unverbrüchlich festsetzen, anerkennen, gesetzlich bekräftigen, bei Strafe verbieten‘[1]) dient dazu, Verbindlichkeit herzustellen.[2] Der Begriff hat in verschiedenen Wissenschaften jeweils eine andere Bedeutung.
Recht
Im Rechtssystem der Monarchie war die Sanktion vor allem die Genehmigung eines Gesetzesbeschlusses des Parlaments durch den Monarchen (Erteilung der Gesetzeskraft). Der Monarch hatte das Recht, die Sanktion zu verweigern; ohne sie konnte der Parlamentsbeschluss amtlich nicht publiziert werden und nicht in Kraft treten.
Zum Beispiel wurde im altösterreichischen Reichsgesetzblatt die erteilte kaiserliche Sanktion mit folgenden Worten beurkundet:
- Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrates finde Ich anzuordnen, wie folgt:
(De facto unterschrieb der Monarch als letzter.)
Ansonsten sind mit Sanktionen in der Regel durch Gesetze angedrohte Strafmaßnahmen gemeint, die darauf ausgerichtet sind, konkretes Fehlverhalten zu unterbinden und damit Rechtsnormen durchzusetzen. Sanktionen gibt es sowohl im weltlichen als auch im kirchlichen Recht (Kirchenstrafen).
Im Strafrecht dienen Sanktionen gemäß den Strafzwecktheorien dazu, den durch das missbilligte Verhalten gestörten Rechtsfrieden wiederherzustellen. Zusätzlich sollen potentielle Straftäter hierdurch mittels Abschreckung von eigener Delinquenz abgehalten werden. Sanktionen dienen hier also auch der Kriminalprävention.
Im Privatrecht dienen beispielsweise Vertragsstrafen diesem Zweck.
Im Sozialrecht existieren Sanktionen in Form von Leistungskürzungen (z. B. Sperrzeit im Arbeitslosengeld, Sanktionen im Arbeitslosengeld II).
Im Völkerrecht werden kollektive Maßnahmen nach Artikel 39ff. der UN-Charta als Sanktion bezeichnet (UN-Sanktion). Sie erfordern einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ein entsprechendes UN-Mandat.
Internationale Politik
Gelegentlich verhängen Staaten oder Staatenbündnisse (z. B. die Europäische Union) Wirtschaftssanktionen zum Beispiel gegen einen anderen Staat, gegen mehrere Staaten oder gegen Mitgliedsstaaten einer internationalen Organisation.
Soziologie
Der Wortbedeutung nach, wie auch im soziologischen Verständnis, können Sanktionen grundsätzlich positiver oder negativer Art sein: Eine positive Sanktion ist eine – nicht zwangsläufig materielle – „Belohnung“; eine negative Sanktion eine „Bestrafung“. In der Soziologie werden Formen der Organisation von sozialen Prozessen damit bezeichnet, siehe Soziale Sanktion.
Hierbei unterteilt man die Sanktionen beispielsweise in sechs Schweregrade:
- subliminale Sanktion: wer gegen eine Norm verstoßen hat, weiß nicht, wie dieser Verstoß aufgenommen wird und ist dadurch verunsichert
- leichte Sanktion: Erwartung, dass ein Nichteinhalten der Norm missbilligt wird, führt zur Anpassung an die Norm
- relativ leichte Sanktion: Missbilligung des Verhaltens wird ausgesprochen
- relativ schwere Sanktion: Konsequenzen angesichts der Normüberschreitung, wie zum Beispiel Ausschluss oder Versetzung
- schwere Sanktion: Strafe, wie zum Beispiel Haftstrafe oder Verbannung
- ultimative Sanktion: Tötung
Sanktionierung in der Taxonomie
Durch die Sanktionierung werden wissenschaftliche Namen von Pilzen gegenüber älteren, gleichlautenden Homonymen und konkurrierenden (anderslautenden) Synonymen geschützt. Dazu muss der Name in einem der drei im Internationalen Code der botanischen Nomenklatur genannten Werken vom jeweiligen Autor akzeptiert worden sein. Wurde der Name eines Rost- (Uredinales), Brand- (Ustilaginales) oder Bauchpilzes (Gasteromycetes) in C.H. Persoons „Synopsis methodica fungorum“ akzeptiert, so gilt dieser Name als sanktioniert. Für alle anderen Pilze sind die beiden Werke „Systema mycologicum“ und „Elenchus fungorum“ von E.M. Fries maßgeblich.
Literatur
- H. L. A. Hart, The Concept of Law, Oxford University Press, London, 1961;
- Gerd Spittler, Norm und Sanktion. Untersuchungen zum Sanktionsmechanismus, Walter, Olten-Freiburg, 1967;
- Norberto Bobbio, Sanzione, Novissimo Digesto, UTET, Torino, XVI, Torino, 1969, 530–540;
- Niklas Luhmann, Rechtssoziologie, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1972;
- Ota Weinberger, Der Sanktionsbegriff und die pragmatische Auswirkung gesellschaftlicher Normen, in H. Lenk, Hrsg., Normenlogik, Verlag Dokumentation, Pullach bei München, 1974, 89–111;
- Lawrence M. Friedman, The Legal System. A Social Science Perspective, Russel Sage Foundation, New York, 1975;
- Norberto Bobbio, Dalla struttura alla funzione. Nuovi studi di teoria del diritto, Comunità, Milano, 1977;
- Vilhelm Aubert, On Sanctions, in “European Yearbook in Law and Sociology”, 1977, 1–19;
- Hans Kelsen, Allgemeine Theorie der Normen, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1979;
- F. D’Agostino, Sanzione, "Enciclopedia del diritto", XLI, Giuffrè, Milano, 1989, 303–328;
- Ota Weinberger, Rechtslogik, Duncker & Humblot, Berlin, 1989;
- Charles-Albert Morand, Sanction, “Archives de Philosophie du droit”, XXXV, 1990, 293–312;
- Heike Jung, Sanktionensysteme und Menschenrechte, Haupt, Bern-Stuttgart-Wien, 1992;
- Juan Carlos Bayon, Sanction, Dictionnaire encyclopédique de théorie et de sociologie du droit, L.G.D.J., Paris, 1993, 536–540;
- Realino Marra, Sanzione, "Digesto delle discipline privatistiche. Sezione civile", UTET, Torino, XVIII, 1998, 153–61.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Georges: Ausf. lat.-dt. Wb. II,2476
- ↑ Sanktion, die. In: DWDS.de. Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 16. Februar 2019.